4. Oktober 2013 - Gefängnistheater aufBruch
WALLENSTEINS TOD
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"Wallenstein, europäischer Feldherr und Großinvestor, unternimmt nach 16 Jahren Krieg den Versuch, im Alleingang einen Frieden mit dem militärischen Gegner, den Schweden, auszuhandeln. Er unterläuft damit die Interessen seines eigenen Lagers, der Habsburger, und macht sich seinen Herrn und Kaiser zum Feind. Beim Versuch auf Zeit zu spielen, wird er Opfer einer Maschinerie, die er maßgeblich mit erschuf. Sein Heer, das ihm die Vormachtstellung im europäischen Kampf um Einfluss, Ressourcen, Land und Titel sichern sollte, fällt auseinander. Bereits verurteilt und geächtet, behält er bis zum Schluss trotzig seinen Eigensinn. Was bleibt ist eine Geschichte von Verrat." (Quelle: aufBruch)
Besser könnte man die Kurzvita vom alten Wallenstein (1583-1634) nicht verkürzen!
Schiller (auch Historiker) hatte zu seiner Zeit ein gleichnamiges 3teiliges Mega-Stück in Blankverse gefasst. Es wird - auch weil es ziemlich aufwändig zu spielen ist - nicht allzu oft gegeben. Früher zählte es womöglich zu den bildungsbürgerlichen Pflichtküren; davon ist heute nicht mehr auszugehen...
Umso schöner, dass sich jetzt das aufBruch-Team für eine Wiedernutzung des immensen dichterischen Materials ins Zeug gelegt hatte - wir waren gestern bei der dritten Folgevorstellung:
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Und sie gestaltete sich als Begehungsabend, denn: Wir (Publikum) wurden von Peter Atanassow (Inszenierung), der sich das dann für uns ausdachte, von Raum zu Raum geleitet und "getrieben" - derart lernten wir natürlich auch, fast nebenbei, das imposante ehemalige Casino des Zentralflughafens Berlin-Tempelhof von seinen Innereien her ein bisschen näher kennen; was durchaus als Privileg für uns verstanden worden war...
Dass Albert Bach diese zwei Stunden lang den Wallenstein verkörperte, betrachteten wir insgesamt als menschliche Erfrischung und als mimischen Totalgewinn!! Wir kannten ihn ja schon von anderen Gefangenentheater-Aufführungen aus den letzten Jahren; ja und wie er jetzt, quasi in einer Art Summasummarum, über allen diesen Dingen stand oder zu stehen schien, rührte uns letztlich auf das Unvergleichlichste. Seine umgreifende "Normalität", mit der er diesen doch allein vom Sprechtext her brutalen künstlerischen Anspruch quasi durch sich selber erden tat, hatte fürwahr eine entwaffnende Präsenz.
Selbstredend müssten jetzt an dieser Stelle alle Anderen der Reihe nach benannt und aufgelobigt sein - wir grenzen das jetzt kurz und schmerzlos auf die namentliche Aufzählung des vierfachen Max Piccolomini mit Abbas, Arif, Fayez Chahrour, Gino Oleynik sowie die vierfache Max-Freundin Thekla mit Francesca Spisto, Karien Weber, Sabine Böhm, Swetlana Kimmel ein!!
Wie immer bei den aufBruch-Produktionen klangen dann die Sprechchöre bestechend gut und großartig. Man wünschte sich, dass sowas auch "normale" deutsche Sprechtheater abzuleisten in der Lage wären.
Kurzweiliger, spannender Theaterabend.
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Grafik (C) Alexander Atanassow
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Bewertung:
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a. so. - 5. Oktober 2013 ID 7221
WALLENSTEINS TOD (Ehemaliges Casino des Flughafens Tempelhof, 04.10.2013)
Regie: Peter Atanassow
Dramaturgie: Arne Vogelgesang und Jörg Mihan
Bühne: Holger Syrbe
Kostüme: Thomas Schuster
Musikalische Einstudierung: Ruslan S.
Produktionsleitung: Sibylle Arndt
Es spielt ein gemischtes Ensemble aus Ex-Inhaftierten und Freigängern Berliner Vollzugsanstalten sowie Schauspielern und Berliner Bürgern: Abbas, Albert Bach, Ali El-Faour, Anne Zander, Arif, Birte Flint, Christian Schaefer, Christoph Bettinger, Christoph Fortmann, Deniz, Fayez Chahrour, Francesca Spisto, Gino Oleynik, Irene Oberrauch, Jan-Urs Hartmann, Karien Weber, Kristine Walther, Markus von Lingen, Michael Hase, Mohamad Koulaghassi, Norman Bürger, Para N. Kiala, Roman Speter, Sabine Böhm, Sarah Zastrau, Sladjan M., Swetlana Kimmel und Wolf Nachbauer
Premiere war am 2. Oktober 2013
Weitere Termine: 5. - 9., 13., 16. - 20. 10. 2013
Weitere Infos siehe auch: http://www.gefaengnistheater.de
http://www.andre-sokolowski.de
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