Kunst & Leben
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reading tosca von und mit cie. toula limnaios | Foto (C) Alfredo Pastor
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Bewertung:
Ich halte Tosca für Puccinis beste Oper, ihr politkriminalistischer Plot hat einerseits etwas Zeitloses, und ihre bis zum absoluten Siedepunkt erhitzte "Dreieckskiste" lässt den an ihr teilnehmenden Hörer (mich auf jeden Fall) nicht/ niemals los; sie garantiert die Aufeinanderfolge jener sprichwörtlichen Gänsehautmomente, ohne die Opererleben irgendwie schon sinnlos wäre, also:
Tosca, eine Operndiva, liebt Cavaradossi, einen Maler und wird gleichsam (während des Gesamtverlaufs der Handlung) durch den Scarpia, einen Polizeichef, als Fetisch begehrt und verfolgt. Weil der Maler den Angelotti, einen mit ihm befreundeten aufständigen Staatsfeind, versteckt, wird er zum ersten Opfer Scarpias - dessen zweites Opfer wird Tosca, die das Versteck des Angelotti wegen ihres Eifersuchtstheaters dummdreistig verrät; sie hielt nämlich einen herumliegenden Fächer, der dann wiederum als Teil von Angelottis fluchtbedingter Verkleidung (als Frau) gedient haben sollte, für das Utensil einer ihr unbekannten "Konkurrentin" und verriet, natürlich völlig unbeabsichtigt, den Fluchtplan, den Cavaradossi mit dem aufständigen Freund geschmiedet hatte... Hin und her: Scarpia hat Tosca, durch Entdeckung jenes Fächers, vollständig in seiner Hand und fordert von ihr körperliche Liebe ein - falls sie sich nicht vor ihm ergibt, würde er den inzwischen von ihm verhafteten sowie gefolterten Cavaradossi wegen Hochverrats erschießen lassen. Tosca zwingt nun ihrem Vergewaltiger einen Passierschein ab, um mit Cavaradossi, der angeblich nur zum Schein (also mit Platzpatronen) erschossen werden würde, den von beiden so verhassten Polizeistaat schadlos zu verlassen. Doch das alles war nur Fake; Cavaradossi wird real erschossen, Tosca stürzt sich aus Verzweiflung in den Tod, und Scarpia wurde wenigstens dann noch von ihr, der Vergewaltigten, nach ihrer Vergewaltigung erstochen.
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Die Choreografin Toula Limnaios hatte bereits vor 14 Jahren all das [s.o.] unter der Formel reading tosca als einstündiges Tanzstück kreiert - jetzt ist die Produktion ihrer Truppe cie. toula limnaios, die seiner Zeit auch schon zu den Bregenzer Festspielen erfolgreich lief, in der HALLE TANZBÜHNE BERLIN erneut zu sehen. Komponist Ralf R. Ollertz hatte ihr hierfür einen beeindruckenden Sound-Mix mit und aus den populärsten Arien und Ensembles der Puccini-Oper zusammengestellt, in dem besonders die zwei Stellen jener Eisenhammerschläge, deren Anzahl ich bei aufmerksamer Zählung insbesondere der zweiten Stelle auf sage und schreibe hundertachtzig (oder mehr sogar) festmachen konnte, auffielen.
Zudem verblüfften und faszinierten Francesca Bedin, Laura Beschi, Priscilla Fiuza und Karolina Wyrwal (als vierfache Tosca) sowie Daniel Afonso (als Cavaradossi), Leonardo d'Aquino (als Angelotti) und Hironori Sugata (als Scarpia).
Ein riesig großer roter Samtstoff wurde zusehends zu einem die Kunst im allgemeinen symbolisierenden Ganzkörperkleid, das freilich weit über die üblichen Konturen des menschlichen Körpers hinausragte und letztlich nur noch als ihn in der Fortbewegung hinderliche Schleppe taugte. Alle drei Protagonisten taten übrigens, obgleich auch nur vorübergehend, in das Rot hineinschlüpfen, also auch die zwei (Haupt-)Männer der Tosca-Handlung - wie als ob sie spüren wollten, wie sich Kunst - statt Leben - halt so anfühlte.
Das tollste Einzelbild (für mich): Wie eine der vier Tosca's mit sechs Weingläsern, die sie auf ihren beiden Armen kleben hatte, auftrat, wobei eins der Gläser voll mit Rotwein war, welchen die Tänzerin jeweils dann in ein anderes der jeweils leeren Weingläser umfüllte; das sah wirklich toll aus.
Ziemlich zwingend das Ganze, sehr emotional!!
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reading tosca von und mit cie. toula limnaios | Foto (C) Sabine Wenzel
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Andre Sokolowski - 5. Mai 2022 ID 13612
READING TOSCA (Halle Tanzbühne Berlin, 04.05.2022)
Konzept und Choreografie: Toula Limnaios
Musik: Ralf R. Ollertz, Giacomo Puccini
Technische Leitung und Lichtdesign: Felix Grimm
Kostüme: Antonia und Toula Limnaios
Licht und Bühnentechnik: Domenik Engermann
Mit: Francesca Bedin, Laura Beschi, Priscilla Fiuza und Karolina Wyrwal (als Tosca) sowie Daniel Afonso (als Cavaradossi), Leonardo d'Aquino (als Angelotti) und Hironori Sugata (als Scarpia)
Premiere war 2008.
Wiederaufnahme: 4. Mai 2022
Weitere Termine: 05.-07., 11-14.05. / 26.06.2022
Eine Koproduktion der cie. toula limnaios/Halle Tanzbühne Berlin mit den Bregenzer Festspielen, dem Tanzfestival Bregenzer Frühling, dem Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt/M.
Weitere Infos siehe auch: https://toula.de/
https://www.andre-sokolowski.de
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