Les Paladins
von Rameau
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Anna Virovlansky ist die fulminant besetzte Argie in Rameaus LES PALADINS, szenisch das erste Mal in Deutschland aufgeführt am Düsseldorfer Opernhaus - Foto (C) Hans Jörg Michel http://www.rheinoper.de
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Herr Graf wurde zum Ehrenmitglied der Deutschen Oper am Rhein ernannt, aber es gab danach auch noch eine Rameauoper zu sehen und zu hören
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Für Angereiste ist's mitunter schon von Interesse, was in einem für sie fremden oder wenigstens noch unbekannten Haus "intern" so vor sich geht. Das angezeigte und - seit Monaten bereits - überlokal beworbene Projekt mit der Barockoper Rameau's, LES PALADINS genannt, erzielte so, also vorab, einen die herkömmliche Neugier übersteigerten Gespanntheitsgrad des eigens dieses Abends wegen angereisten Rezensenten; wann und wo war es erlebt bzw. wird es je wieder erlebt sein, dass ein Bühnenopus Jean-Philippe Rameau's (1683-1764) für ein deutsches Publikum theaterbretterhaft ergründet und erprobt war oder würde; Udo Zimmermann und Gottfried Pilz versuchten so etwas vor etlichen von Jahren an der Oper Leipzig mit APOLLO & HYAZINTH, und der Zimmermann hatte sogar die Wahnsinnsidee, alle (ich wiederhole: alle!) Rameau-Opern an der Oper Leipzig nach und nach dann rauszubringen, aber meistens scheitern solche hehren Ziele immer bloß am schnöden Mammon, ja, woran auch sonst...
Doch wir verzetteln uns - was wollten wir gleich sagen?
Dass für Angereiste usw. usf. - - denn: Vor dem Vorstellungsbeginn LES PALADINS wurde das Auditorium (und es handelte sich nämlich ganz vorzüglich hier um eine Exklusiv-Vorstellung für den sogenannten "Freundeskreis" oder so ähnlich) kollektiver Kronzeuge der Ehrenmitgliedschaftsverleihung von Herrn Graf (?); das ging so über eine Viertelstunde lang, und es gab Reden, Gegenreden, Grußwort, Dank fürs Grußwort usw. usf. - - - und dann, nach über einer Viertelstunde vehement gelebtester Geduldsprobe, ging die Rameauoper dann endlich los:
Zwei Koryphäen ihrer jeweiligen künstlerischen Tummelplätze wurden von der Deutschen Oper am Rhein sozusagen aufeinander eingeschworen: Konrad Junghänel, ein Experte für Alte Musik - und Arila Siegert, eine Expertin für modernen Tanz. (Klingt schubladener als es ist.) Ja, beide, Junghänel & Siegert, wissen oder wussten haargenau, was sie dann jeweils mit Rameau so alles wollten... Und der Junghänel meinte am Schluss, also so ungefähr, dass nicht zu viel Ballettmusik aus PALADINS dem szenerischen Abspeckungsgelüst der Siegert "zum Opfer fallen" sollte; denn die Siegert wollte sich, obwohl vom Tanz her kommend, nicht zu üppig mit den Hüpf- und Hopseinlagen des Rameau beschäftigen oder so ähnlich; jedenfalls: Man einigte sich harmoniebewusst aufs Nichtzuviel und Nichtzuwenig, und heraus kam ein das Publikum sehr sehr beglückt gestimmt habendes Groß-Gesamtkunstwerk aus Oper, Tanz UND Malerei.
Tatsächlich, denn der Maler Helge Leiberg pinselte dann auch, direkt hinter dem Dirigenten sitzend, Dies und Das auf eine Art Projektor, der das Alles dann vergrößert auf das funktionale Bühnenbild vom Schlößmann "goss"; witzigste Strichfrauchen und Strichmännchen und jede Menge wasserfarbenes Pastell. Wie schön, wie schön...!!
Es musizierten gästehalber die Experten von der Neuen Düsseldorfer Hofmusik; das leistete sich dann die DOR, und der Entschluss muss wohl als unumgänglich richtig und als weise obendrein bezeichnet sein; Junghänel kann sich hier auf einen Stamm erfahrenster Damen und Herren, was die historische Aufführungspraxis anbelangt, verlassen. Es wurde schnörkellos und zügig, manchmal etwas arg vom Junghänel vorangetrieben, durchgespielt; und die an sich ja schon enorm gekürzte Spieldauer (2,5 h, mit Pause) verging dann schon recht flugpropellrig...
Aus dem international zusammengesetzten Solistenensemble sollen hier Anders J. Dahlin (Atis), Anna Virovlansky (Argie), Thomas Michael Allen (Manto) besonders genannt sein. Dahlin entzaubert nicht nur stimmlich, sondern ist auch so der echte Prinz für alle potenziellen Schwiegermütter weit und breit im Düsseldorfer Opernhaus; die Virovlansky singt gestochen scharf, mitunter hielte man es schon für möglich, dass sich ihr Sopran mensurenhaft unter dem linken Ohrläppchen bemerkbar macht; und Allen holt aus seiner Feen-Rolle raus was drin ist, "nur" sein Bass lässt ihn de facto doch als hengstiger zu uns herübertreten als man es für möglich hielte. Prima Sänger, unbedingt!
Dem Chor der Deutschen Oper am Rhein machen die vielen (tänzerischen) Spieleinlagen von der Siegert einen Heidenspaß, das merkt man schon!
Auch hat das angereiste Personal von Tänzerinnen/Tänzern (alle Namen s. u.) angemessen Witziges und Freiläufiges hin und wieder dann zu tun.
Arila Siegert wollte ganz bestimmt einen ganz unbemühten, unartifiziellen Eindruck der Geschehnisse und des Geschehens rund um die LES PALADINS-Oper des Jean-Philippe Rameau vermittelt wissen. Ist ihr auch, also gestalterisch, vollauf gelungen. Eine Angelegenheit "so richtig aus dem Leben" oder so; nicht schlecht, Frau Specht!
Und Konrad Junghänel sollte dann auch, und wie gesagt, vollauf zufrieden mit den Leuten, die ihm musizierend oder singend zur Verfügung standen, sein. Nein, besser kann man wohl Rameau in Deutschland überhaupt nicht machen; ganz bestimmt wohl nicht.
Kurzum: Erquickt fürs Erste.
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Szenenbild aus LES PALADINS von Jean-Philippe Rameau an der Deutschen Oper am Rhein, v. l. n. r. Anna Virovlansky (Argie), Anders J. Dahlin (Atis) und Sören Swart (ein Paladin) - Foto (C) Hans Jörg Michel http://www.rheinoper.de
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Andre Sokolowski - 2. Februar 2010 ID 4542
LES PALADINS von Rameau am Opernhaus Düsseldorf (31.01.2010)
Musikalische Leitung: Konrad Junghänel
Inszenierung und Choreographie: Arila Siegert
Bühne: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Marie-Luise Strandt
Live-Malerei: Helge Leiberg
Besetzung: Anna Virovlansky (Argie), Iulia Elena Surdu (Nérine), Laimonas Pautienius (Orcan), Anders J. Dahlin (Atis), Adrian Sampetrean (Anselme), Thomas Michael Allen (Die Fee Manto)
Tänzerinnen und Tänzer: Patrizia Cina, Photini Meletiadis, Anna Roura-Maldonado, Robina Steyer; Farid Baroug, Joeri Burger, Ricardo Diaz, Mack Kubicki, Gregory Le Blanc, Sören Swart
Chor der Deutschen Oper am Rhein
(Choreinstudieung: Gerhard Michalski)
Neue Düsseldorfer Hofmusik
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Weitere Infos siehe auch: http://www.rheinoper.de
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