Protest-
Theater
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Gastspiel des Teatr Powszechny mit Der Fluch | Foto (C) Magda Hueckel/HUECKEL-STUDIO
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Bewertung:
Das Teatr Powszechny gastierte gestern Abend mit seiner international Aufsehen erregt habenden weil skandalumflorten Produktion Der Fluch (Regie: Oliver Frljić) im Berliner Gorki; Anlass war das kleine Festival "Berlin-Poznań-Warszawa" zum Themenschwerpunkt Polen (da kann man noch bis Sonntag Arbeiten von Marta Górnicka, Krzysztof Minkowski sehen und/oder bei Podiumsdiskussionen live dabei sein).
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Der Regisseur "entführt uns in ein Land, in dem keiner leben will, keiner leben kann. Ein Land, in dem religiöser Eifer und fremdenfeindlicher Wahn Alltag sind. Die Inszenierung basiert auf Stanisław Wyspiańskis Drama Der Fluch (1899), das die realen Ereignisse in Gręboszów beschreibt: Eine Frau wird vom Priester des Dorfes schwanger, daraufhin von der Gemeinschaft ausgegrenzt und gesteinigt. In drastischen und radikalen Bildern wird die nationalistisch sexistisch totalitäre Lebensrealität im gegenwärtigen Polen angeprangert." (Quelle: gorki.de)
Die sich dann über anderthalb Stunden ereignet habende Protest-Flut (mit womöglich vielen für das polnisch-katholische Selbstverständnis schwerlich hinnehmbaren Bildern, beispielsweise wenn Papst Wojtyla im Pappmaché mit erigiertem Schwanz als Lutschvorlage für die Schauspielerin Klara Bielawka [oder war's eine andere? egal auch] rein- und wieder rausgefahren wird) korrespondierte mit nicht weniger herausgeblasenen Protest-Textblasen - derart überstürzt und fast schon hyperventilierend, dass man dann beim Lesen all der simultanen Übersetzungen kaum nachgekommen war; die reichlich anwesenden Freunde und Kollegen der betroffenen Region hatten es da natürlich viel, viel leichter dem Geschehen ganz barrierefrei zu folgen, "es" erreichte sie, und zwar nicht nur originalsprachlich bedingt, mithin direkter [als wie mich, zum Beispiel].
Ja, man spürt - auch über diesen schönen Freiraum des Theaters - allgemein die angestaute und auch anhaltende Wut der (sagen wir es so:) meist fortschrittlichen Klientel im Nachbarland. Manifestiert und personalisiert wird dieses Grundempfinden - in Der Fluch - durch einen "Tötungsaufruf" gegen Polens heimlichen Staatsführer Jarosław Kaczyński; diese hochmakaber-spielerische als wie hochironisch-distanzierte Art eines Protestgebarens wäre, lt. dem Stücktext, analog der seiner Zeit von Christof Schlingensief performten documenta-Kunstaktion Mein Filz, mein Fett, mein Hase (wo er 1997 das umstritt'ne Schild, wo drauf stand "Tötet Helmut Kohl", hochhielt) erfolgt - - für polnische Verhältnisse, so wie sie derzeit herrschen, allerdings dann schon etwas gewagt, das muss man einfach dazu wissen.
Schwer erträglich auch die kurze Szene, als ein angeblich auf Moslems abgerichteter (in echt natürlich auf ganz zahmzart hindressierter) Kampfhund auf die Bühne geseilt wurde, während man gleichzeitig das Publikum mit Scheinwerfern bestrahlte und auf Muslimhaltigkeit absuchte - auch als Seitenhieb auf Merkels längst schon wieder abgemaute Flüchtlingswillkommenskultur gedacht gewesen; ekelhaft dann allerdings der ausgestoß'ne Satz, wonach der oder die ihn Ausgestoßenhabende noch unbedingt erwähnen zu müssen glaubte, dass er/sie dann Schwänze lutschen würde außer die von Juden, Schwulen, Türken oder Moslems.
Bloße Auswüchse eines Protest-Theaters halt, mehr nicht.
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Gastspiel des Teatr Powszechny mit Der Fluch | Foto (C) Magda Hueckel/HUECKEL-STUDIO
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Andre Sokolowski - 8. Juni 2017 ID 10073
DER FLUCH (Maxim Gorki Theater, 07.06.2017)
Regie: Oliver Frljić
Bühne: Małgorzata Dzik
Kostüme: Sandra Dekanić
Licht: Jacqueline Sobiszewski
Dramaturgie: Agnieszka Jakimiak, Joanna Wichowska und Goran Injac
Mit: Karolina Adamczyk, Klara Bielawka, Maria Robaszkiewicz, Barbara Wysocka, Julia Wyszynska, Jacek Beler, Arkadusz Brykalski und Michał Czachor
Gastspiel des Teatr Powszechny
Weitere Infos siehe auch: http://www.powszechny.com
http://www.andre-sokolowski.de
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