Abgesoffen,
abgebrannt
|
V.l.n.r.: Alexej Lochmann (Cooper), Evamaria Salcher (Ottilie), Katrija Lehmann (Mari) und Felix Goeser (Frank) als im sonnenverbrannten Kalifornien ihr US-Family-Dasein Fristende - in der Bühnenfassung von T.C. Boyles Blue Skies am Deutschen Theater Berlin | Foto (Detail): Jasmin Schuller
|
Bewertung:
Der zuletzt erschienene Roman von T.C. Boyle (76) heißt Blue Skies (Hanser 2023) und wurde jetzt von Alexander Eisenach (Regie) und Johann Otten (Dramaturgie) für die Kammerspiele des DT Berlin adaptiert:
”Was wäre, wenn das Ende schon näher ist, als wir es wahrhaben wollen? Und es trotzdem niemand bemerkt?
Cat und Todd führen ein angenehmes Leben, sie besitzen ein tolles Strandhaus in Florida, und als Vertreter für einen großen Rumkonzern kommt Todd gut herum. Er verdient sein Geld mit Parties, auf denen zu Werbezwecken viel Alkohol getrunken wird, genug Geld, um Cat ein sorgloses Leben auch als wenig erfolgreiche Influencerin zu ermöglichen. Wären da nur nicht der steigende Meeresspiegel und die zunehmend häufiger vorkommenden Sturmfluten, dank denen der Tesla auf der Auffahrt ganz hässliche Rostblüten bekommt. Dass es so nicht weitergehen kann, daran wird Cat regelmäßig von ihrem Bruder Cooper ermahnt, dem als Insektenforscher in Kalifornien spürbar der Forschungsgegenstand verschwindet. An der sich anbahnenden Katastrophe haben schließlich auch zwei Tigerpythons in Cats Strandhaus ihren Anteil, und die zwangsläufige Apokalypse ist nicht mehr unumstößlich.
Von der Spaltung einer Gesellschaft zwischen naivem Weiterso und apokalyptischer Schockstarre erzählt T.C. Boyle anhand einer Familie, die an Ost- und Westküste Amerikas durch einen Riss geteilt ist. Alexander Eisenach überträgt den Roman auf die Bühne – allerdings und ganz bestimmt ohne lebendige Schlangen.”
(Quelle: DT Berlin)
*
Ich bin kein Freund von Bücher- oder Filmevertheaterungen, das eine Genre schließt das andere nahezu gänzlich aus. Ja und der klägliche Vorteil bei dem allen wäre (jedenfalls für mich), dass ich bei Bühnenadaptionen irgend eines gerade zum Bestseller avancierten oder verkommenen Romanes selbigen dann nicht mehr lesen müsste, weil ich im Theater “kurz und bündig” sehen oder hören würde, worum es da ginge, und dann wäre meine Neugier aufs Original schon im Voraus total erschöpft; aber genug geschwätzt… Und außerdem zählt T.C. Boyle ganz unbestritten mit zum weltliterarischen Kanon aus der Neuen Welt, von daher fühlte ich mich schon interessiert.
Hinter dem Titel seiner so genannten “blauen Himmel” vermutete ich satte Ironie und böse Bitternis. Aus den (aus 400 Buchseiten) zusammengesuchten und vom achtköpfigen Ensemble [alle Namen s.u.] vorgetragenen Dialogen oder Monologen ermaß ich nach und nach das allumfassend Desperate sowohl im natur- wie auch familienklimatischen Sinne; in Florida wäre es halt zu nass, in Kalifornien zu heiß, hie drohten also Überschwemmungen, da drohten also Waldbrände, und zwischendrin und überhaupt krebsten die hie und da beheimateten und versippten US-Family’s an ihren zwischenmenschlichen Geschwüren. Und von wegen “blaue Himmel”; hie und da kein Licht am Ende des Tunnels.
Das alles hörte sich teils lustig, doch zum überwiegenden Teil recht deprimierend an; doch wie mein früherer Freund, ein inzwischen namhafter Geologe, immer schon zu sagen pflegte: Die Erde wird dann so und so in (für uns weit un-)absehbarer Zeit implodieren, und dann ist definitiv Schluss mit der ganzen Scheiße. Vom gegenwärtigen Standpunkt aus (Erderwärmung usf.) käme dann freilich noch ernüchternder hinzu, dass Mutter Natur mit der Spezies Mensch in vielleicht doch nicht so unabsehbarer Zeit endgültig abzurechnen sich ermannen würde.
Recht so.
|
Jeremy Mockridge und Mareike Beykirch als im dauerverregneten Florida ihr US-Family-Dasein fristendes Ehepaar Todd & Cat - in der Bühnenfassung von T.C. Boyles Blue Skies am Deutschen Theater Berlin | Foto: Jasmin Schuller
|
Andre Sokolowski – 20. April 2025 ID 15233
BLUE SKIES (Kammerspiele, 19.04.2025)
Regie: Alexander Eisenach
Bühne: Daniel Wollenzin
Kostüme: Bettina Werner
Live-Musik: Niklas Kraft & Sven Michelsen
Video: Oliver Rossol
Licht: Marco Scherle
Dramaturgie: Johann Otten
Besetzung:
Cat … Mareike Beykirch
Cora … Julischka Eichel
Frank … Felix Goeser
RJ … Manuel Harder
Mari … Katrija Lehmann
Cooper … Alexej Lochmann
Todd … Jeremy Mockridge
Ottilie … Evamaria Salcher
Premiere am Deutschen Theater Berlin: 28. September 2025
Weiterer Termin: 05.05.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.deutschestheater.de
https://www.andre-sokolowski.de
Ballett | Performance | Tanztheater
Freie Szene
Neue Stücke
Premieren (an Staats- und Stadttheatern)
Rosinenpicken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
THEATERTREFFEN
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|