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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Der große

Ich-und-Welt-Ekel

in Thomas Bernhards

Einfach kompliziert







Das schmale, aber zentnerschwere Beibuch zu dem Thomas-Bernhard-Stück unter dem Titel Einfach kompliziert (1986 im Berliner Schillertheater uraufgeführt) macht mich - den Textleser und Bildbetrachter - wieder einmal mehr mit diesem eigentümlich engen Weltraum dieses nach wie vor wohl zeitgenössischsten der Österreich-Hasser ((Einschub: das weibliche Pendant zum nach wie vor wohl zeitgenössischsten der Österreich-Hasser ist/bleibt Elfriede Jelinek!)) vertraut; Claus Peymann, der den Autor sicher lieben musste und auch sicherlich noch weiter liebt (sonst hätte/würde er nicht diese vielen Inszenierungen von Bernhard-Stücken leisten wollen), hatte sich jetzt jüngst auf einen alten Text des toten Stückeschreibers kapriziert und stemmte ihn gleich zweifach, in Berlin wie Wien, als Retro-Event auf die Bretter.

Einfach kompliziert war für den damals 80 Jahre alt gewordenen Bernhard Minetti vorbestimmt - und also wurde es natürlich ein grandioser Happy-Birthday-Monolog; grandios im Sprachlichen, grandios im Dramaturgischen, grandios in seiner plotmäßigen Einfachheit:

Ein Schauspieler, der 82 Jahre ist, hat sich in einem kargen Zimmer eingemauert, blickt auf seine Lebenszeit als Schauspieler "und Mensch" zurück und kriegt am Dienstag und am Freitag von 'nem kleinen Mädchen, das ihm Milch vorbei bringt, einzigen Besuch; er schlägt mit links 'nen Nagel in die Wand, will demnächst Mäusegift und Gries einkaufen und führt ausufernde Selbstgespräche, wo er auch an seine Königsrollen-Zeit in Bochum, Duisburg, Ludwigsburg und Osnabrück zurückdenkt - daher trägt er auch die goldene Theaterkrone... Als er mit dem milchbringenden Kind ins Plaudern kommt, fällt dieser Satz, also so ungefähr: Schauspieler wären ungefährlich! Stimmt wohl.

Wilhelmina Mischorr war das 9jährige Mädchen, und Gert Voss spielte Bernhard Minetti nach - grandios in jeder Hinsicht!



Andre Sokolowsk - 18. Februar 2011
ID 5072
EINFACH KOMPLIZIERT (Berliner Ensemble, 17.02.2011)
Inszenierung: Claus Peymann
Bühne, Kostüme: Karl-Ernst Herrmann
Mit: Gert Voss und Wilhelmina Mischorr (9 J.)
Koproduktion des Wiener Burgtheaters (Akademietheater) mit dem Berliner Ensemble
Premiere am Akademietheater: 12. Februar 2011
Premiere am Berliner Ensemble: 17. Februar 2011
Weitere Termine:
23. 2. / 13., 14., 27., 31. 3. (Akademietheater)
25., 26. 2. / 2., 3., 17., 25. 3. (BE)
Siehe auch:
http://www.berliner-ensemble.de


http://www.andre-sokolowski.de



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