29. November 2013 - Schauspiel Köln
JUDITH
von Friedrich Hebbel
|
|
Verplänkelte Leidenschaft
|
Wie bereits in Stefan Bachmanns Genesis-Bearbeitung zeigt sich auch in Christina Paulhöfers Inszenierung Judith, welch imposante Möglichkeiten die Bühne im Depot 1 des Kölner Schauspiel bietet. Jörg Kiefel hat einen massiven Steinquader aufgestellt, etliche Meter breit und mehr als mannshoch. Diese Konstruktion ginge glatt als Minimal Art durch – wäre da nicht die schmale Spielfläche, die in den Quader über dessen gesamte Breite gewissermaßen integriert ist. Oben auf dem Quader laufen die Herren Holofernes und Co. herum, unten kriecht das Volk von Bethulien und liegt im Staub bzw. Sand. Der Feldherr Holofernes hat die Stadt belagert und will sie erobern. Den Einwohnern von Bethulien bleibt nichts weiter als ihr Glaube an Gott – und Judith, die sich ins Lager des Holofernes wagt.
Nikola Gründel ist am Abend der besuchten Vorstellung als Judith für Julischka Eichel eingesprungen. Ihre darstellerische Leistung lässt sich daher nur bedingt beurteilen. Es ist ihr hoch anzurechnen, dass sie die Rolle der Judith übernommen hat und sich – mithilfe kleiner Spickzettel – tapfer durch den Abend manövriert. Robert Dölle gibt Holofernes als machtverliebten Parvenü und stattet die Figur mit einer gehörigen Portion Unberechenbarkeit aus. Als er und Judith sich treffen, passiert – nichts. Auch die finale Annäherung der beiden – kurz bevor Holofernes’ Blut fließt – wird verschenkt. Zu „Born Slippy“ (bekannt aus Trainspottting) laufen die beiden oben auf dem Quader aneinander vorbei, immer hin und her. Manchmal gibt es eine kleine Berührung, aber insgesamt ist das nichts Halbes und nichts Ganzes. Soll hier verborgene Zuneigung gezeigt werden, offene Ablehnung, eine geheimnisvolle Zuneigung gegen innere Widerstände? Nichts davon zu sehen. Dabei ist doch gerade das ein wichtiger Punkt, der Judith und Holofernes umtreibt.
Viele der Spielszenen werden live abgefilmt und auf den Quader projiziert. Schauspieler in Großaufnahme: Das sieht sehr ansehnlich aus, trägt zur Dichte des Abends aber nichts bei. Es fehlt das Gefühl, dass die Probleme der Figuren einen etwas angehen. Und es mangelt an Emotionalität. Auf diese Weise verplänkelt Judith im Raum und der Zugriff von Christina Paulhofer bleibt im Ungefähren.
Bewertung:
|
Karoline Bendig - 7. Dezember 2013 ID 7437
JUDITH (Depot 1, 29.11.2013)
Regie: Christina Paulhofer
Bühne: Jörg Kiefel
Kostüme: Lili Wanner
Musik: Sylvain Jacques
Video: Impulskontrolle (Stephan Komitsch, Sebastian Pircher)
Licht: Michael Frank
Chorleiter: Mariano Julián Galussio
Sprechchöre: Georg Verhülsdonk
Dramaturgie: Thomas Laue
Mit: Nikola Gründel (Judith), Robert Dölle (Holofernes), Julia Riedler (Mirza), Thomas Müller (Ephraim), Thorsten Peter Schnick (Assad), Seán McDonagh (Samaja), Harald Hauber (Daniel), Heiner Stadelmann (der Älteste), Jonas Gruber (Hauptmann des Holofernes), Mohamed Achour (Priester), Jakob Leo Stark (Achior) sowie Because Chor Köln
Premiere war am 22. November 2013
Weitere Termine am: 8., 19., 20., 26. und 28. 12. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspielkoeln.de
Post an Karoline Bendig
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|