Mein lieber
Schwan
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Schwanensee | © Bolschoi Staatsballett Belarus
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Bewertung:
Adventszeit ist Märchenzeit. Eltern und ihre Kinder besuchen die Oper, um sich gemeinsam in zauberhafte Welten entführen zu lassen. Während in der Hauptstadt das Orchester der Deutschen Oper Berlin Tschaikowskys mitreißend leidenschaftliche Musik zu Dornröschen noch live spielt, erklingt beim Gastpiel des Bolschoi Staatsballetts Belarus im Bonner Opernhaus die Musik von Schwanensee (mit dem Symphonieorchester des russischen Nationalballetts) vom Band. Die Minsker Truppe präsentierte eine opulente und eindrückliche Vorstellung. Die volkstümlichen, goldbestickten Kostüme der über 45 Tänzerinnen und Tänzer unterstreichen, recht brav-bieder gehalten, den familienfreundlich züchtigen Gestus der Inszenierung.
Gerade volljährig geworden, verliebt sich Prinz Siegfried in die verwunschene Schwanenprinzessin Odette, die mit anderen Jungfrauen - von König Rotbart in Schwäne verwandelt - gefangen gehalten wird. Die Schwanenmädchen tanzen auf technisch hohem Niveau eindrucksvolle Fouettés, schlagen Kapriolen und drehen Pirouetten. Sie posieren synchron mit ihren weißen Tutus und bewegen ihre Arme grazil wie rauschende Flügelschläge. Oleg Jeromkin verkörpert ausdrucksvoll einen eleganten und anmutigen Prinzen Siegfried. Aleksandra Tschischik schwelgt leichtfüßig grazil und voller Pathos als kapriziöse, unnahbare und verletzlicher weiße Schwanenprinzessin Odette wie auf Wolken. Ljudmila Chitrowa agiert als ihr Counterpart Odile und Meisterin der Arabesque puppenhaft, aufreizend und verlockend. Sie zeigt den schwarzen Schwan als gerissene Verführerin mit technischer Raffinesse. Takatoschi Matschijama gibt als gewitzter, vitale Luftsprünge vollführender Hofnarr eine köstliche Vorstellung. Anton Krawtschenko schließlich überzeugt als diabolischer Zauberer Rotbart agil mit hinterlistiger Präsenz.
Wer auf Schwanensee durch bekannte Filme wie Black Swan (2010) und Billy Elliott – I Will Dance (2000) aufmerksam wurde, könnte enttäuscht sein, denn diese Filme thematisieren modernere Adaptionen des Balletts. In der klassischen, recht konservativen Inszenierung von Juri Trojan und Alexandra Tichomirowa sehen die Zuschauer nicht den weißen Schwan – wie im Psycho-Thriller Black Swan – formvollendet sterben. Sämtliche Schwäne werden auch mit Tänzerinnen besetzt, anders als im Drama Billy Elliott, wo Männer die Schwäne tanzen. So wird das Tanzgastspiel vielleicht dem im Programmheft festgehaltenen Ansinnen gerecht, die deutsch-weißrussische Freundschaft im Zeichen der Toleranz und gegenseitigen Anerkennung zu festigen, ohne jedoch durch mutige Kniffe und inszenatorische Einfälle einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und vielleicht sogar dem erstarkenden russischen Konservativismus zuwiderzulaufen.
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Schwanensee | © Bolschoi Staatsballett Belarus
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Ansgar Skoda - 13. Dezember 2016 (2) ID 9748
Weitere Infos siehe auch: http://www.bolschoibelarus.com
Post an Ansgar Skoda
http://www.ansgar-skoda.de
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