Sozialhilfeempfänger killt Auktionatorin
|
Giovanni Arvaneh und Sylvia Barth (als Don José und Carmen) | Bildquelle: sylviabarth.de
|
Bewertung:
Carmen (von Bizet) ist sicherlich die allbekannteste und allbeliebteste Oper der Welt. Man muss all das, was so in ihr passiert, schon als Paradeschnulze allererster Güte einklassifizieren: Liebe, Eifersucht und Tod - um nicht viel mehr und nicht viel weniger geht's in dem Stück (lt. seiner gleichnamigen Stückvorlage aus der Prosper Mérimée-Erzählung). Und das schreit geradezu nach ziemlicher Verarsche...
Sylvia Barth - ihres Zeichens Schau- und Puppenspielerin [s. Homepage] - hat sich also ihren eig'nen Teil dabei gedacht und Carmen frech und frisch geheutigt; ihre Opernfarce geht etwa so:
Carmen verdient sich ihre Kröten als Auktionatorin. Angelegentlich ihrer wahrscheinlich nicht ganz astreinen Erkundungsgänge durch Museen oder Galerien (klaut sie etwa das, was sie dann späterhin verscherbelt?) hat sie justament eine Begegnung mit José, der als Museums- oder Galeriewächter dortselbst agiert. Ihn zieht sie unvermittelt mit hinein in ihre kriminellen Machenschaften (also doch in potenziellen Klauabsichten!) - und José wird daraufhin vom Chef entlassen - - den Museums- oder Galerieschlüssel besitzt er aber noch; ja und so schreiten er & Carmen frisch zur Tat o.s.ä.
Das hat irgendwie auch was von Bonnie/Clyde, nur dass es weniger spektakulär oder erfolgreich läuft, denn: Der José, der zwischenzeitlich bei der Carmen in der Wohnung von ihr eingezogen ist, dümpelt nur noch so vor sich hin, wahrscheinlich "lebt" er zwischenzeitlich von ALG 2, und Carmen zahlt halt dann die Miete. Jedenfalls tut das dem anfänglichen Frischegrad an Liebe überhaupt nicht gut; ja und so sieht sich Carmen dann nach etwas Frischerem ganz nebensächlich um - ein schöner Fremder streift mit seiner Stierkampf-Show durch ihren Kiez, ja und wahrscheinlich kam und kommt es so zum sexuellen Gau / José kriegt's raus und tötet Carmen.
*
Das Beste dieser wahrlich lustigen Performance sind die gut gemachten Videos von Ralf Jenke! Und Giovanni Arvaneh fällt dort in seiner Rolle des Sozialhilfeempfängers Don José allervorzüglichst auf!! Die Barth ist, rein vom Optischen her und auch wegen der Perücke, so ein unverwechselbares Zwischending aus Eva Mattes und Antonia Rados - und per Film kommt sie sodurch noch viel, viel besser rüber als in ihrer manchmal etwas ungelenk sich hinziehenden One-Woman-Show. Dennoch:
Haben uns prima unterhalten.
|
Andre Sokolowski - 24. März 2016 ID 9216
CARMEN (ACUDtheater, 23.03.2016)
frei nach Merimee mit der Musik von Bizet für eine Schauspielerin, einer Puppe und Videoclips
Mit: Sylvia Barth (Carmen), Giovanni Arvaneh (Don José), Victor Juarez Hernandez (Escamillo) und Javier Hurtado de la Meza (Chef)
Kamera: Ralf Jenke
Premiere in der Brotfabrik Berlin war am 3. Dezember 2015
Weiterer ACUD-Termin: 24. 3. 2016
Weitere Infos siehe auch: http://www.sylviabarth.de
http://www.andre-sokolowski.de
Rosinenpicken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
TANZ IM AUGUST
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|