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6. Mai 2009, Staatsballett Berlin

SCHNEEWITTCHEN



Kurz nachdem die Zwerge aus den Baumhöhlen von ganz weit oben zu SCHNEEWITTCHEN runter auf die Erde kamen... - Foto (C) Enrico Nawrath http://www.staatsballett-berlin.de

Wie beim alten Maeterlinck

SCHNEEWITTCHEN geht bei Angelin Preljocaj so:

Das Königreich scheint zappenduster, doch vielleicht ist es bloß finster wie die Nacht. Die Königin schleppt Schwarz und trägt mit schwerem Schritt ihr Wunschkind, das sie traurig aus sich kreißt; sie überlebt den Vorgang nicht. Der König, schleppend schwarz so wie sein Weib, greift zu dem Kind (SCHNEEWITTCHEN) und gebietet, dass der Leichnam seiner Gattin fortgetragen wird. Das Kind ist Tochter, und es wächst im Zeitraffer zur schönsten Königstochter auf der Welt heran; die Welt besteht aus einem Königreich... das Königreich scheint zappenduster, doch vielleicht ist es bloß finster wie die Nacht; Thronsaal und Spiegelkabinett der bösen Stiefmutter (SCHNEEWITTCHENS Neiderin) bilden die eine Seite dieser Neumondlandschaft, und der Wald die andere.

Das - s. o. - ist die Handschrift Angelin Preljocaj's, der aus jenem allvertrauten Grimm'schen Horrormärchen vom SCHNEEWITTCHEN so was wie Pelléas/Mélisande für das Tanztheater schafft. Die Bühne hierzu zimmert ihm Thierry Leproust. Das modische Design liefert Jean Paul Gaultier.


Friss und stirb! Die böse Stiefmutter fackelt nicht lange mit SCHNEEWITTCHEN - Foto (C) Enrico Nawrath http://www.staatsballett-berlin.de


Und doppelprima, dass das Staatsballett Berlin nunmehr auf diese wundersame Produktion vom Ballet Preljocaj/Aix-en-Provence zurückgegriffen hat, um sie in seinem Spielplan, hoffentlich sehr oft und lange während, anzubieten.

Fast zwei Stunden wird der Zuschauer, über die Lautsprecher, mit Sinfonieauszügen Gustav Mahlers und gelegentlichen Synthesizereinsprengseln berieselt; nein, es nervt bestimmt nicht, denn die Auswahl und Zusammenstellung harmonieren gut.

Die Bilder überwiegen allemal und alles Andere; drei Beispiele:

Wie'n Spinnenkörperknäuel schwebt die Gruppe mit den sieben Zwerg-Protagonisten an herabgelassnen "Fäden", wo sie sich in einem Affenzahn herabseilt, auf und ab, vollführt zirzensische Artistik und macht trollderb Gruppentänze, also wie sie dann am Boden endlich angelangt ist; so etwas Verrücktes habe ich noch nie gesehen!
Und den "Toten-Tanz"!! Michael Banzhaf trägt und schleift den federleichten Leib von Shoko Nakamura, den er, wie von selbst, durch seine "unsterbliche" Liebe (zu SCHNEEWITTCHEN) nach und nach bewärmt, beseelt, wiederbelebt...
Wie schließlich Beatrice Knop, auf roten Schuhsohlen und wie auf Glühkoks tanzend, sich im Kreiselstrudel mehr und mehr erschöpft und ohnmächtig zusammenbricht.
Bestürzend, schön.

Ich bin gefangen und begeistert!!


Andre Sokolowski - red / 7. Mai 2009
ID 4296
www.andre-sokolowski.de


SCHNEEWITTCHEN - Ballett von Angelin Preljocaj (06.05.09)
Musik von Gustav Mahler
(Elektroakustische Ergänzungen: 79 D)
Choreographie: Angelin Preljocaj
Kostüme: Jean Paul Gaultier
Bühne: Thierry Leproust
Besetzung:
Schneewittchen ... Shoko Nakamura
Prinz ... Michael Banzhaf
Stiefmutter ... Beatrice Knop
Solisten und Corps de ballet des Staatsballetts Berlin
Premiere war am 26. April 2009
Nächste Vorstellungen: 17. | 19. | 22. Mai 2009 sowie
12. | 13. Juni 2009

Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsballett-berlin.de





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