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DIE VERWANDLUNG am Düsseldorfer Schauspielhaus


Bewertung:    



[An dieser Stelle soll und muss - vergleichsweise zu Nachfolgendem - an die untoppbare Inszenierung Der Prozess nach Kafka, die der Russe Andrej Mogutschi im Düsseldorfer Schauspielhaus 2013 stemmte, auf das Unvermeidlichste erinnert sein! Die Mega-Produktion verschlug uns ihrer Zeit den Atem. | Anm.d.Red.]

*

Uneinheitlich mit verschiedenartigen Steh- und Tischleuchten in leichte Düsternis getaucht ist das Bühnenbild von Regisseur Alexander Müller-Elmau; uneinheitlich auch durch zwei unterschiedlich hohe Ebenen, auf denen sich das Geschehen abspielt. Auf der oberen Bühnenebene stehen Glasbehälter mit farbigen Flüssigkeiten und ein Terrarium. Frau Samsa (Bettina Kerl) und Herr Samsa (Jonas Gruber) bewegen sich hier geschäftig tüftelnd, wenn sie über das Terrarium oder über Aktenberge auf einen mächtigen Schreibtisch gebeugt sind. Auf der linken Bühnenhälfte rieselt während der gesamten Spieldauer ein weißes Pulver von oben herab. Auf der rechten Bühnenhälfte wird ein Leinwandbild live projiziert – übertragen wird wie mit einer Art Überwachungskamera das Geschehen der unteren Bühnenebene. Hier schläft Gregor (Daniel Fries), der Sohn der Samsas, auf angehäuften Matratzen, eingerollt in ein Laken wie ein verpuppter Engerling in seinem Kokon, bekleidet nur mit einer Unterhose. Gregor zuckt erwachend zusammen, als Frau Samsa gegen das Terrarium klopft. Ist er bereits ein Käfer im Terrarium? Das Geschehen der verschiedenen Ebenen scheint kunstvoll verschränkt.

Bald begeben sich die Eltern in die untere Bühnenebene und suchen ihren Sohn. Über Nacht ist etwas Unheimliches mit Gregor geschehen. Die Eltern verstehen seine Worte nicht mehr und finden ihn nur mit Mühe versteckt und verändert unter den zahlreichen Matratzen. Entsetzt ist der Vater auch darüber, dass Gregor so nicht mehr zur Arbeit gehen und das Auskommen seiner Eltern sichern kann. Herr Samsa sucht ein Ventil für seine plötzlichen Angst- und Frustgefühle, indem er seine Frau angeht. Unmotiviert heftig begeben sich Frau und Herr Samsa jetzt in eine Art Zweikampf, der im nächsten Moment einer Kopulation und dann einer innigen Umarmung gleichkommt.

In Müller-Elmaus Inszenierung voller gewollter Uneindeutigkeiten werden Spannungsmomente immer gleich im nächsten Moment verworfen. Die Charaktere kehren dann zur Ausgangssituation zurück, als wäre der Moment zuvor nicht dagewesen. Rollen werden bald getauscht und die Darsteller setzen zahlreiche Akzente mit Gestik und Mimik, trotzdem bleiben so ihre Figuren facettenlos und blass. In seiner freien Adaptation von Kafkas Erzählung Die Verwandlung (1915 erschienen, also vor hundert Jahren) arbeitet Müller-Elmau andeutungsreich und zitiert auch zahlreiche andere Werke Kafkas. Das Geschehen plätschert ideenreich vor sich hin, bleibt aber immer undurchsichtig, konzeptlos und spannungsarm. Recht pointenlos sind so insbesondere Wiederholungen, in denen die fürsorgliche Hausfrau und Mutter Ehe- oder Sohnemann mehrfach Bier und Braten anbietet. Leider kann auch das beeindruckende, letztlich jedoch auch uninspirierte Bühnenbild der Inszenierung keinen Sinn erschließen. Die traum- und rätselhaften Bilder irritieren, ohne Erklärungen anzubieten – die Regie dachte sich wohl, dies sei „kafkaesk“.



Titelblatt der Erstausgabe Die Verwandlung von Franz Kafka mit der Jahreszahl 1916 | Bildquelle: Wikipedia

Ansgar Skoda - 18. September 2015
ID 8876
DIE VERWANDLUNG (Kleines Haus, 14.09.2015)
Regie und Bühne: Alexander Müller-Elmau
Kostüme: Julia Kaschlinski
Musik: Fabian Kalker
Dramaturgie: Armin Breidenbach
Licht: Konstantin Sonneson
Besetzung:
Gregor Samsa ... Daniel Fries
Frau/ Frau Samsa/ Wächter … Bettina Kerl
Hans Miklas/ Dr. Ihrig/ Schüler/ Conférencier … Jonas Gruber
Premiere am Düsseldorfder Schauspielhaus war am 10. September 2015
Weitere Termine: 24. + 29. 9. / 1., 9., 15., 21., 24., 27. + 29. 10. / 11., 18., 23., 25. + 27. 11. 2015


Weitere Infos siehe auch: http://www.duesseldorfer-schauspielhaus.de


Post an Ansgar Skoda

http://www.ansgar-skoda.de



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