Eibe,
Beifuß,
Brennnessel
YEW von und mit Angela Schubot & Jared Gradinger
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Foto (C) Rachel de Joode
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Bewertung:
Es soll ja tatsächlich noch Menschenkinder geben, die - falls sie in großen Städten, also dort wo's ziemlich laut und "zivilisatorisch" zugeht, arbeiten und wohnen - das Natürliche sprich die Natur viel, viel, viel besser finden als den furchtbar lauten Zivilisationsscheiß, der sie tagtäglich umgibt. Auch ich bin so ein Typ von Mensch, der wohl viel, viel, viel lieber dort, wo's nicht so laut & pseudozivilisatorisch zugeht, sein möchte, weswegen es mich immer drängender, ja und je älter ich dann werde, fast schon fluchtartig zum Wald hin zieht.
Ich war und bin also ein dankbarer Erleber dessen, was mir Jared Gradinger / Angela Schubot gestern Abend im HAU3 über Natürliches sprich die Natur vermittelten - sie nannten ihre Vorstellung schlicht, einfach und ergreifend YEW (was aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt schlicht, einfach und ergreifend "Eibe" heißt). Die Beiden sind mir übrigens noch aus ihrer Performance all my holes are theirs (2013) in Erinnerung.
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Es geht also um die zu fühlende und auch gefühlte Paarung zwischen Mensch und Pflanze, und es sind auch imitierte Hummel-Laute zu vernehmen, und der vorgestellte Paarungsvorgang könnte demnach auch das allgemeine Tierreich mit umfassen - aber um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: nein, es findet selbstverständlich hier nichts zoophilisch zu Beanstandendes statt.
Das schöne und auch "einfältige" Paar hatte beschlossen, sich in einer Hundertpro-Symbiose mit den Lebewesen des in ihrer mittelbaren Nähe ausbedung'nen Biotops aus Pflanzen/Tieren zu verbinden. Es hat nun, als Beispiel unter vielen, diese wunderliche Skulpturalität von Baumgeästen oder Farnwedeln optisch gebündelt und zu eigenkörperlichen Wunderwerken sozusagen nachgestaltet:
Der durch sie bespielte sowie unbestuhlte Raum war lediglich mit ein paar hie und da stehenden Boxen ausgestattet. Hieraus plätscherten am Anfang Tropfen-Töne, später waren Harfen-, Cello-, Schlagzeug-Töne zu vernehmen, alles sehr zurückgenommen und geradezu versteckt-gedämpft... Genügend Platz also fürs Publikum sich stehend, sitzend, hockend, liegend (je nachdem in welcher Stellung es verweilen wollte) zu verteilen - - ja und unser Paar verharrte mittendrin; es zelebrierte die Naturverschwisterungen auch, indem es unartikulierte Laute von sich stieß, und das klang stellenweise schon etwas beängstigend. War'n Sie vielleicht schon mal im Dunkeln durch den Wald gegangen, während Sie den Tönen nachtaktiver Lebewesen unerwünschter Maßen lauschten?
Jedenfalls: Die schönen In- und Beeinanderseiungen, die uns Jared & Angela performten, schienen irgendwie doch gut mit diesen merkwürdigen Lauten (s.o.) abgestimmt. Auch sparten sie nicht mit Erregungs-Hecheleien, und auf ihren Augen, falls man sie per Zufall sehen konnte, lastete eine gewisse Trance.
Und außerdem wurde gemeinsam Beifuß inhalliert, und nach der zweistündigen Vorstellung kredenzten sie für uns (ihr Publikum) Brennnesseltee.
Sehr atmosphärisch und auch angenehm das Alles.
Hochsympathisches, sinnliches Paar!!
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Yew von Angela Schubot & Jared Gradinger | Foto (C) Rachel de Joode
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Andre Sokolowski - 1. Februar 2018 ID 10503
YEW (HAU3, 31.01.2018)
Von und mit: Beifuss, Brennnessel, Buche, Eibe, Eiche, Echivarea , Farn, Gradinger, Klee, Moos und Schubot
Soundadvisor und Co-Design: Stefan Rusconi
Lichtdesign: Annegret Schalke
Licht: Gretchen Blegen
Kostüme Mitarbeit: Claudia Hill
Kostümbild-Assistenz: Juliette Quilici
Künstlerische Mitarbeit: Sigal Zouk
Presse & Produktion: björn & björn
Premiere war am 30. Januar 2018.
Weitere Termine: 01., 02.02.2018
Produktion von Jared Gradinger und Angela Schubot in Kooperation mit HAU Hebbel am Ufer und Südpol Luzern
Weitere Infos siehe auch: http://www.hebbel-am-ufer.de
http://www.andre-sokolowski.de
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