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nachDRUCK # 6

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Rosinenpicken (398)

Marthaler-

endzeit-

stimmung



(C) Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

Bewertung:    



Christoph Marthaler und Anna Viebrock sind seit 1993 Quasi-Mitfamilienmitglieder der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz - ihr inzwischen legendär geword'ner Murx-Hype hielt sich immerhin bis vor elf Jahren fest im Spielplan. Er, der Regisseur und Musiker mit einem ausgewiesenen Alleinstellungsmerkmal, und sie, die großartige Bühnen- und Kostümdesignerin, hatten seither das eine um das andre Mal ihr hochspezifisches Skurril-Theater fortgeführt und zugespitzt - - weiterentwickeln (also "neu" bzw. "anders" werden) taten sie sich freilich in der ganzen Ära nicht.

Nun haben sie womöglich einen ihrer letzten VB-Coups gelandet, denn: Ob all die "alten" Sachen dem ab nächsten Herbst hier chefpositionierten Kunst-Kurator in den Kram passen, weiß momentan (und offiziell) wohl Niemand; Dercon hat noch immer nix von seinen künstlerischen Intentionen preisgegeben - apropos (wenn wir schon mal dabei sind); auch der Castorf, unser aller Favorit für Alles und für alle Ewigkeit, hat seinerseits dann auch noch keinen vollständigen Spielplan seiner letzten Intendant-Saison verlautbart; man weiß zwischenzeitlich zwar, dass er Faust 2 (als Abschiedskeule) inszenieren wird - mehr aber nicht. Aber egal; es wird wohl schräg & kräftig werden, so wie eh und je.

*

Bekannte Gefühle, gemischte Gesichter - als "Eventuell" klassifiziert - beeindruckt durch bekannte und gemischte Acapella's, die die Ausführenden (großteils, bis auf ein paar Ausnahmen, gestandene und eingefleischte MusikerInnen jeglicher Couleurs) so von sich geben. Tora Augestad ist dabei permanent mit einem durchdringenden Cantus Firmus auszumachen, Ueli Jäggi singt und summt, wie stets, den Kontra-Bass. Die tollen Arrangements stammen von Benedix Dethleffsen, der - wie Jürg Kienberger - auf dem Klavier/Harmonium unentwegt auch noch den ganzen andern Rest an musikalisch Dargebotenem begleitet. Außer Klassischem vernimmt der Zuhörer z.B. "Wir sind jung, die Welt ist offen" oder "Brüder zur Sonne zur Freiheit"; und als Special Guests der Schweizer Marthalerfamilie mischen (wieder) die zwei Ex-VB-Ost-Stars Hildegard Alex oder Ulrich Voß vorzüglichst mit. Und Sophie Rois ist auch dabei und kehrt den Fremdkörper im Kleinen Schwarzen raus...

Handlung gibt's keine oder doch (vielleicht):

Marc Bodnar fährt die Marthalerfamilie nach und nach als Wanderausstellungs-Objekte (in zig Kisten und zig Kästen und auf Packwagen) herein/heraus. Der fast spitzdachige und wegen seiner Ober-Dach-Fenster schier lichtdurchflutete Viebrock-Museumsbau gemahnt an eine Galerie; es gibt auch einen Fahrstuhl, der dann immer hoch und runter fährt und aus dem Leute raus- und reintreten, um mit ihm hoch und runter zu gelangen... Alle wirken irgendwie am Rande der Totaldemenz; und selbst die "Jüngeren" (= die jünger als Irm Hermann sind) wirken dann so, als wären sie schon immer älter als in Wirklichkeit; aber so war und ist es immer bei den Marthaler'schen Konstruktionen.

Bis zum Punkt, wo Sophie Rois ihr hypergeiles "Za, za, za"-Chanson zum Besten gibt, ist man auf lauter neue Überraschungen gefasst und wird/wurde bis dahin nicht enttäuscht. Doch dann flachte es inflationärer Weise ziemlich ab. Ergo - Blick auf die Uhr: "Wie lange geht die Scheiße noch?!"

Fundamentales Fazit:

Trotzdem gut.
Andre Sokolowski - 25. September 2016
ID 9576
BEKANNTE GEFÜHLE, GEMISCHTE GESICHTER (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 24.09.2016)
Regie: Christoph Marthaler
Bühne und Kostüme: Anna Viebrock
Licht: Johannes Zotz
Ton: Klaus Dobbrick
Dramaturgie: Malte Ubenauf und Stefanie Carp
Mit: Mit: Hildegard Alex, Tora Augestad, Marc Bodnar, Magne Håvard Brekke, Raphael Clamer, Bendix Dethleffsen, Altea Garrido, Olivia Grigolli, Irm Hermann, Ueli Jäggi, Jürg Kienberger, Sophie Rois und Ulrich Voß
Uraufführung war am 21. September 2016
Weitere Termine: 25., 27. 9. / 2., 5. 10. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.volksbuehne-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de

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