Von deutscher
Schwere und des
Herzens Leichtig-
keit
HERZSTÜCK/MAUSER von Heiner Müller
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Bewertung:
Bevor man den eigentlichen Spielraum betritt, wird der Zuschauer in der Grotte, einem kleinen, aber feinen Nebenspielort des Schauspiel Kölns auf dem Gelände des Carlswerks, an einem Schreibtisch vorbeigeleitet, auf dem eine Schreibmaschine steht und daneben ein Aschenbecher mit einer Zigarre. Nur Heiner Müller selbst fehlt. Aber seine Texte hängen in der Fassung, in der sie gespielt werden, an der Wand.
Die Grotte ist ein Spielort in einem Container, den man auch - darauf macht der Schauspieler Niklas Kohrt gleich zu Beginn aufmerksam - verlassen kann, bevor das Spiel beginnt, denn das sei nichts für zimperliche Nerven. Ganz so schlimm wird es dann doch nicht, und die Zuschauer haben wenig Grund, den Spielort frühzeitig zu verlassen, dauert die Aufführung doch ohnehin nur knapp über eine Stunde. Eng an eng sitzt man auf Bierbänken, das Geschehen entspinnt sich auf kleinstem Raum. Den Beginn markiert Herzstück, ein überraschend leichter, schwebender Text dieses so sprachgewaltigen deutschen Dramatikers, der wie kaum ein zweiter geschichtliche Referenzen in seine Texte hineinwebte und mit ordentlicher Schwere daherkommt. Da passt der zweite Text – Mauser – eher ins Bild, in dem ein Revolutionär mit der Revolution hardert und mit dem Grundsatz, dass man keine Menschen tötet, sondern Feinde.
Franziska Harm hat einen klaren Raum für den Abend geschaffen. Vor der ersten Bankreihe eine ovale Spielfläche mit der Containerwand im Rücken, auf dieser Spielfläche ein niedriges Podest, auf dem Niklas Kohrt zu Beginn und am Ende liegt. Der enge Spielraum ist extrem gut ausgeleuchtet und damit klar definiert, so dass trotz der Nähe zu den Schauspielern die Zuschauersituation nicht verloren geht. Schade nur, dass der Schreibtisch nicht einbezogen wird.
Andrea Imler führt ihre Schauspieler ohne große Aufregung oder Mätzchen. Die Konzentration gilt dem Text, dem gesprochenen Wort. Niklas Kohrt hat seinen großen Auftritt im Mauser-Text, wenn er sich als abtrünniger Revolutionär vor einem Tribunal rechtfertigt und seinem eigenen Tod zustimmen muss. Seine Partnerin Lou Strenger ist weniger für die lauten Töne und die zackigen Gesten zuständig, sondern für das Ruhige, Geerdete. Es ist interessant, Heiner Müllers Texte von jemandem zu hören, der sie mit sanfter Stimme spricht. Wunderbar gespielt ist dann von beiden gemeinsam das kleine Intermezzo am Hofe Friedrichs des Großen (Strenger), der sich beim Regieren durch das Klappern der Mühle des Müllers (Kohrt) gestört fühlt. Mit Clownsnase ausgestattet ziehen die beiden alle Register einer Komik, die sich auch körperlich umsetzt, wenngleich ganz subtil und mit wenigen minimalistischen Bewegungen.
Herzstück/Mauser ist ein guter Anlass, sich mal wieder mit Heiner Müller zu beschäftigen. Leichte Kost ist das sicherlich nicht, aber seine Texte haben uns noch einiges zu sagen.
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Karoline Bendig - 25. April 2015 ID 8598
HERZSTÜCK/MAUSER (Grotte, 22.04.2015)
Inszenierung: Andrea Imler
Bühne: Franziska Harm
Kostüme: Oscar Sahlieh
Musik: Kai Krösche
Dramaturgie: Nadja Groß und Nina Rühmeier
Mit: Niklas Kohrt und Lou Strenger
Premiere am Schauspiel Köln war am 8. März
Letzter Termin: 20. 5. 2015
Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspielkoeln.de
Post an Karoline Bendig
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