Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 6

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Repertoire

Löwenstarke

Brüder mit

Herz



Jacob Z. Eckstein als Krümel und Christian Czeremnych als Jonathan in Die Brüder Löwenherz am Theater Bonn | Foto (c) Matthias Jung

Bewertung:    



Karl, genannt Krümel (Jacob Z. Eckstein), ist sterbenskrank und hat große Angst vorm Sterben. Sein älterer Bruder Jonathan (Christian Czeremnych) erzählt ihm, um ihn abzulenken und zu trösten, von Nangijala, dem Land der Abenteuer, in das man nur kommt, wenn man gestorben ist. Als sich die beiden hier wiedertreffen, sorgt in diesem Land der Tyrann Tengil (Wilhelm Eilers) für Angst und Schrecken, da er mit Hilfe eines Drachens die Bewohner knechtet. In Nangijala lernen die Brüder als Ritter, dass sie zusammen am stärksten sind.

Astrid Lindgrens Kinderbuch-Klassiker Die Brüder Löwenherz dreht sich um kontrastreiche Welten. Der Anfang spielt bei den Brüdern zu Hause. Später befinden sie sich im Phantasieland Nangijala, hier erst im Kirschblütental und dann im Heckenrosental, bald in Karmanjaka, dann in der Katlahöhle, ganz am Ende in Nangilima. Diese Ortswechsel schmückt Lindgren in ihrem Roman detailreich aus, was eine Herausforderung an jedes Bühnenbild einer Inszenierung stellt.

*

Im Schauspielhaus Bad Godesberg ähneln sich die Ortswechsel leider etwas in ihren Grautönen. Hausregisseur Simon Solberg, der wie bei seinen Vorgänger-Produktionen auch selbst das Bühnenbild besorgte, verwendet sechs kastenförmige Wagen-Elemente, die anfangs in der Schräge angeordnet sind. Später bilden sie flexibel mal eine Felslandschaft und mal Bäume mit Blüten in unterschiedlichen Farbgebungen. Das erscheint recht eintönig. Vielleicht hätte eine Bildprojektion der frei bleibenden, hinteren Bühnenwand die Bebilderung der Schauplätze bereichern können? Auch das im Stück vorgestellte Wirtshaus zum Goldenen Hahn lässt sich inmitten dieser kastenförmigen Elemente nicht ausmachen.

Ein Bühnenhighlight ist gegen Ende ein von der Bühnendecke herunterfahrender, Rauch speiender Drachenkopf: Katla, die Drachin, die Tengil gehorcht und für Angst und Schrecken sorgt. Der finale Kampf des Drachens mit einem Lindwurm wird unter Theaterrauch und mit wirbelnden Flocken jedoch höchstens notdürftig und sachte angedeutet.

Phantasievoll ziehen die Brüder Löwenherz ihr Publikum jedoch in die erlebten Schauplätze mit ein. Mal werden die Zuschauer als Hühner, mal als Schweine, Schafe oder Kühe von Jonathan und Krümel gesichtet. So wird die eigene Phantasie durchaus angeregt. Auch die Kostümbildnerin Giovanna Bolliger setzt Akzente. Sie wählte für ihre Figuren gedeckte Kostüme aus Leder, Baumwolle und Leinen. Lederschuppen, Wams und Langhaar-Perücken verhelfen Tengil und seinen Schergen zu kantigen Auftritten.

Jacob Z. Eckstein und Christian Czeremnych gefallen bereits zu Anfang in den Titelrollen in gut aufeinander abgestimmten Besenstiel- oder Fecht-Choreographien. Auch später finden Simon Solberg und Dramaturgin Sarah Tzscheppan schöne Bilder für die Bruderliebe zwischen Karl und Jonathan, ihren Zusammenhalt und das Übernehmen von Verantwortung füreinander. Eine weitere Sympathieträgerin des Stückes ist Julia Kathinka Philippi als starke, schlaue und mutige Sophia, die auch Taubenkönigin genannt wird. Sie leitet heimlich mit Hilfe von Brieftauben den Kampf der Bewohner des Kirschtals gegen Tengil. Max Wagner hat leider undankbarere und weniger schillernde Rollen, wenn er etwa ein wenig als befreiter Orwar um die nötige Autorität als Anführer des Widerstandes ringt und die Brüder Löwenherz mehrfach um Hilfe bittet.

Die Szenen reihen sich etwas rastlos aneinander. Hier hätte man den Figuren mehr Raum geben können. Handlungsvorgänge werden oftmals von wechselnden Erzählern bloß vorgetragen. Immerhin werden zentrale Themen, wie das Überwinden von Angst vor dem Alleine-Sein, der Ohnmacht oder dem Sterben, aber auch Verlust- und Trauererfahrungen, in der Vorführung wenigstens oberflächlich herausgearbeitet.



Die Brüder Löwenherz am Theater Bonn | Foto (c) Matthias Jung


Astrid Lindgren schrieb Die Brüder Löwenherz zur Zeit der politischen Situation der 1970er, während des Vietnamkrieges und des Kalten Krieges. Die Besetzung des Heckenrosentales durch ein Nachbarland lässt sich jedoch bildlich auch auf den russischen Angriffskrieg in Europa übertragen. Auf der Rückseite des liebenswerten Programm-Plakats sind so, neben Zitaten Lindgrens aus ihrer Rede anlässlich des Erhaltes des Friedenspreises 1978, Stimmen von Ukrainerinnen zum aktuellen Krieg in ihrer Heimat abgedruckt.
n. k. - 18. Dezember 2024
ID 15065
DIE BRÜDER LÖWENHERZ (Schauspielhaus Bad Godesberg, 15.12.2024)
Regie und Bühne: Simon Solberg
Musikalische Leitung: Leonardo Mockridge
Kostüme: Giovanna Bolliger
Licht: Ansgar Evers
Dramaturgie: Sarah Tzscheppan
Besetzung:
Krümel ... Jacob Z. Eckstein
Jonathan u.w. ... Christian Czeremnych
Sophia u.w. ... Julia Kathinka Philippi
Jossi u.w. ... Wilhelm Eilers
Hubert u.w. ... Max Wagner
Premiere am Theater Bonn: 29. November 2024
Weitere Termine: 22., 25., 28.12.2024// 16.01.2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-bonn.de


Freie Szene

Neue Stücke

Premieren (an Staats- und Stadttheatern)



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:





THEATER Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BALLETT |
PERFORMANCE |
TANZTHEATER

CASTORFOPERN

DEBATTEN
& PERSONEN

FREIE SZENE

INTERVIEWS

PREMIEREN-
KRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski

URAUFFÜHRUNGEN


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2025 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)