28. / 29. Januar 2012 - Deutsche Oper am Rhein / Theater Bonn
CASTOR ET POLLUX / LAKMÉ
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Günes Gürle (Pollux) und Jussi Myllys (Castor) in Rameaus CASTOR ET POLLUX an der Deutschen Oper am Rhein - Foto (C) Gert Weigelt
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Die jeweiligen Highlights gleich am
Anfang: Neue Düsseldorfer Hofmusik /
Miriam Clark
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Am Wochenende gabs in Düsseldorf und Bonn zwei Raritäten zu entdecken, nämlich Castor et Pollux (Rameau) sowie Lakmé (Delibes). Die Eine als Tragédie mise en musique in fünf Akten und einem Prolog (Version 1737) - die Andere als Oper in drei Akten angezeigt; beide so gut wie nie im deutschsprachigen Raum gespielt und nun also französisch dargebracht... Wir war'n bei den Premieren anwesend und stellten ziemlich Merkwürdiges, positiv wie negativ, zu Diesem oder Jenem fest...
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Die Deutsche Oper am Rhein schloss ihren 3teiligen Jean-Philippe-Rameau-Zyklus (Les Paladins, 2010 / Platée, 2011) halt mit dem schönen Dioskurenstück Castor et Pollux ab. Hierin gehts um die nachträgliche Installierung der unsterblich-sterblichen Geschwisterjungen an den winterlichen Sternenhimmel - ein Beschluss des Göttervaters Jupiter, nachdem er, bis ins Mark gerührt, von jener schönen Liebes-Leidgeschichte "seiner" beiden Leda-Schützlinge (Castor, im Unterschied zu Pollux, hatte nicht den Jupiter, sondern irgend so'n Sterblichen zum Vater) Kunde kriegte. Pollux (Günes Gürle) ist so wie sein Zwillingsbruder Castor (Jussi Myllys), der im Krieg gefallen war, in Télaïre (Alma Sadé) verliebt; die Selbige jedoch nicht umgekehrt in ihn, was gleichsam das Problem'chen dieser Story ausmacht... Lange Rede kurzer Sinn; alles wird gut, und Jupiter lässt auch den Castor verunsterblichen.
Das Alles ist mit einer rauschhaft-sinnlichen als wie zu Tränen reizenden Musik gemacht; und wir sind daher - eigentlich - ganz froh, diesen Rameau an Ort und Stelle live erlebt zu haben! Mit der Neuen Düsseldorfer Hofmusik - einem Totalgarant für jedwede authentische Gereichung von Barockklängen - ist allerdings auch schon die erste als wie letzte As-Karte im Spiel gezogen worden, denn: Sie konnte/kann, obgleich sie wie in den zwei Jahren vorher himmlisch (um nicht gar zu sagen: göttlich!) musizierte, wenig oder nichts am nicht nur musikalischen Beinah-Desaster dieser Inszenierung ändern.
Wer in Gottes Namen kam dann bloß auf die Idee, den Generalmusikdirektor dieses renommierten Hauses (dirigiert in ein paar Tagen Die Walküre, beispielsweise) mit der Einstudierung von Rameaus Castor et Pollux zu betrauen? Wir vermuten fast, der GMD höchstselbst - aber egal; es hätte ja auch (trotz dass wenig oder kein Verständnis hierfür aufzubringen war und ist, dass Konrad Junghänel [welcher die ersten beiden Teile des Rameau-Zyklus betreute] diesmal nicht dabei war/ist), genialisch werden können. Und man konnte auch, zumindest oberflächlich registrierend, keine nennenswerten Diskrepanzen zwischen dem Orchester (Neue Düsseldorfer Hofmusik) sowie dem Dirigenten (Axel Kober) feststellen - - doch dass ein Opernchor (Gerhard Michalski hat die Leute einstudiert) so derart breiig, ungelenk und schwerfällig, und letzten Endes unbeeindruckt-schleppend hinter Allem, was da augenblicklich (leicht und locker!) aus dem Graben klingt, als Quasibremse nachhinkt, müsste man wohl schon in die Rubrik des Skandalösen einzuordnen willens sein! Und - zur Erinnerung - vor ein paar Jahren stürzte über so 'ne Chorgeschichte der erst neu ins Amt gehiefte damalige GMD der Deutschen Oper Berlin; weil es im Freischütz (Jägerchor) zu einer ähnlichen gesanglichen Entgleisung kam.
Auch hatten wir den ungefähren Eindruck, dass die Inszenierung insgesamt (Regie/Choreografie von Companychef Martin Schläpfer) mehr oder weniger dem jugendlich-sympathischen Ballett am Rhein "untergeordnet" war; ja und die Tänzerinnen und Tänzer strahlten auch dann jugendlich-sympathisch, was das Zeug herhielt - doch was Personenführung (Sänger, Chor [!]) anging: kläglichstes Resultat!!
Die Ausstattung von rosalie war mit das unbestritten Schönste dieses dennoch kurzweiligen Abends.
Was die Ehrgeizkomponente(n) der Personen und Persönlichkeiten des Projekts an sich betrifft - gewiss hatten sich Einige in dem Zusammenhang verdient gemacht. Dem Werk Rameaus zu seiner vollsten und zufriedenstellensten Gesamtfreude verholfen zu haben, war den Wenigsten derselbigen geglückt.
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Marlúcia do Amaral (Tänzerin) und Claudia Braun (Phébé) in Rameaus CASTOR ET POLLUX an der Deutschen Oper am Rhein - Foto (C) Gert Weigelt
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Die Oper Bonn nun ging total auf Nummer sicher und ließ sich (vom eingespielten Team des Ko-Partners von Metz [s. u.]) eine Lakmé herstellen, die an Produktionen der vergangenen Jahrzehnte und/oder Jahrhunderte gemahnte: Aufgang, Abgang, Stehen, Sitzen, Singen. Doch im freulichsten der Unterschiede zu der oben grad' besprochnen Inszenierung "stand" der Chor hier (wenigstens im Musikalischen!) ganz bravourösest seinen Mann; so muss ein Opernchor wohl klingen, ja!!
Leo Delibes ist im herkömmlichen Sinn als Schöpfer der Copelia, jenem abendfüllenden Ballett nach E. T. A. Hoffmann, weitreichend bekannt. Dass er auch Opern schrieb, wissen die Wenigsten. Seine Lakmé nun war und ist, vor allem im französisch oder englisch sprechenden Europa, ein Bestandteil abrufbarer Repertoires von vielen Bühnen. Jeder, der Musik im Allgemeinen liebt, kennt beispielsweise die halsbrecherische sogenannte Glöckchenarie der Lakmé oder das in der Werbung heutzutage immer wieder gern benutzte und missbrauchte sogenannte Blumenduett (Sopran & Mezzo) - beide Beispiele wurden dem Ersterleber dieser aktuellen Bonner Inszenierung von Paul-Emile Fourny und Benoit Dugardyn (Ausstattung) aha-haft nahgebracht.
Stefan Blunier ist Dirigent der Aufführung, ja und das Bonner Beethoven-Orchester spielt schon herzhaft zupackend und klingt zugleich doch delikat.
Die Protagonistin der Lakmé - die junge Miriam Clark - wird man sich für die Zukunft merken müssen! Sie ist, stimmlich, eine wahre Attraktion!!
Tosender Beifall zwischendurch und ganz am Schluss.
Wir sind bgeistert.
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Miriam Clark als LAKMÉ an der Oper Bonn - Foto (C) Lilian Szokody
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Andre Sokolowski - 30. Januar 2012 ID 00000005727
CASTOR ET POLLUX (Opernhaus Düsseldorf, 28.01.2012)
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung und Choreographie: Martin Schläpfer
Raum, Lichtobjekte und Kosdtüme: rosalie
Licht: Volker Weinhart
Chorleitung: Gerhard Michalski
Dramaturgie: Anne do Paço
Besetzung:
Vénus ... Iryna Vakula
Mars ... Christophe Gay
Minerve ... Katarzyna Kuncio
L'Amour ... Ovidiu Purcel
Jupiter ... Sami Luttinen
Castor ... Jussi Myllys
Pollux ... Günes Gürle
Télaire ... Alma Sadé
Phébé ... Claudia Braun
Le Grand Prètre de Jupiter ... Dmitry Lavrov
Athlète ... Tansel Akzeybek, Attila Fodre
Suivante d'Hébé ... Maria Kataeva
Une Ombre Heureuse ... Romana Noack
Une Planète ... Claudia Braun
Hébé ... Feline van Dijken
Mercure ... Jackson Carroll
Ballett am Rhein:
Sachika Abe, Marlúcia do Amaral, Wun Sze Chan, Mariana Dias, Yuko Kato, So-Yeon Kim, Anne Marchand, Nicole Morel, Louisa Rachedi, Claudine Schoch, Virginia Segarra Vidal, Julie Thirault, Helge Freiberg, Antoine Jully, Sonny Locsin, Marcos Menha, Bruno Narnhammer, Bogdan Nicula, Sascha Pieper, Boris Randzio, Alexandre Simões, Remus Sucheana, Maksat Sydykov und Jörg Weinöhl
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Neue Düsseldorfer Hofmusik
Premiere war am 28. Januar 2012
Weitere Termine: 31. 1. / 2., 4., 15., 18., 23., 26. 2. 2012
http://www.operamrhein.de
http://www.hofmusik.de
LAKMÉ (Oper Bonn, 29.01.2012)
Musikalische Leitung: Stefan Blunier
Inszenierung: Paul-Emile Fourny
Bühne: Benoit Dugardyn
Choreinstudierung: Sibylle Wagner
Choreographie: Elodie Vella
Besetzung:
Lakmé ... Miriam Clark
Mallika ... Susanne Blattert
Mistress Bentson ... Anjara I. Bartz
Ellen ... Julia Kamenik
Rose ... Charlotte Quadt
Gérald ... Alexandru Badea
Nilakantha ... Renatus Mészár
Frédéric ... Giorgos Kanaris
Hadji ... Carles Prat
Tänzerinnen: Stephanie Blasius, Raquel Lopez, Birgit Mühlram und Nora Vladiguerov
Chor des Theaters Bonn
Beethoven Orchester Bonn
Eine Koproduktion mit Opéra-Théâtre de Metz-Métropole
Premiere war am 29. Januar 2012
Weitere Termine: 4., 8., 25. 2. / 18., 22. 3. / 1., 13., 20. 4. / 12. 5. / 6. 1. 2012
http://www.theater-bonn.de
http://www.andre-sokolowski.de
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