Das
(dritte)
gute Leben
|
|
Bewertung:
Leon Ullrich / Johann Kuithan haben für Das gute Leben auf der Straße oder irgendwo zig Umfragen gemacht. Das war und ist ihr Thema, und hiermit hatten sie zwischenzeitlich auch schon zwei (voneinander unabhängige) Abende performt und waren diesbezüglich unterwegs. Gestern fand nun Teil 3 des Unternehmens statt - im Ballhaus Ost, wo die Ägypterin Doaa Ahmed, eine studierte Germanistin, momentan als Praktikantin jobbt; sie wurde also quasi "mit ins Boot genommen", machte also auch so Umfragen... Entstanden war und ist ein soziokultureller Querschnitt innerer wie äußerer Befindlichkeiten unsrer mitmenschlichen Nachbarschaft, den sie von Pankow über Kairo bis nach Stendal - durch gehartnäckigtes Umfragen halt - beinah wie von selbst erhaschten:
Erst mal kommen die zwei Männer rein und zieh'n sich gegenseitig ihre Hemden aus, um halbnackt vor dem hinten aufgestellten Bibel-Baum aller Erkenntnisse die Eingangsfrage aufzuwerfen, wer denn nun für jenen ursächlichen Sündenfall der Menschheit zur Verantwortung zu ziehen sein sollte: er oder er?? (Doaa spielt derweil, im Abseits, Gottvater als Knusperhexe.) Um geschmeidig einen Übergang zum ersten Randthema "Am Anfang war Erziehung" zu erlangen, probten die drei Mimen diese Art Prolog - worauf sofort die Kernaussagen der von Doaa vorbefragten oder interviewten Mutter von zwei Kindern zur Debatte standen, die dann sinngemäß behauptet haben soll, dass ihr persönlich gutes Leben dann wäre, wenn ihre Kinder später einmal hellwach durch das Leben gingen oder so...
Johann zitiert zumeist aus Büchern oder aus 'nem Ordner mit den schreibmaschinlich abgetippten O-Ton-Aussagen seiner zuvor Befragten oder Interviewten.
Leon imitiert, spielt und gestaltet das von ihm zuvor in echt Gehörte - - diese Monologe nehmen sich dann wiederum, als Teil und Ganzes, individuell und spannend aus; da bleibt man geistig wach und hat viel Spaß beim Zuhören und Zusehen.
*
Herauskam, dass alle Befragungen und Interviews kurz vor der Bundestagswahl hie und da zustande kamen; daher wurden die Betroffenen zumeist nach ihren jeweiligen Ankreuzungen (erste sowie zweite Stimme) nebenbei befragt - die Reaktionen waren so verblüffend wie genauso widersprüchlich obendrein, dass man sich letzten Endes keinen echten Reim auf das politisch Rückschlüssige hätte machen können.
Und das letzte Drittel der Performance wird durch einen Schnitt markiert - die Ausstatterin Vera Koch (im Tigerkostüm) mischt sich plötzlich als die Vierte in der darstellenden Runde; und auch sie berichtet, was bei einem der Gespräche oder Interviews zuvor in echt zu hören war.
So ging das hin und her...
Die anfängliche Kurzweil drohte mit gewissen Längen auszuufern. Bis "Der Mond ist aufgegangen" durch die gute Vera leise abgesungen worden war, und zwar mit allen seinen Strophen; mega-gähn.
Ansonsten: Hab' schon viel, viel Langweiligeres bei Off's erlebt.
|
Das gute Leben³ im Ballhaus Ost | Foto (C) Sabrina Sarabi
|
Andre Sokolowski - 12. November 2017 ID 10363
DAS GUTE LEBEN³ (Ballhaus Ost, 11.11.2017)
Performance und Konzeption: Leon Ullrich und Johann Kuithan
Künstlerische Mitarbeit: Doaa Ahmed
Bühne und Kostüme: Vera Koch
Premiere war am 11. November 2017.
Weitere Termine: 12.11. / 02., 03.12.2017
Eine Produktion von Leon Ullrich und Johann Kuithan in Kooperation mit dem Ballhaus Ost
Weitere Infos siehe auch: http://dasguteleben.net
http://www.andre-sokolowski.de
Freie Szene
Uraufführungen
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|