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Feuilleton


Komische Oper Berlin, 25. September 2005

Madame Butterfly

Japanische Tragödie in drei Akten von Giacomo Puccini

Text von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa, Deutsche Übertragung von Joachim Herz und Klaus Schlegel


Kate Pinkerton kriegt keine Kinder


Foto: (C)Monika Rittershaus


MADAME BUTTERFLY ist Puccinis größter Schmachtfetzen. Und jeder der die Oper liebt, mag ihn in Sonderheit. Fühlt man sich käsig aufgelegt, greift man flugs zur CD, bestückt mit ihr den Player und verduckt sich unterm Kopfhörer: Mit einem Mal wird, und nach vielem vielem selbstmitleidigem Geweine, alles wieder gut ...

Es ist ein Faszinosum um das Werk. Man kann sich an ihm niemals satt hören, und dennoch ahnt man längst: An seiner Story - die an Brutalität und unmenschlichen Zusammenbrüchen nichts zu wünschen übrig lässt - scheiden sich ewighin die Geister: Bringt man diese kitschig, wie zuvörderst (wegen der Musik - sie ist einfach zu schön!) erwartbar wäre, auf die Bühne? oder wählt man eine Sichtweise, die ihrer hart glänzenden Vorlage entspräche: drastisch, realistisch? Letzteres natürlich! was denn sonst!! Doch all zu Wenigen ist der Spagat zwischen Verismo und dem tödlich-schönen Sentiment seither gelungen.


Foto: (C)Monika Rittershaus

Die Komische Oper Berlin hat - nach dem gelungenen vorjährigen Skandaleinstand mit Mozarts hardcoremäßigem ENTFÜHRUNGs-Spiel - Calixto Bieito, diesen so sympathischen sensiblen Katalanen, jetzt ein zweites Mal gebeten, unter ihrem Dach zu inszenieren. Und der gute Bieito ist, zum Glück nur bis zur Pause, an dem anspruchsvollen Großauftrag zunächst beachtenswert gescheitert. Was dann gar nicht zu befürchten war, denn meistens will der Erste Akt der Oper spielerisch gelingen; er beinhaltet ja auch die traumhaft-schöne Liebesszene zwischen Pinkerton und Butterfly. Doch weil der ganze Inszenierungansatz Bieitos, dieses Stück in einem dschungelnahen thailändischen Puff - man assoziierte bei dem Anblick des sich bietenden Eröffnungsbildes (Ausstattung von Alfons Flores / Anna Eiermann) an ein ganz ähnlich aussehendes Camp (APOKALYPSE NOW) - spielen zu lassen, kommt natürlich keine unbeobachtete Einsamkeit von zwei sich hier in diesem Akt noch ziemlich sehr sehr Liebenden zustande, weil: agiert wird ausgerechnet hier in einem völlig offnen und von allen Seiten und durch Alle einsehbaren Raum. Zudem steht (leider leider!) ein schier beispielloses Unpaar zur Verfügung, welches nicht, in keinster Weise, irgendwann und irgendwie vermitteln kann, was wirklich alles so an Schönem oder Schrecklichem zwischen den beiden Hauptgestalten war und ist. Juliette Lee und Marc Heller heißen die bemitleidenswerten Hauptdarsteller; beide scheinen sie in einer sich ergänzenden gemeinschaftlichen Prüderie und völligen Verklemmung eingehaftet, dass es einem graute, näher hinzusehen. Auch im Stimmlichen, trotz hoher und sehr engagierter Kraftausbrüche, kam so gut wie nichts herüber. Abgesehen von der fasthin aussichtslosen Unverständlichkeit des deutsch Gesungenen - geboten wurde immerhin die unsterblich-bemerkenswerte Textfassung Joachim Herz', der ausgerechnet am Premierenabend dieser zwielichtigen Aufführung mit einer Ehrenmitgliedschaft am Haus beehrt wurde - fehlt es den beiden (Madame Lee noch mehr als Mister Heller) an der stimmgestalterischen Sensibilität, die ihre Rollen eigentlich dann bräuchten, um sie, ausgerechnet dann im Ersten Akt, noch glaubwürdiger hören (hören!!) zu lassen als wie hier geschehen.


Foto: (C)Monika Rittershaus


Im Zweiten / Dritten Akt, die von der Handlung eindeutig dann "besser" sind, kippte die Stimmung und die Inszenierung insgesamt dann und, gottlob, zum adäquaten "Besseren". Denn hier ging Bietos Plan im spielerischen Wohlgefallen aller (Aller!!) auf. Die duftnotige Drastik seines Stils verpasste nun dem Rest der Story den gesellschaftskritisch anmutenden und gewohnt erfolgreich aufgepassten Schmiss: Die Butterfly schlachtet ihr Kind - es war die Frucht ihrer vergangenen verlornen Liebe. Pinkerton und seine neue Frau haben um dieses Kind gewusst und wollen es denn holen, kaufen (Gattin Kate kriegt nämlich keine Kinder); wenn sie wüssten was inzwischen alles so geschehen war. Die Butterfly, einmal erfahren dass der Liebste eigentlich dann nichts mehr von ihr wissen will, geriet in einen samurai'nen Rausch; nachdem sie vorher noch ihr eigen Fleisch und Blut zu Tode brachte, stößt sie auch Suzuki, ihre treue Busenfreundin, in die Klinge. Letztlich bleibt sie, irr und blöde, buchstäblicher Weise auf der Strecke. Sie hält einen Pass, den Sharpless, und nachdem er sich von ihren kleinen Fingerchen genüsslich einen runter holen ließ, der ungläubigen Konkubine nebenbei als Entgelt stiften tat; sie kann es immer noch nicht richtig fassen: Ihre Ausreise in Richtung USA wäre besiegelt, ganz ganz legitim.

Chor und Orchester (Leitung Peter Wodner / Daniel Klajner) singt und spielt ohn' Furcht und Tadel.

Die verhärmt-herbe Suzuki der Susanne Kreusch sowie der Sharpless des mit ansehlichem Charme und Sexappeal agierenden Tom Erik Lie (beide auch stimmlich exzellent) verdienen die besonderste Erwähnung.

Trotz des Zwiespalts - insgesamt: Respekt.


Andre Sokolowski
ID 00000002042
Weitere Aufführungen ...

11. | 25. September
05. | 15. | 22. | 26. Oktober
01. | 12. | 28. November
06. | 28. Dezember
15. Januar

Musikalische Leitung... Daniel Klajner
Inszenierung... Calixto Bieito
Bühnenbild... Alfons Flores
Kostüme... Anna Eiermann
Lichtgestaltung... Franck Evin
Cho-Cho-San... Juliette Lee
Suzuki... Susanne Kreusch
Kate... Julia Bossen
F. B. Pinkerton... Marc Heller
Sharpless... Tom Erik Lie
Goro... Christoph Späth
Fürst Yamadori... Günter Neumann
Onkel Bonzo... Jens Larsen
Kaiserlicher Kommissar... Tobias Hagge
Standesbeamter... Matthias Spenke
Yakusidé... Eberhard Krispin
Mutter... Barbara Sternberger
Base... Sonnhild Liebscher
Tante... Gitta Mayer-Hein
Kind... Stella Kunkat

Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de/






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