Ranschmeißerisch
|
Programmzettel des DT; Bildquelle: deutschestheater.de
|
Bewertung:
Ein Grund mehr dorthin zu gehen, dachte ich:
Corinna Harfouch ist aktuell als Mutter eines heimkehrenden sterbenskranken Sohnes (in Christopher Rüpings kläglicher Stück-Übermalung von Jean-Luc Lagarces Einfach das Ende der Welt) am DT Berlin zu sehen; diese Rolle verkörperte ursprünglich Ulrike Krumbiegel [auch eine "Ossi von uns"] am Schauspielhaus Zürich, wo die Produktion 2020 erfolgreich Premiere hatte und bereits beim virtuellen (Corona-) THEATERTREFFEN ein Jahr später per Livestream zu registrieren war.
Außerdem spielen in dieser für Berlin angepassten Übernahme Maja Beckmann (als Catherine), Nils Kahnwald (als Antoine), Benjamin Lillie (als Louis) und Wiebke Mollenhauer (als Suzanne) mit, wobei sämtliche Figuren-Namen [s. in den Klammern] bei Rüpings "angepasster" Sicht der Dinge nicht einmal sprachlich auftauchen und das Publikum daher - obgleich es freilich instinktiv weiß, wer was dort spielt - de facto im Unklaren gelassen wird; als einzige Ausnahme wird der mitspielende Live-Musiker Matze Pröllochs mit seinem bürgerlichen Vornamen Matze angerufen, und in seinem expliziten Falle wird dann auch im Nachhinein irgendwie klar, dass selbiger mit der Stück-Hauptfigur in einer leidenschaftlichen homosexuellen Beziehung steht bzw. stand, so gibt es beispielsweise eine ziemlich schöne Echt-Kussszene zwischen ihm (= Matze) und Benjamin (= Benjamin), und kurz darauf verschwindet Matze hinters Bühnenbild und wird sodurch als Traumbild- und Erinnnerungsgestalt der Hauptfigur des Stücks präsent.
Im Original-Stück des 38-jährig an AIDS verstorbenen Lagarce geht es um die Heimkehr des hoffnungslos an HIV erkrankten Jungschriftstellers Louis, dessen letzter Wunsch zuhause also bei seiner zerrütteten Familie, die er "karrierebedingt" vor 12 Jahren verließ, zu sterben dahingehend unerfüllt bleibt, weil sich das dortige Familienchaos, wovor er damals eigentlich flüchtete, als noch viel, viel größer als je zuvor erweist und es sodurch zu keinerlei familärbedingten Wiederannäherungs- oder Versöhnungsbewegungen kommen konnte und die eigentliche "Sache", weswegen er eigentlich zurückkehrte (ruhig sterben im Kreise einer ihn beruhigenden Familie), unausgeführt verkommt o.s.ä.
Bei Rüping wird das Thema AIDS dann allerdings vollkommen ausgeklammert - - der sich in der ersten halben Stunde der Aufführung auf das penetrant Liebenswerteste an das Publikum ranschmeißende Benjamin Lillie erklärt seine Hauptfiguren-"Sache" lediglich als Krankheit, und dass er halt nicht mehr allzu lang zu leben hätte oder so.
Ergo [s.o.] hatte/ hat der Rüping vollkommen am Originalstücktext vorbei inszeniert.
Ja und das scheint, seit Längerem bereits, so eine altbewährte und in seinem ranschmeißerischen Kalkül geübte Masche des Regietheaters im deutschsprachigen Raum zu sein - es funktioniert total, das Publikum gibt sich befriedigt und zufrieden, und die Regisseurinnen und Regisseure sind es folglich auch.
Arg kläglich, wie gesagt.
|
Einfach das Ende der Welt am DT Berlin | Foto (C) Thomas Aurin
|
Andre Sokolowski - 1. April 2024 ID 14680
EINFACH DAS ENDE DER WELT (Deutsches Theater Berlin, 31.03.2024)
nach Jean-Luc Lagarce
Regie: Christopher Rüping
Bühne: Jonathan Mertz
Kostüme: Lene Schwind
Musik: Matze Pröllochs
Licht: Robert Grauel
Dramaturgie: Katinka Deecke und Malte Ubenauf
Dramaturgie (Übernahme DT): Bernd Isele
Mit: Maja Beckmann (Catherine), Corinna Harfouch (Martine), Nils Kahnwald (Antoine), Benjamin Lillie (Louis), Wiebke Mollenhauer (Suzanne) und Matze Pröllochs (als Matze Pröllochs)
Premiere am Schauspielhaus Zürich: 3. Dezember 2020
Weitere DT-Termine: 01., 21.04./ 01.05.2024
Übernahme vom Schauspielhaus Zürich
Weitere Infos siehe auch: https://www.deutschestheater.de
https://www.andre-sokolowski.de
Ballett | Performance | Tanztheater
Freie Szene
Neue Stücke
Premieren (an Staats- und Stadttheatern)
Rosinenpicken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
TANZ IM AUGUST
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|