Haustorien oder: Deine Küche sieht mir ähnlich
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von Sigrid Behrens
Das echte Leben hat Konjunktur auf den Theatern. Mitunter verzichtet man ganz auf dramatische Texte und Schauspieler und lässt gleich "Experten des Alltags" auf die Bühne. Soweit geht diese Produktion nicht. Aber es werden Geschichten aus dem echten Leben vorgetragen. Leser des Hamburger Abendblatts haben diese eingereicht und die Autorin Sigrid Behrens hat sie künstlerisch verdichtet.
Tanja Richter hat das Stück in einem Lager für gebrauchte Möbel eingerichtet. Hier treffen die erlebten Geschichten auf imaginierte. Die alten Sessel, Sofas, Lampen, Tische atmen Schicksale und gelebtes Leben. Ein treffenderes Arrangement hätte es für die Texte kaum geben können. Die fünf Schauspieler/innen agieren in nebeneinander aufgestellten Wohnzimmerlandschaften. Ihre Figuren entfalten sich in kurzen Szenen, den Akteuren gelingen mitunter entzückende Momente, Verena Mörtel als hyperaktive "Ulli" erspielt sich einen Szenenapplaus. Harald Weiler, "Herr Geist" zitiert mit Tonband, Mikrofon und Kopfhörern Ulrich Mühe in "Das Leben der anderen". Jacob Weigert, der dessen Sohn spielt, beobachtet ihn wiederum mit einem Fernglas und dann ist da noch Benita Rinne als "Die Mutter", die die Kinder ihrer toten Schwester versorgt und "die Neue", Veronique Elling, die Hufgetrappel mit Damenschuhen imitiert. Gegen Ende verzahnen sich die Geschichten ineinander und Udo Jürgens singt von einem "ehrenwerten Haus", seinem Hit aus der Zeit als die ausgestellten Möbel noch neu waren.
Der Regisseurin gelingen die leichten, die heiteren, mitunter verschroben-absurden Momente, der Text jedoch bietet auch Tiefe an. Das Ringen um den Nächsten, die Einsamkeit der Neurose, die Verlorenheit des Einzelnen, das ist im echten Leben eben nicht leicht und heiter. An dieser Stelle wäre sicherlich mehr möglich gewesen. Dennoch eine gelungene Veranstaltung.
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Sven Lange - red. / 01. Juni 08 ID 00000003859
Autorin: Sigrid Behrens
Regie: Tanja Richter
Ausstattung: Petra Winterer, Lilli Lesemann
Licht: Stella Manoukian/ Regiehospitanz: Marianne Hauttmann
Darsteller: Veronique Elling, Verena Mörtel, Benita Rinne, Jacob Weigert, Harald Weiler
Projektleitung: Tania Lauenburg
Weitere Vorstellungen:
5./ 6. Juni, 20 Uhr
Stilbruch
Ruhrstraße 51
Hamburg
T 39 80 69 72
Weitere Infos siehe auch: http://www.altonale.de
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