Die Ablösung
WENN WIR EINANDER AUSREICHEND GEQUÄLT HABEN von Martin Crimp - am Schauspiel Köln
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Bewertung:
Der englische Dramatiker Martin Crimp (67) hatte sich eine über 300-jährige Romanschwarte seines Landsmanns Samuel Richardson (Pamela heißt sie), die heutzutage außer ihm wohl kaum wer kennen dürfte, als Vorlage gewählt, um sich hierzu 12 zeitgenössische Variationen auszudenken; der deutsche Titel (Übersetzung von Ulrike Syha) lautet Wenn wir einander ausreichend gequält haben und deutet schon, allein vom Titel her, auf einen beziehungskistigen Aktualitätsbezug hin:
"Eine Frau und ein Mann. Hat er sie entführt? Hält er sie gegen ihren Willen fest? Oder ist es ein Spiel? Und wenn ja: Wer von beiden wird es gewinnen? Auch das Dazukommen weiterer Personen – einer Haushälterin und zweier Mädchen – schafft keine klaren Verhältnisse. Im Gegenteil: Hier gibt es offenbar keine Gewissheiten. Und Spielregeln sind nur dazu da, sie im nächsten Moment lustvoll wieder zu unterlaufen." (Quelle: schauspiel.koeln)
Alles, was da jetzt - anlässlich der deutschsprachigen Erstaufführung am Schauspiel Köln - anderthalb Stunde gesprochen und gespielt wird, kommt aus einer gewissen Nebulösität nicht raus. Aber die Rollentexte (inkl. ihrer Rollentauschs) hören sich irgendwie recht gut an, und man kriegt so einen ungefähren Eindruck, wie's bei einem Paar so zugeht, wo der Mann das Geld hat und die Frau vom Geld des Mannes lebt. bzw. existiert, gleichwohl natürlich pausenlos versucht, aus dieser eheähnlichen Falle zu entfliehen und ihr Frauenselbstbewusstsein durch entschiedenes Parolibieten zu demonstrieren. Aber - wir ahnen's schon - es bleibt bei einem kläglichen Versuch...
Wie löst sich nun dieses vertrackte Abhängigkeitsverhältnis auf? Hier meine persönliche Lesart:
Ross, der Neffe seiner Tante, die vom reichen Mann als Aufpasserin der Frau engagiert wurde, tritt (während des gesamten Stückes "unsichtbar") auf und beginnt - vielleicht in der Besenkammer oder im Gartengrundstück - ein Liebesverhältnis mit der Frau und wird sie, zum Ende des Stücks, aus ihrer Misere befreien, indem er ihrem Mann irgendwo draußen auflauert und ihm mit 'nem Hackebeil den Schädel spaltet; die Frau empfindet das in einer Art von Alptraum nach, wo allerdings dann nicht der Kopf des Mannes, sondern der Kopf eines armen hilflosen Tiers dran glauben musste... Ja und in dem letzten Siebtel oder Achtel des Stücks erahnen wir diesen Befreiungsmörder an der Seite der von ihrem Mann befreiten Frau, und sie unterhalten sich ganz locker über Picknick und Sandwichs, und das Muster, was sich vorher (in der nunmehr abgelösten Mann-und-Frau-Beziehung) als mitschuldiger Grundkonflikt des Scheitern ihrer/ einer Ehe manifestierte, schreit nach andauernder Wiederholung. Ehezwänge sind halt scheiße - daher auch der allgemeingültige Titel Wenn wir einander ausreichend gequält haben. Nun gut.
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Geschauspielert wird vom Feinsten! Ich will alle, alphabetisch geordnet, nennen:
Lisa Birnkott (als Mädchen 1) , Marek Harloff (als Mrs. Jewkes), Ramona Petry (als Mädchen 2), Jörg Ratjen (als Mann und Ross) und Ines Marie Westernströer (als Frau).
Die Inszenierung ist stimmig (Regie: Thomas Jonigk), die Bühne (Lisa Dässle) und Kostüme (Esther Geremus) sind sehenswert.
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Wenn wir einander ausreichend gequält haben von Martin Crimp - am Schauspiel Köln Foto (C) Thomas Aurin
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Andre Sokolowski - 16. September 2023 ID 14389
WENN WIR EINANDER AUSREICHEND GEQUÄLT HABEN (Depot 2, 15.09.2023)
von Martin Crimp
Regie: Thomas Jonigk
Bühne: Lisa Dässle
Kostüme: Esther Geremus
Choreografie: Teresa Rotemberg
Musik/ Sound: Mathis Nitschke
Licht: Michel Gööck
Dramaturgie: Sibylle Dudek
Mit: Lisa Birnkott (als Mädchen 1) , Marek Harloff (als Mrs. Jewkes), Ramona Petry (als Mädchen 2), Jörg Ratjen (als Mann und Ross) und Ines Marie Westernströer (als Frau)
UA am National Theatre, London: 23. September 2019
DEA am Schauspiel Köln: 28. Oktober 2022
Weitere Termine: 21., 29.10.2023
Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel.koeln
https://www.andre-sokolowski.de
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