20. April 2014 - Deutsches Theater Berlin
GIFT
von Lot Vekemans
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Gift am Deutschen Theater Berlin - Foto (C) Arno Declair
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Unfassbarer Weise habe ich bis dato Dagmar Manzel noch nie in einer Sprechtheater-Rolle in Berlin erlebt - was freilich reiner Zufall ist, denn: Dagmar Manzel zählt ganz zweifelsohne zu den großen Mitgestalterinnen des deutschsprachigen Theaters überhaupt; das allererste Mal, als ich sie auf der Bühne live erlebte, war in Wolfgang Engels Dresdner Nibelungen-Inszenierung weit-weit vor der sog. Wende - danach (1983) war sie eine der jahrzehntelangen DT-Vorzeige-Diseusen, was ihr allerdings bald nicht mehr reichte und weswegen sie geradezu urplötzlich-überraschend zum Gesangfach desertierte (als Großherzogin von Gerolstein); seither "nutzt" Barrie Kosky ihr spektakuläres Allseitskönnen, um sie Jahr für Jahr in aufwändigen Produktionen der Komischen Oper Berlin tatkräftig einzubinden. Vollkommen zurecht! Sie kann halt Alles!! [Sogar schweigen - wer sie also einmal derart sehen will: Im Kino läuft z.Z. der Spielfilm Stiller Sommer, wo sie eine stumme Kunsthistorikern spielt.]
Nun konnte ich sie also (endlich!!!) auch einmal an ihrem alten Stammhaus in dem schönen Gift-Stück von Lot Vekemans besichtigen:
Da spielt sie - an der Seite Ulrich Matthes' [an dessen vorjährigen Aschemond-Auftritt an der Staatsoper im Schiller Theater anlässlich seiner Wiederaufnahme am 23. Juni d.J. deutlicher denn je erinnert werden soll] - eine Frau, die ihrer Trauer über den Verlust des tödlich verunfallten Sohns nicht richtig herre zu werden vermochte und seitdem (über zehn Jahre ist es her) gar unverhältnismäßig leidete und leidet. Alles das hat freilich mehr noch mit dem Ex-Mann dieser Frau, der sie (ein Jahr nach Hinscheiden seines und ihres gemeinsamen Kindes) Hals über Kopf verließ und keinerlei Erklärungen hierzu abgab, zu tun. Jetzt will sie endlich "Auskunft", und sie inszeniert ein Wiedersehen auf dem Friedhof, wo angeblich wegen einer Bodenkontermination die Grabstatt Jakobs (= Name des Verstorbnen) umgebettet werden soll, was allerdings erst nach angeblich unumgänglich zu erfolgender gegenseitiger Unterschriftennahme möglich wäre oder so...
Das Aufeinander-Treffen nach so vielen Jahren wird zum lebensphilosophischen (er!) als wie liebesaufwärmenden (sie!) Hin-Her-Gekämpfe inkl. eines körperlichen Schlag-Abtauschs - - natürlich gibt es keine "Lösung" des Problems (was sie ja hat, weil sie ihn anhaltender Weise liebt und so nicht lassen will und kann); aber auch reinste Lebens- oder Liebestheorien (welche er als der angeblich Über-allen-Dingen-Stehende großzügig-wohlwollend dann von sich gibt) führen nicht wirklich weiter, nein. Denn eigentlich wollte sie lediglich von ihm dann, was letztendlich auch erfolgte, abschiednehmend in den Arm genommen werden. Weiter nichts.
Großartiger kann man nicht miteinander schauspielern!!
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Gift am Deutschen Theater Berlin - Foto (C) Arno Declair
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Bewertung:
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Andre Sokolowski - 21. April 2014 ID 7764
GIFT (Deutsches Theater Berlin, 21.04.2014)
Regie: Christian Schwochow
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Pauline Hüners
Dramaturgie: John von Düffel
Mit Dagmar Manzel und Ulrich Matthes
Premiere war am 9. November 2013
Weitere Termine: 10. + 13. 5. 2014
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutschestheater.de
http://www.andre-sokolowski.de
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