Fafner, die
Bisam-Maus
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Peter Hacks lebte von 1928 bis 2003 - Foto (Quelle: Wikipedia)
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Peter Hacks hatte sehr viele Stücke geschrieben. Eines immer besser als das andere. Er war, wie Brecht oder wie Schernikau, ein "Überläufer" von der BRD zur DDR; hier richtete er sich dann ein und feierte - nicht bloß mit seinen Stücken - künstlerische und persönliche Erfolge, noch und noch... Er galt als Kommunist und kam doch irgendwie aristokratisch 'rüber; seine witzig-feinsinnige Sprache paarte sich in kongenialer Siamesität mit seiner Dichtkunst. Hacks lehnte Romantik (Wagner!) gänzlich ab; er war dem griechischen Theater und dem Shakespeare's stark verhaftet. Unter Ulbricht fühlte er sich eingestandner Maßen etwas "wohler" als beim nachfolgenden Honecker. Seine charakteristische Persönlichkeit ließ sich nicht eingemeinden, und so leistete er es sich damals, die Ausbürgerung Wolf Biermanns (beispielsweise) für nicht unbegrüßenswert zu halten = das verziehen ihm die Wenigsten, die's damals etwas anging; jedenfalls konnte er nach der Wende machen, was er wollte = kaum ein Sprech- oder Musiktheater mochte sich an seine vielen Stücke noch erinnern... Hacks war plötzlich out.
Dieses gesellschaftliche Missverständnis - gut 10 Jahre nach dem Tod des deutschen Dichters - aus- bzw. aufzuräumen, macht sich seit geraumer Zeit die sogenannte Peter-Hacks-Gesellschaft e. V. (Adresse: Neue Grünstr. 18, 10178 Berlin) zur Aufgabe. Sie hat jetzt auch 'ne Kleinkunstbühne, und die nennt sich (holländisch) HABBEMA [= Cox Habbema, niederländischer Herkunft, war als Schauspielerin in der DDR, und oft auch an der Seite ihres Stargatten Eberhard Esche, bekannt, beliebt, berühmt]; und im HABBEMA gab's halt gestern die schon zweite Auflage der Stücklesung Fafner, die Bisam-Maus.
In dieser hochvergnüglich anzuhörenden Komödie geht es um Besitze und Besitzstände: Zwei Brüder hatten einen Ahnen (irgendso'nen Admiral), dessen verzweigte Vorfahren wahrscheinlich bis zum Westfälischen Frieden reichten; jedenfalls gab's einen Vater und zwei Mütter, also irgendwie ein legitimes und illegitimes Kind. Nach vielen, vielen Jahren kreuzen sich die Wege deren Nachverwandten in den Neuen Bundesländern - dort lebt Lorch (Dominik Bender) mit seinem Geliebten Kasprik (Fridolin Meinl) in 'nem Herrschaftshaus in Brandenburg; und eines Tages wird das Paar von Lorch'ens angeblichem (West-)Vetter mit Namen Wesselbrunner (Michael F. Stoerzer) aufgesucht, der jenes Herrschaftshaus in Brandenburg erblich für sich beansprucht. Hin und her, und her und hin... Das Schwulenpärchen führt den Wessi kräftig an der Nase rum und trickst ihn hochgenialer Weise aus; ständig verkleiden sich die Beiden als verschiedene in den Besitzrechtsstreit eingreifende Persönlichkeiten, welche sie mit Namen aus dem reichen Ring des Nibelungen-Fundus (Wagner!!) auszustatten sich belustigen. Am Schluss des Stückes gibt es dann den durch das Einschüchtern der Ossi's freiwillig erzwungenen Besitzverzicht des Wessis oder so oder so ähnlich...
Olaf Brühl tat diese schöne Stücklesung mit Freude inszenieren. Zudem referierte er am Anfang den prosaischen Prolog und, später in der Folge, die Regieanweisungen zur Bisam-Maus. Seinen drei Sprach- und Spielakteuren sahen wir den unbedingten Lustwunsch an, sich mit den ihnen zugedachten Wechselrollen noch direkter, also eineindeutig-szenisch, vorstellen zu mögen.
Hundertfache Heiterkeitsbekundungen.
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Andre Sokolowski - 28. Juni 2012 ID 6057
FAFNER, DIE BISAM-MAUS (Habbema, 27.06.2012)
Besetzung:
Lorch ... Dominik Bender
Kasprik ... Fridolin Meinl
Wesselbrunner ... Michael F. Stoerzer
Prolog ... Olaf Brühl
Eine Veranstaltung von HABBEMA - Bühne der Peter-Hacks-Gesellschaft
in Kooperation der Berliner Brûlerie mit caracalla.theater berlin e.V.
HABBEMA
Mülhauser Str. 6
10405 Berlin
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