Premiere von „Paradeiser“, 9. Oktober 2009 im Theater im Pumpenhaus, Münster
Interview mit Daniele Benati, Autor des Romans „Amerika gibt es nicht“ anlässlich der Premiere Paradeiser im Theater im Pumpenhaus, Münster
Interview: Stefan Andres
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Foto: (C) JANINE TOBÜREN
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Auf die viel zu selten gestellte Frage, ob man Literatur auch tanzen kann, hat die „Gruppe DNS“ aus Münster eine beachtenswerte Antwort gegeben: In ihrem gemeinsamen Debütstück „Paradeiser“ haben Regisseurin Ruth Schultz, Choreografin Malda Denana und Komponist Kai Niggemann den Roman „Amerika gibt es nicht“ des italienischen Schriftstellers Daniele Benati auf die Bühne gebracht. Stefan Andres sprach nach der Uraufführung des Stücks im Pumpenhaus in Münster mit Premierengast Benati.
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Herr Benati, sind Sie sehr verblüfft, dass man Ihren Roman auch mit tänzerischen Mitteln darstellen kann?
DANIELE BENATI: Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass man zu diesem Text tanzen könnte – aber jetzt habe ich es gesehen, und ich habe auch die tollen Ideen gesehen, mit denen die Gruppe DNS das umgesetzt hat. Diese Übersetzung in eine andere künstlerische Ausdrucksform ist für mich eine enorme Bereicherung der literarischen Vorlage, die aus meiner Feder stammt. Hier greifen zwei unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen ineinander, und ich muss sagen: Ich bin wirklich sehr zufrieden.
Was hat Ihnen an der Umsetzung Ihres experimentellen Romans, in dem sich elf Italiener in einem großen, rätselhaften Gebäudekomplex an der „Mystic Avenue“ befinden, gefallen?
BENATI: Der langsame Verlust ihres Verstandes der Protagonisten, der im Roman angedeutet ist, wird auf der Bühne von den drei tanzenden Darstellern sehr schön in der Art ihrer Bewegungen und ihres Tanzes dargestellt. Auch das Ende des Stückes visualisiert sehr gelungen ein Romankapitel, in dem mit Stimmen gespielt wird. Das ist wirklich gut für die Bühne umgesetzt worden. Dazu die Atmosphäre, die Sprache – es stimmt einfach alles.
Die Sprache ist nah an einer mündlichen Tradition in Ihren Romanen widersetzt sich einer Übersetzung in Theatersprache nicht sehr.
BENATI: Tatsächlich ist das, was ich schreibe, beim Schreiben immer schon für eine Realisierung im mündlichen Vortrag gedacht. Literatur, wie ich sie mir vorstelle, hat eine Sprache, die in der Alltagssprache wurzelt, also nicht eine irgendwie künstliche Schriftsprache ist. So etwas erinnert mich immer an die Sprache, die Lehrer in der Schule verwenden, das hat nichts mit Realität zu tun. Für mich ist der mündliche Vortrag die endgültige Realisierung von Literatur, zumindest gilt das für mein Verständnis von Schreiben.
Sie sind einer der italienischen Repräsentanten postmoderner Literatur. Wie ist es als Autor surrealistischer, weniger leicht zugänglicher Romane in einer Verlagslandschaft, die großenteils in der Hand von Silvio Berlusconi ist?
BENATI: Das ist problematisch. Große Verlagsgruppen in Italien, darunter Einaudi oder Mondadori, gehören Berlusconi. Es bleiben nur wenige wichtige unabhängige Verlage wie Feltrinelli, wo ich bin, oder zum Beispiel Salerio in Palermo. Einaudi und Mondadori haben unabhängige Buchreihen und veröffentlichen immer noch gute Bücher, so ist das nicht, Berlusconi nimmt da auch keinen Einfluss darauf. Aber natürlich suchen die Verleger, anders als noch vor 30 Jahren, heute besonders nach Büchern, die sich verkaufen lassen, schielen mehr auf die Verkaufshitlisten. Experimentelle Literatur gehört da eher nicht zu, dementsprechend ist es schwierig.
Ist das in anderen Ländern anders?
BENATI: Die Verlagskultur in Deutschland ist immer noch etwas anders als die in Italien, ebenso in Frankreich, auch in Großbritannien: Dort kommt Qualität noch eher vor Profit. Deutschland ist ohnehin mein Lieblingsland, schon als Junge interessierte ich mich für deutsche Literatur. Ich bin eher der nordische Typ, ich kenne die deutsche Literatur vielleicht besser als die italienische.
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Foto: (C) Torsten Meyer-Bautor
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Daniele Benati, geb. 1953 in Reggio Emilia, gehört zu den Autoren surrealistischer Romane in Italien, gemeinsam mit Autoren wie Ermanno Cavazzano oder Gianni Celati. Er übersetzte moderne Prosa irischer Dichter wie James Joyce oder Flann O’Brian ins Italienische. 1997 wurde Benati mit dem „Premio Loria“ für den Roman „Silenzio in Emilia“ ausgezeichnet. „Amerika gibt es nicht“ (Original „Cani dell’inferno“, 2004), ins Deutsche übersetzt von Marianne Schneider, erschien 2005 im Verlag „Tisch 7“.
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Die Gruppe DNS setzt sich zusammen aus Choreographin Malda Denana, Musiker Kai Niggemann und Regisseurin Ruth Schultz. „Paradeiser“ ist die Debütproduktion der Gruppe.
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Interview: Stefan Andres, 9. Oktober 2009 ID 00000004444
Weitere Infos siehe auch: http://www.gruppedns.de
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