Rosinenpicken (206 / 207)
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EN ATENDANT / CESENA
Anne Teresa De Keersmaeker
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Anne Teresa De Keersmaeker - Foto © Herman Sorgeloos
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"Eine Musik, die Kriege kennt, Konflikte, Tod, Armut, Glaubenszweifel – und sie spiegelt in Dissonanzen, Polyrhythmie und Komplexität. Die Musik der Ars Superior entstand in Südfrankreich und Norditalien Ende des 14. Jahrhunderts, des dunklen Jahrhunderts der Pest, des hundertjährigen Kriegs, des großen Schisma. Es war die Musik, die am Papsthof in Avignon gespielt wurde, ein intellektueller Gegenentwurf zur chaotisch-krisengeschüttelten Welt: vielstimmige Vokalkompositionen in höchster Verfeinerung. / Zweimal hat Anne Teresa De Keersmaeker sich mit ihrer Gruppe Rosas dieser Musik gewidmet, in den beiden für Avignon konzipierten und als Diptychon gedachten Produktionen En Atendant und Cesena. Der Körper, die Stimme, der Atem, das sind die Elemente, auf die die Künstler in En Atendant bauen. Tänzer, die singen, Sänger, die tanzen, eine Flöte, die fünf Minuten lang einen Ton hält. Die Tänzer tragen schwarze Kleidung und Turnschuhe, stürzen und fallen, stützen und halten einander, verknoten, verbiegen sich, am Ende verlöschen Licht, Bewegung und Atem auf der leeren Bühne: ein Anspielen gegen Stille und Tod." (Quelle: Berliner Festspiele)
Damit (s. o.) ist eigentlich schon Alles gesagt und beschrieben, worum es im ersten der zwei Gastspiel-Abende zu gehen haben sollte: In der Tat war imponierend, wie Flötist Michael Schmid mit seiner Atemtechnik sowie seinem Instrument gefühlte zehn bis fünfzehn (anstatt fünf) Minuten rumhandwerkte, und man war natürlich permanent an Art und Weise seines Flötenspiels interessiert gewesen... Etwas über eine Stunde streckte sich in Folge die Performance hin; hinzugesellten sich - Schmid räumte nach dem Solo auf ein Nimmerwiedersehen seine Bühne - eine Sängerin (die Sopranistin Annelies Van Gramberen) sowie zwei Instrumentalisten (Blockflötist Bart Coen / Fiedelistin Birgit Goris) und die Rosas-Truppe. Und es war entweder Überwindung anschleichender Müdigkeitsattacken oder eine Nach-und-nach-Gewöhnung an den wahrlich ungewohnten obgleich ziemlich unverbindlich und ins absolute Leere laufenden Theater-Stil der weltberühmten Choreografin angesagt; kurzum: Eine "Entschlüsselung" des Ganzen stellte sich - egal aus was für merkwürdigen Gründen - überhaupt nicht ein. Der Abend wurde immer länger... Lauer Beifall hierfür.
Ganz anders dann beim Cesena-Projekt, einer Zusammenarbeit mit Björn Schmelzers Vokalensemble graindelavoix!
"Am Anfang ist Dunkelheit, das Auge muss sich anpassen, das Ohr ist hellwach. Füße trappeln, vielstimmiger Gesang ertönt. Erst allmählich dämmert Licht, vermag das Auge, Körper und Bewegungen wahrzunehmen, vermag zu erkennen, dass die Tänzer singen, die Sänger auch tanzen: Körper und Stimme, beides sind Muskeln im Zusammenspiel. (...) Der Titel spielt auf das Massaker von Cesena an, das 1377 das Ende der Papstresidenz in Avignon einläutet: ein 'Srebrenica des 14. Jahrhunderts', wie Anne Teresa De Keersmaeker sagt. Die hochkomplexe Vokalmusik der Ars subtilior kündet von diesen Konflikten, dieser Gewalt, aber auch von einer Zeitenwende. Gegen Ende erklingt Johannes Ciconias Le Ray au Soleyl: eine Hymne an die aufgehende Sonne, an den Beginn einer neuen Zeit." (Quelle: Berliner Festspiele)
Die seherische/hörerische Konzentration richtete sich in erster Linie auf die phänomenalen Vokalisten von graindelavoix. Selten (oder noch nie) war es uns vergönnt, so großartig und schön mit Klängen Alter Musik konfrontiert worden zu sein!!
Keersmaeker gelang es hier zudem, Beide (Tänzer UND Sänger) in unvergleichlich aufeinander abgestimmte Harmonie zu bringen; Tänzer sangen, Sänger tanzten - dieses auch...
Es entstanden choreografierte Gruppenbilder von unvergesslicher Prägnanz.
Frenetische Begeisterung.
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En Atendant - Foto © Herman Sorgeloos
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Andre Sokolowski - 14. Oktober 2012 ID 6259
Anne Teresa De Keersmaeker / Rosas: En Atendant
Eine Choreografie für acht Tänzer, Stimme, Flöten und Fiedel
CHOREOGRAFIE: Anne Teresa De Keersmaeker [Brüssel]
SZENOGRAFIE: Michel François
KOSTÜME: Anne-Catherine Kunz
PRODUKTION: Rosas
Mit: Bostjan Antoncic, Carlos Garbin, Cynthia Loemij, Mark Lorimer, Mikael Marklund, Chrysa Parkinson, Sandy Williams, Sue-Yeon Youn
MUSIK:
...L(ÉLEK)ZEM..’ – Istvan Matuz
En Atendant, souffrir m’estuet (ballade) Filippo da Caserta
Estampie En Atendant 2 (2010) Bart Coen
Sus un’ Fontayne (virelai) Johannes Ciconia
Je prens d’amour noriture (virelai) Anonym
Esperance, ki en mon coeur Anonym
FLÖTE: Michael Schmid
ENSEMBLE COUR ET COEUR
MUSIKALISCHE LEITUNG / BLOCKFLÖTEN: Bart Coen
FIEDEL: Birgit Goris
GESANG: Annelies Van Gramberen
Eine Koproduktion von La Monnaie / Brüssel, Festival Grec / Barcelona, Grand Théâtre de Luxembourg, Théâtre de la Ville / Paris, Festival d’Avignon, Concertgebouw Brugge
Anne Teresa De Keersmaeker / Björn Schmelzer: Cesena
Ein Zusammenspiel zwischen Körper und Stimme, Licht und Dunkel
KONZEPT: Anne Teresa De Keersmaeker, Björn Schmelzer [Brüssel]CHOREOGRAFIE: Anne Teresa De Keersmaeker
MUSIKALISCHE LEITUNG: Björn Schmelzer
KONZIPIERT UND GETANZT DURCH: Rosas und graindelavoix
BÜHNENBILD: Ann Veronica Janssens
KOSTÜME: Anne-Catherine Kunz
PRODUKTION: Rosas
Mit: Els Van Laethem, Haider Al Timimi, Bostjan Antoncic, Aron Blom, Carlos Garbin, Marie Goudot, Lieven Gouwy, David Hernandez, Matej Kejzar, Mikael Marklund, Tomàs Maxé, Julien Monty, Chrysa Parkinson, Marius Peterson, Michael Pomero, Albert Riera, Gabriel Schenker, Yves Van Handenhove und Sandy Williams
MUSIK: Ars Subtilior
Eine Koproduktion mit La Monnaie / Brüssel, Festival d’Avignon, Théâtre de la Ville / Paris, Les Théâtres de la Ville de Luxembourg, Festival Oude Muziek Utrecht, Guimarães 2012, Steirischer Herbst / Graz, deSingel / Antwerpen, Concertgebouw Brugge
Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-festspiele.de
http://www.andre-sokolowski.de
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