Fernöstliches
Stelldichein
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Julie Shanahan in Ten Chi am Tanztheater Wuppertal Pina Bausch | Foto (C) Ursula Kaufmann
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Bewertung:
Pina Bauschs Ten Chi am Tanztheater Wuppertal sprüht vor Leichtigkeit. Mannigfaltige, aufregende, oft unerwartete Eindrücke lassen einen den Alltag während des Theaterabends schnell vergessen. Eingespielte Songs ausgewählter Künstler wie von Ryoko Moriyama, Kodo und Beth Gibbons geben den Tänzern vor dem Hintergrund eines requisitenarmen Bühnenbildes Raum für temporeiche und verspielte Choreographien. Eine Publikumsreihe vor mir lacht Alice Schwarzer hörbar über Ditta Miranda Jasjfis kraftvoll-quirlige Darstellung einer Asiatin, die sich nur ungerne zum gehorsamen Stillsitzen erziehen lassen möchte. Nicht jede junge Elevin ist für die zurückgenommene Grandezza einer Geisha geboren, wenn sie mit der Bewegung der Naturelemente wirbeln kann.
Ten Chi behandelt in einer Collage aus kurzen Sketchen, tänzerisch-szenischem Spiel und ausgefeilten Choreographien die Faszination an Fernost. Im hautengen Dress und auf hohen Hacken wedelt sich die bekannte Tatort-Darstellerin Mechthild Großmann mit einem raumgreifenden Fächer Luft zu. Dabei zerdehnt sie genüsslich wiederholend jede Silbe der fremdländisch klingenden Worte „Harakiri“, „Bonsai“ oder „Yoga“. 2004 sammelten Pina Bausch und ihr Ensemble Anregungen für ihre Ten Chi-Choreographien während eines Japan-Aufenthaltes. Es gibt allerlei versteckte oder explizite Hinweise auf Japan. Auch vor Klischees und banalen Albernheiten schrecken diese Verweise nicht zurück.
Wechselnde Lichtstimmungen und von der Decke herabfallender Glitter unterstreichen die Suggestivwirkung des Raumes. Szenen, Bilder, kraftvoll in sich ruhende Tanzsolisten und unentschiedene Pas de deux, - trois oder ganze raumgreifende Formationen wechseln einander schwungvoll ab. Neben einprägsame Gesten treten symbolisch vieldeutige Handlungsentwicklungen und originell-ironische Einsprengsel. So wandelt etwa Aida Vainieri mit schweren Schritten und tief gebeugt wie ferngesteuert, um gleich darauf ein Federkissen lustvoll grunzend zu malzträtieren. Neben Anspielungen auf die Kampfkunst treten auch schlichtere Bewegungsabläufe von Intensität.
Zu guter Letzt präsentieren sich noch einmal alle Tänzerinnen und Tänzer nebeneinander in einem hochtourigen Finale, wahrlich ein Parforceritt tänzerischen Ausdrucks. Bei der insgesamt recht sehenswerten Performance fallen einige weniger mitreißende Beiträge kaum ins Gewicht.
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Ten Chi am Tanztheater Wuppertal Pina Bausch | Foto (C) Ursula Kaufmann
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Ansgar Skoda - 29. Juli 2017 ID 10166
TEN CHI (Tanztheater Wuppertal, 16.07.2017)
Inszenierung und Choreographie: Pina Bausch
Bühne: Peter Pabst
Kostüme: Marion Cito
Probenleitung 2017: Daphnis Kokkinos
Mit: Regina Advento, Jonathan Fredrickson, Mechthild Großmann, Ditta Miranda Jasjfi, Douglas Letheren, Eddie Martinez, Dominique Mercy, Thusnelda Mercy, Pascal Merighi, Nazareth Panadero, Helena Pikon, Jorge Puerta Armenta, Azusa Seyama, Julie Shanahan, Julie Anne Stanzak, Kenji Takagi und Aida Vainieri
Uraufführung im Schauspielhaus Wuppertal war am 8. Mai 2004.
Weitere Infos siehe auch: http://www.pina-bausch.de
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