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Rosinenpicken (57 | 58)

ORLANDO

PALADINO |


EUGEN

ONEGIN



Tom Randle ist ORLANDO PALADINO an der Deutschen Staatsoper Berlin, und von dem Bild her könnte man wohl meinen, dass Tom Randle auch den Räuber Hotzenplotz mitunter gibt. - Foto (C) Ruth Walz

Haydn war ein Vielschreiber; vielleicht ging es ihm nicht nur materiell, sondern auch "seelisch" hiermit gut. Und selbst ein Vita-Unkundiger (so wie ich) verbindet Haydn immer irgendwie mit seinem Auftraggeber auf Schloss Esterhaza; Brot und Spiele oder so - also war Haydn sicherlich kein Hungerleider, aber auch kein Vielfraß, denn was ich von Haydn kenne, klingt zumeist schön schlank und übersättigt nicht.

Ein Dutzend Opern hatte er so nebenbei gemacht. Den mangelt es vor allem an der Qualität der Stückbücher an sich; es sind so Lust- und Singspiele, und ihre Handlungen sind einfach blödsinnig. Orlando Paladino soll, wenn man den Urteilen der Spezialisten traut, das Beste dieses Dutzends sein. Der Meinung war auch René Jacobs. Also setzte er ihn (mit dem Freiburger Barockorchester) gern auf seinen Plan:

Noch ist uns jene konzertante Darbietung vor ein paar Wochen, unter Harnoncourt (mit den Berliner Philharmonikern), in launigster Erinnerung. Den Unterschied zu jetzt, also vom Klang her, machen wir ganz einfach in der Wahl der Instrumente fest; denn Harnoncourt probierte es rein klassisch, während Jacobs es "aufführungspraktischer" gesehen haben wollte; und bei Letzterem geht dieser impulsive (Wiener) Charme, gepaart mit spielerischem Frohsinn, irgendwie schon flöten...

Marlis Petersen (Angelica) sieht blond und kühl aus, und sie zwitschert wie eine Pirolin.

Sunhae Im (Eurilla) kann zwar noch viel höher pfeifen als die Petersen, klingt aber insgesamt dann umso leiser.

Doch Alexandrina Pendatchanska übertrifft sie beide, Petersen und Im; ja und obgleich sie die bedeutend unbelichtetere Rolle (der Alcina) singt, erahnen wir, und insbesondere nach ihrer (aus Il mondo della Luna weggeklauten) letzten Arie, wessen Stimmes Kind sie ist: Die "tiefen" Töne gurgelt sie so hocherotisch treffsicher wie einstmals Bartoli... wo Alles außer sich geriet.

Die Männer singen so lala.

Geplant war eigentlich, dass Jacobs/Mussbach die Armida Haydns an der Deutschen Staatsoper Berlin im Jubiläumsjahr herausbringen - das wurde nun am Ende leider nichts; der ganze Knatsch (um Mussbach/Barenboim) im letzten Jahr ließ dieses völlig andere der beiden Jacobs-Ziele schicksalhaft vereiteln.

Nigel Lowery's und Amir Hosseinpour's Inszenierung nervt nur, weiter nichts.

* *


Andris Nelsons hätten wir uns auch als neuen GMD der Deutschen Oper in Berlin vorstellen können - aber in der Hauptstadt flukturiert es ohnehin an höchst markanten Chef- und Dirigentenposten, Nelsons ist gottlob noch jung!! - Grafik (C) http://www.deutscheoperberlin.de



Eugen Onegin, in der schönen Sommergästeinszenierung von Götz Friedrich, hat es mittlerweile schon auf 38 Repertoireaufführungen gebracht; er ist ein echtes Zugpferd in der Deutschen Oper an der Bismarckstraße. Und sein beigefarbener Grundeindruck deutet auf ausgewogene Melancholie: Alle im Stück, außer Onegin halt, verlieren sich in alte Kindheitsmuster; angefangene oder versuchte Liebesdinge wurden oder werden von den manisch "Trauernden" im Keim erstickt; gesellschaftliche Zwänge und Privates fielen sicherlich erschwerend bei der jeweiligen Partnerfindung ins Gewicht...

Olga Guryakova, deren Sopran an Gwyneth Jones erinnert, ist die idealigste Tatjana, die ich je erlebte.

Bo Skovhus, der ihr zur Seite stehende und liegende geliebte Nichtliebhaber, fährt zum Ende hin, und durch Guryakovas Entwaffnungskunst geradezu enthusiasmiert, zur Bestform auf; zuvor war man als Hörer arg um seine Zisch- und Presswehen besorgt.

Andrej Dunaev's Lenskistimme lässt das feminine Publikum fast an den Rand des Irreseins geraten.

Und Paata Burchuladze hat seit eh und je in seiner Glanzrolle des Fürst Gremin nicht mehr als nur die eine Rentnerarie abzuleisten.

Dirigent des Abends ist der junge Lette Andris Nelsons. (Warum ER nicht auch als neuer GMD der Deutschen Oper im Gespräch gewesen war, muss an den herkömmlichen Star-Fixiertheiten von Intendanz und Politik gelegen haben; und Sir Runnicles wird erst noch kräftig zeigen müssen, wie und ob er überhaupt dann, also außer Wagner, auch noch Anderes hier können wollen würde...) Jedenfalls - ich konnte es von meinem Platz aus zusätzlich dann sehen - existiert ein anrührendes Einvernehmen zwischen Andris Nelsons und den Musikern; und seine Stückauffassung hallt sehr individuell und eindeutig aus dem Orchestergraben:

Herzschrittmacherisch!


Andre Sokolowski - 10. Mai 2009
ID 4299

Haydn: ORLANDO PALADINO (Staatsoper Unter den Linden, 06.05.09)
Musikalische Leitung: René Jacobs
Inszenierung: Nigel Lowery / Amir Hosseinpour
Ausstattung: Nigel Lowery
Choreographie: Amir Hosseinpour
Besetzung: Marlis Petersen (Angelica), Pietro Spagnoli (Rodomonte), Tom Randle (Orlando), Magnus Staveland (Medoro), Sunhae Im (Eurilla), Victor Torres (Pasquale), Alexandrina Pendatchanska (Alcina), und Arttu Kataja (Licone, Caronte)
Freiburger Barockorchester


Tschaikowski: EUGEN ONEGIN (Deutsche Oper Berlin, 07.05.09)
Musikalische Leitung: Andris Nelsons
Inszenierung: Götz Friedrich
Ausstattung: Andreas Reinhardt
Choreographie: Stefano Giannetti
Besetzung: Karan Armstrong (Larina), Olga Guryakova (Tatjana), Ewa Wolak (Olga), Liane Keegan (Filipjewna), Bo Skovhus (Onegin), Andrej Dunaev (Lenskij), Paata Burchuladze (Gremin), Hyung-Wook Lee (Hauptmann), Krzysztof Szumanski (Saretzki) und Peter Maus (Triquet)
Chor der Deutschen Oper Berlin
(Choreinstudierung: William Spaulding)
Orchester der Deutschen Oper Berlin





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