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Uraufführung


6. März 2013, Premiere im Ballhaus Naunynstraße

I LOVE I

Tanzstück von Modjgan Hashemian


I Love I im Ballhaus Naunynstraße - Foto (C) Esra Rotthoff


(K)eine Brücke von Ufer zu Ufer

"'The holder of this passport is not entitled to travel to the occupied Palestine.' – 'Die Reise in das besetzte Palästina ist dem Halter dieses Passes verboten.' Dies ist seit der Islamischen Revolution 1979 Realität für iranische StaatsbürgerInnen. Und ein iranischer Name ist ein Garant, an Israels Flughafen auf diskriminierende Weise kontrolliert zu werden. Die Route von Tel Aviv nach Teheran kann mit gängigen Routenplanern nicht berechnet werden. Ein Kennenlernen ist fast unmöglich. Besser, der Feind bleibt Feind, um so die unversöhnliche Haltung beider Länder zu rechtfertigen.

Doch trotz des propagierten Feindbildes suchen Iraner und Israelis über soziale Netzwerke den Kontakt. In Gruppen, die sich 'Israel loves Iran' und 'Iran loves Israel' nennen, offenbaren sie sich scheinbar naiv ihre Liebe und teilen ihre Ängste. In Exzessen, die an Körperverletzung grenzen, feiern sie diese Angst weg. Aber in ihnen bleiben Narben – sind sie Ursprung einer kraftvollen Gebrochenheit ihrer Bewegungssprache? Was bewegt uns an dem Konflikt der beiden Länder? Haben sich die von klein auf suggerierten Feindbilder verinnerlicht? Welche Vorurteile haben sich verhärtet? Was weiß ich eigentlich von den anderen und was wissen sie über mich?

In
I love I durchdringen sich die Perspektiven des deutsch-iranisch-israelischen Ensembles. Ertappt bei den eigenen Vorurteilen, führen sie die Klischees ad absurdum und ergründen die politischen Verstrickungen hinter dem Konflikt. Sie entpuppen sich als Gefangene in einem Netz, aus dem es vermeintlich keinen Ausweg gibt."

(Quelle: Ballhaus Naunynstraße)




I Love I von Modjgan Hashemian - Foto (C) Lutz Knospe



Der mehrdeutige Titel dieses gestern Abend in und mit dem Ballhaus Naunynstraße uraufgeführten Tanzstückes von Modjgan Hashemian macht aufs scheinbar Einfachste plausibel, worum es den jungen Israelis und Iranern (Shiran Eliaserov, Kaven Ghaemi, Michael Shapiras, Maryam Zaree), die das Alles tanzten, ging: um ihre schlichte Menschenliebe zueinander (I für "Israel" und "Iran") sowie zu sich selber (I für "I").

Es war und ist ja immer so, dass junge - und von lauter Politik und grobem Herrschaftsdünkel unbeeinflussbare - Menschen einen eigentlichen und Naturdrang zueinander hegen, pflegen; ja und wenn sie das auf ihre einfache und unbedarfte Art und Weise (s. Quelle oben) halt nicht können oder dieses Grundbedürfnis menschlicher Hinzugezogenheit ihnen letztendlich gar verwehrt wird, kommen unbedingtes Unverständnis und noch mehr an Fragen über Fragen auf, warum die Welt um sie (und uns) herum nicht einfach "einfach", sondern kompliziert und schwer erklärbar ist...

Nun gibt es freilich diese sehr verlockende Verführung, Gleich mit Gleich zu tun, also "vergleichend" Argumente für und wider die politischen und herrschaftsdünkeligen Tatbestände auf der einen wie der andern Seite abwägender Weise auszutauschen; so was funktioniert dann immer oder meistens, wenn auf Humanistisches (Kultur, Kulturgeschichte) hingewiesen oder gar aufs einheimische Essen inkl. dem Dahersagen eines Rezeptes (Kuku) eingegangen wird. Schwieriger wird die Angelegenheit zumeist, wenn dann so militär-patthaftes Hin und Her dabei und/oder zusätzlich entsteht; das ist dann wie mit diesem Nichtzusammenzählenkönnen von Äpfeln und Birnen oder so.

Daher sei diesbezüglich - nur am Rande - noch einmal hervorgehoben, dass es in der Tat zwischen den "Sicherheitsbestrebungen" einer von Todfeinden umgebenen, weil westlich ausgeprägten Demokratie (Stichwort vom 'rote Linie überschreiten') und den sie bedrohenden Vernichtungsabsichten eines sich Islamische Republik nennenden Staates (Stichwort vom 'Verschwinden aus den Annalen der Geschichte') grundlegend zu unterscheiden gilt; Verursacher dieser Prinzipien (s. o.) sind nun wiederum Politiker oder Hegemonisten, und was die seit eh und je ihren so überantworteten Landeskindern nicht nur ideologisch abverlangten oder zumuteten - wäre aufzuklären oder aufzudecken schon ein Fall für sich; Betonkopf-Beispiele für hier und jetzt: Mahmud Ahmadinedschad, Benjamin Netanjahu usw. usf.

Maryam Zaree war übrigens Diejenige, die dieses leckere (iranische) Kuku-Essen rezeptisch zelebrierte und - zudem - diese fürwahr ironisch einzuschätzende "Grundsatzerklärung" (= Gleich zu Gleich) mit jenem kulminierend-schönen Ziel des insgesamten Friede-Freude-Eierkuchen deklarieren tat.

Berührend, großartig.


Andre Sokolowski - 7. März 2013
ID 6602
I LOVE I (Ballhaus Naunynstraße, 06.03.2013)
Choreographie: Modjgan Hashemian
Bühne/Kostüm: Shira Wachsmann
Licht: Asier Solana
Musik: Oliver Doerell, Nuri Dehdashti und Nur Ben Shalom
Dramaturgie: Anke Sauerteig
Produktionsleitung: Sylvia Erse Keller
Trainingsleitung und Produktionsassistenz: Michele Meloni
Tanz: Shiran Eliaserov, Kaveh Ghaemi, Michael Shapira und Maryam Zaree
Uraufführung war am 6. März 2013
Weitere Termine: 8. - 11. 3. 2013
Eine Produktion von Modjgan Hashemian in Koproduktion mit Kultursprünge im Ballhaus Naunynstraße gemeinnützige GmbH i.G. Gefördert durch die Einzelprojektförderung des Landes Berlin


Weitere Infos siehe auch: http://www.ballhausnaunynstrasse.de


http://www.andre-sokolowski.de



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