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nachDRUCK # 6

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Opernkritik

Die Puppenmörder

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Foto re. (C) staatsoper-hamburg.de



So viele bekannte Gesichter! Die ganze Entourage der Komischen Oper Berlin stöckelt durch Hamburgs Staatsopern-Foyer, denn ihr Chef Andreas Homoki hat auswärts inszeniert. Ob Ensemblesopran oder Pressechef, Operndirektor oder Chefdirigent (und so weiter und so fort): Alle, alle sind extra zum FAUST-Premierenabend angereist - und Hamburg rollt nur allzu gern den roten Teppich aus. Das Haus an der Dammtorstraße und dessen Publikum haben Homoki in guter Erinnerung. 1994 bereicherte er das Repertoire um einen comichaft-düsteren RIGOLETTO, der sich bis heute erfolgreich im Spielplan hält. Nun also Gounod. Für Mephisto & Co. hat Homoki den gleichen Ausstatter mitgebracht: Der Teufel trägt Wolfgang Gussmann.

Und damit sind wir schon mitten im Regiekonzept, denn der Gerufene tritt zunächst im selben Kostüm auf wie Faust senior und gibt sich so als dessen Alter Ego zu erkennen. Es erfolgt also keine Anreise aus der Unterwelt, der Beelzebub steckt bereits als dunkle Seite in Fausts Seele drin. Das ist eine pfiffige Idee, wenn auch nicht ganz neu. Bereits Mitte der 70er stieß Jorge Lavelli in Paris einen schizophrenen Doktor in ein romantisches Sozialdrama. Wir haben auf Bühnen auch schon etliche Gesellschaften gesehen, die Masken tragen und eher an materiellen als an emotionalen Dingen interessiert sind. Oder Männer, die auf eine junge Frau - nennen wir sie Marguerite - die eigenen Sehnsüchte projizieren, dann aber nur solange mit ihr spielen, bis ihr Reiz für sie verflogen ist.

Und dennoch: Aus handwerklicher Sicht ist dieser Produktion wenig vorzuwerfen. Homoki, der sonst dazu neigt, Protagonisten hektisch wuselnd über die Bretter zu schicken, führt die Charaktere wie durch ein Vergrößerungsglas, Gussmann wuchtet verschieden große Puppen sowie zwei riesige, sich drehende Scheiben auf die Plattform - und bleibt damit einer Grand opéra nichts schuldig, und Franck Evin stellt das Ganze in ein Licht, wo von „Beton“ bis hin zu „Porzellan“ alle Effekte möglich scheinen. Mit pittoresker Metaphorik fährt das Regieteam natürlich eine sichere Schiene, was am Ende so viel heißt wie: Wo kein Risiko, da auch kein Buh. Intendantin Simone Young wird’s freuen, hat sie doch genau das erhalten, was sie in Auftrag gab.

Die Besetzung lässt nun wirklich keine Wünsche offen. Hier zieht jeder Solist am gleichen Strang, entsteht ein Sängerensemble wie aus einem Guss. Giuseppe Filianoti interpretiert den Faust mit noblem, flexibel geführtem Tenor, reich an Farbe und vortrefflich in der Diktion. Dass ihm einmal die Premierennervosität zu schaffen macht und der hohe Ton daneben flutscht - Schwamm drüber. Alexia Voulgaridou (Marguerite) serviert hauchzarte Pianissimo-Töne, Tigran Martirossian fesselt mit einem kraftvoll-souveränen Méphistophélès, George Petean gibt einen herrlich durchdringenden Valentin und Maria Markina ist ein hitzköpfig-sympathischer Siebel.

Mag das Spiel der Hamburger Philharmoniker in puncto Technik auch noch so gefallen, mit Cornelius Meister haben sie für französische Oper den falschen Dirigenten am Pult. Was fehlt ist Esprit, irgendein zündender Funke. Meister zieht immer wieder die Handbremse an, schlägt gefällige Tempi, serviert ein allzu pauschales Klangbild und bestätigt damit das Gounod-Klischee der plätschernden Dekorationsmusik.


Heiko Schon - red. 3. Februar 2011
ID 5037
FAUST (Hamburgische Staatsoper, 30.01.2011)
Musikalische Leitung: Cornelius Meister
Inszenierung: Andreas Homoki
Bühnenbild und Kostüme: Wolfgang Gussmann
Besetzung:
Faust ... Giuseppe Filianoti
Méphistophélès ... Tigran Martirossian
Valentin ... George Petean
Wagner ... Jongmin Park
Marguerite ... Alexia Voulgaridou
Siebel ... Maria Markina
Marthe ... Renate Spingler
Chor der Hamburgischen Staatsoper.
(Choreinstudierung: Christian Günther)
Philharmoniker Hamburg
Premiere war am 30. Januar 2011
Weitere Aufführungen: 5., 9., 12., 16., 19., 22. 2. 2011



Siehe auch:
http://www.staatsoper-hamburg.de


Post an den Rezensenten: hschon@kultura-extra.de



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