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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Was bleibt von Heiner Müller? fragte sich das Komödiantentrio Bendokat/Koch/Zilcher in den Kammerspielen des DT (Regie: Dimiter Gotscheff)





Dimiter Gotscheff soll an dieser Stelle als der letzte "Überlebende" bezeichnet sein, der sich um Heiner Müllers (1929-1995) Stücke heut' noch richtig kümmert. Es vergeht kein Jahr, in dem nicht irgendwas vom allerletzten DDR-Schriftsteller an den deutschsprachigen Bühnen unter der Regie des in Bulgarien gebornen Altmeisters zu finden ist; vor allem sind es Müllers Shakespeare-Übersetzungen, die ab und an gefragt und bei Verlagen angefordert werden. Sonst sieht es in puncto Heiner Müller ziemlich mau an den Theatern aus...

Außer Quartett (dem unsterblichen Selbstläufer frei nach Laclos' Gefährliche Liebschaften) geht also, 17 Jahre nach dem frühen Krebstod des Dramatikers, so gut wie nichts mehr, was die Unterschrift von Heiner Müller trägt. Die Zeit ist noch erbarmungsloser über dieses zeitgeschichtlich so bedeutungsvolle Oevre weggerast als es sich Heiner Müller, der, was Visionärisches betraf, ein Zyniker par excellence gewesen war, im Traume hätte denken können. Und man sollte froh und glücklich sein, wenn allenthalben noch so an der einen oder andern Schauspielschule Müller-Texte von Eleven auswendig und ordentlich gesprochen würden; ja, im Sprachlichen konnte und kann dem Müller sowieso kein Mensch - bis heute nicht - das Wasser reichen!

Jetzt hat Gotscheff das antike Müller-Triptychon unter dem komplizierten Titel VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN (1982) sowie Mommsens Block (einem ausufernden Gedicht aus Müllers letzter Schaffensphase) für die Kammerspiele am DT - mit Almut Zilcher, Wolfram Koch und Margit Bendokat - herausgesucht und szenisch aufbereitet.

Zilcher spielt und spricht Medea, Koch den Jason, und zu dritt flüstern sie nach Verlauf des zweifach anstrengenden Monologisierens (Zilcher/Koch) den "See bei Straußberg" usw. usf.

Danach beweist uns Bendokat - auch durch die witzige Deklamation - , mit welcher altersweisheitlichen Ironie der Dichter seine damalige Schreibblockade (während seiner Zeit als Intendant des BE und/oder während seiner Zeit als Präsident der Akademie der Künste) letztlich in den Griff bekam.

Possierliches Gedenken an die Zeit kurz vor/nach '89.



Andre Sokolowski - 14. November 2011
ID 00000005476
VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARGONAUTEN | MOMMSENS BLOCK (DT Kammerspiele, 13.11.2011)
Regie: Dimiter Gotscheff
Bühne und Kostüme: Mark Lammert
Sounddesign: Martin Person
Dramaturgie: Claus Caesar
Mit Margit Bendokat, Wolfram Koch und Almut Zilcher
Premiere war am 13. November 2011
Weitere Termine: 17., 26. 11. / 3., 10., 17. 12. 2011


Siehe auch:
http://www.deutschestheater.de


http://www.andre-sokolowski.de



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