Flotte Zoten
in den Textbrei!
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Plakatmotiv zu Frau Luna in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz - (C) Volksbühne Berlin
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Nach der zweieinhalbstündigen Frau Luna-Aufführung von heute Abend (dritte Vorstellung seit der Premiere; ausverkauftes Haus) ist uns nicht klar geworden, was den Inszenierer Herbert Fritsch bewogen haben könnte, die beliebteste Berliner Operette für die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz aufzubereiten resp. aufbereiten zu lassen. Hatte er ein Faible für Paul Linckes gassenhauerische "Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft"-Musik? Interessierten ihn die Story und die Texte von Heinz Bolten-Baeckers? Beides sicher weniger. Vielleicht auch nicht.
Drei engagierte Musiker (Ingo Günther, Doris Kleemeyer, Fabrizio Tentoni) versynthesizerten die allgemeinbekannten und nicht nur für die Berliner Operettenfreunde - Ausruf eines hochbetagten Luna-Fans, nachdem er das Parkett verließ, zu seiner Gattin: "Furchtbar!" - sattsam lieb gewonnenen Paul-Lincke-Weisen derart, dass es halt ein bisschen anders als normal geklungen hatte und geklungen haben sollte.
Das Libretto blieb im Wesentlichen zwar erhalten, doch es schlichen sich aufs Zeitgeistigste und in schenkelklopferischer Absicht flotte Zoten in den Textbrei ein (Dramaturgie: Sabrina Zwach); es bringt an dieser Stelle jetzt auch gar nix, eine Nacherzählung des Gesehenen/Gehörten zu versuchen. Unbeanstandbare Grundtendenz war halt ironische Distanz bzw. lauter Nonsens.
Fernab unsres eigenen Genervtseins über all den läppisch dargebrachten und sehr derb servierten Frohsinn konstatieren wir eine doch ziemlich ansteckende Spiellaune der darstellenden Aktivisten: Der als Operndiva sich im Falsett voll verausgabende Hubert Wild (Prinz Sternschnuppe) schießt hier den absoluten Vogel ab; man hätte ausgerechnet ihm noch Stunden lang so lauschen wollen! Sopranistin Rosenfeld, die eine "echte" Operndiva ist, macht aus der Titelrolle das, was Fritsch ihr abverlangt. Der Chor der Werktätigen singt/spielt das Mond-Volk oder so...
Fantastische Kostüme von Victoria Behr.
Ganz allgemein bejubelt.
Barrie Kosky sollte dennoch eine eigene Frau Luna in der Behrenstraße nachlegen - das Stück-Original muss zwingend in Berlin verankert und präsent sein; überhaupt ließe sich hiermit sowieso dann prima Kasse machen.
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Bewertung:
Frau Luna von Paul Lincke in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz - Foto (C) Thomas Aurin
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Andre Sokolowski - 28. Juni 2013 ID 6899
FRAU LUNA (Volksbühne Berlin, 27.06.2013)
Regie und Bühne: Herbert Fritsch
Kostüme: Victoria Behr
Musikalische Leitung: Ingo Günther
Licht: Torsten König
Dramaturgie: Sabrina Zwach
Mit: Ruth Rosenfeld (Frau Luna, Herrin des Mondes), Hubert Wild (Prinz Sternschnuppe), Jakob Kraze (Theophil, Haushofmeister auf dem Mond), Axel Wandtke (Mondgroom), Inka Löwendorf (Stella, Lunas Zofe), Florian Anderer (Fritz Steppke, Expressballon-Mechaniker), Stefan Staudinger (Lämmermeister, Schneider), Werner Eng (Pannecke, Pusebachs Geliebter), Annika Meier (Marie Pusebach, Mieze, Verlobte von Fritz), Nora Buzalka (Frau Pusebach, Miezes Tante), Annika Meier (Mondelfe / Mondschutzfrau), Jonas Hien (Mondzwölfe / Mars / Mondschutzmann), Axel Wandtke (Monddreizehne / Mondschutzmann), Maria Walser (Mondvierzehne / Venus / Mondschutzfrau), Ingo Günther (LUNA-Orchester), Doris Kleemeyer (LUNA-Orchester), Fabrizio Tentoni (LUNA-Orchester) und dem Chor der Werktätigen (Sternbilder)
Premiere war am 19. Juni 2013
Weitere Termine: 29. 6. / 5. + 6. 7. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.volksbuehne-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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