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Opernkritik

Irrelohe

von Franz Schreker


Nur drei Tage hat Franz Schreker seinen eigenen Aussagen zufolge gebraucht, um den Text für seine Oper Irrelohe zu schreiben. Die Handlung ist ihm dabei – vielleicht aufgrund der kurzen Zeitspanne – etwas wirr geraten. Eine Frau namens Lola wurde vor dreißig Jahren vor aller Augen vom Grafen von Irrelohe vergewaltigt. Dabei wird ein Kind gezeugt, Lolas Sohn Peter. Dieser erfährt nun von den Umständen seiner Zeugung sowie davon, dass er der Halbbruder des jungen Grafen Heinrich ist. Heinrich wiederum hat sich in Eva verliebt, auf die auch Peter ein Auge geworfen hat. Beide Brüder haben dabei ein Problem: Als Erben ihres Vaters sind sie Opfer eines Fluchs, der dazu führt, dass sie ihre Triebe nur begrenzt im Zaum halten können. Zu alldem kommt noch der frühere Geliebte von Peters Mutter, der Rache nehmen will und schließlich die Burg des Grafen anzündet. Heinrich und Peter aber geraten auf Heinrichs Hochzeit aneinander, als Peter offenbart, dessen Halbbruder zu sein, und vorschlägt, die Braut zu teilen. Heinrich erwürgt Peter, aber Eva verzeiht ihm. Die beiden brechen sie in eine gemeinsame Zukunft auf und lassen Irrelohe hinter sich.

Schrekers Irrelohe ist nicht gerade das, was man eine Repertoireoper nennt, denn auf allzu viele Aufführungen kann die 1924 in Köln uraufgeführte Oper nicht zurückblicken. Die Bonner Oper müht sich redlich, Irrelohe Gerechtigkeit widerfahren zu lassen – aber so richtig überspringen will der Funke nicht. Die Bühne von Martin Kuklies ist liebevoll ausgestattet, lässt stets die Burg derer von Irrelohe im Hintergrund erahnen und wartet mit der einen oder anderen Überraschung auf – etwa ein Oldtimer, mit dem das Paar am Ende von der Bühne entschwindet. Klaus Weises Inszenierung überzeugt durch eine detaillierte und konzentrierte Personenregie, die auch zwei Monate nach der Premiere noch gut sitzt. Geschickt arbeitet Weise bei aller Tragik der Handlung, die er in einem trostlosen osteuropäischen Dörfchen ansiedelt, auch komische Elemente heraus (etwa beim Auftritt der Hochzeitsmusiker). Im Programmheft gibt es gleich drei Originalbeiträge der Dramaturgie und Generalmusikdirektor Stefan Blunier scheint jeden Ton der Partitur auszukosten und zu zelebrieren. Die Solisten machen ihre Sache gut und der Burgbrand am Ende der Oper ist hübsch anzusehen.

Irrelohe in Bonn kann sich also auf jeden Fall sehen und hören lassen. Und es ist aller Ehren wert, das die Oper Bonn auch Stücke abseits des ohnehin sehr eng gesteckten Opernrepertoires zeigt. Ob Irrelohe allerdings in dieses Repertoire eingeht, darf auch nach dieser Aufführung bezweifelt werden. Das liegt nicht zuletzt an Schrekers Musik. Streckenweise ist sie so sinfonisch, dass man am Ende der Szene beinahe vergessen hat, worum es am Anfang ging. Klanggewaltige (spät-)romantische Passagen wechseln mit eher schrägen Momenten ab. Insgesamt fehlt es der Aufführung ein wenig an Dichte sowie an innerem Zusammenhalt. Dazu trägt allerdings auch die Entscheidung bei, nach jedem Akt eine Pause einzuschieben. Der Abend dehnt sich so auf über drei Stunden Länge und ermüdet ein wenig.
Karoline Bendig - red. 22. Januar 2011
ID 5018
IRRELOHE (Oper Bonn, 21.01.2011)
Musikalische Leitung: Stefan Blunier
Inszenierung: Klaus Weise
Bühne: Martin Kukulies
Kostüme: Fred Fenner
Licht: Thomas Roscher
Choreinstudierung: Sibylle Wagner
Besetzung:
Graf Heinrich, Herr auf Irrelohe ... Roman Sadnik
Eva ... Ingeborg Greiner
Die alte Lola ... Daniela Denschlag
Peter, ihr Sohn ... Mark Morouse
Christobald, ein Hochzeitsspieler ... Mark Rosenthal
Fünkchen ... Valentin Jar
Strahlbusch ... Piotr Micinski
Ratzekahl ... Martin Tzonev
Anselmus ... Giorgos Kanaris
Der Förster ... Renatus Mészár
Der Pfarrer ... Boris Beletskiy
Der Müller ... Egbert Herold
Ein Lakai ... Josef Michael Linnek
Chor und Extrachor des Theater Bonn
Beethoven Orchester Bonn
Premiere war am 7. November 2010
Weitere Termine: 5. und 19. 2. 2011


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de


Post an die Rezensentin: karoline.bendig@kultura-extra.de



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