Eine Exkursion ins Schlesierland
UND PIPPA TANZT! am Schauspiel Köln
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Bewertung:
Moritz Sostmann ist am Schauspiel Köln zuständig für das Puppenspiel. Das führte bei Brechts Der gute Mensch von Sezuan oder Moliéres Der Menschenfeind zu sehr anregenden und sinnhaften Begegnungen zwischen menschlichen Darstellern und Puppen. Und Pippa tanzt! ist dagegen eher wunderlich geraten – und vielleicht wäre deshalb nur Wann, die mythische Persönlichkeit aus dem vierten Akt von Gerhart Hauptmanns Glashüttenmärchen, befugt, darüber zu urteilen.
Und Pippa tanzt! gehört nicht gerade zu den häufig gespielten Stücken Hauptmanns. Es erzählt von dem zarten Mädchen Pippa, das mit seiner Erscheinung und seinem Tanz die Männer verzaubert. In einer Kneipe mitten in der schlesischen Winterlandschaft sieht sich Pippa den Begehrlichkeiten des Glashüttendirektors sowie des Glasbläsers Huhn ausgesetzt, der die Gelegenheit nutzt und sie entführt, als ein Tumult losbricht. Aber ein Handwerksgesell rettet Pippa, will sie zu seiner Prinzessin machen und mit ihr nach Böhmen fliehen.
Moritz Sostmann und Ausstatter Klemens Kühn geben sich in der Kölner Halle Kalk redlich Mühe, daraus eine abendfüllende Veranstaltung zu machen. Der Veranstaltungsort in Köln-Kalk wird dazu in eine Art Varieté umgebaut, die Zuschauer sitzen an kleinen Tischen rund um die Bühne herum, und es darf getrunken werden. Auf der Bühne wird wahlweise ein roter oder weißer Vorhang aufgezogen und gibt den Blick frei auf eine heruntergekommene Kneipe mit zwei Tischen oder ein gemaltes Bergpanorama. Das ist alles recht pittoresk, aber auch irgendwie beliebig. Hübsch anzuschauen ist auch der Schnee, der von oben herabrieselt, und ab und zu wird die Handlung zwischen die Zuschauertische verlagert. Das war’s dann aber schon. Ein bisschen wenig für knapp 100 Spielminuten, in denen sich irgendwann gepflegte Langeweile breitmacht.
Dabei ist es sicherlich eine gute Idee, Pippa, die am Ende unter dem Glasbläser Huhn zerbricht, durch eine Puppe darstellen zu lassen – auch insofern, als der Zerbrechlichkeit, die mit der Figur Pippa und dem Erzeugnis der Glasbläser einhergeht, auf diese Weise treffend Ausdruck verliehen wird. Hauptmanns Stück hat auch ein paar schöne Momente, in den Schauspieler reüssieren können, etwa Martin Reinke als weltgewandter Glashüttendirektor, der im Pelzmantel von Paris schwärmt und sich von Pippa den Hintern versohlen lässt. Seine mondäne Erscheinung kontrastieren Sostmann und Kühn nett mit der sehr rustikal-ländlichen Kneipe, in der der erste Akt spielt und unsichtbar in der Ecke zwei Gäste sitzen, deren einziger Beitrag zum Gespräch lange verschiedene Verdauungsgeräusche sind. Aber wirklich ersichtlich wird nicht, warum sich Sostmann und sein Team für dieses Stück entschieden haben. Und so bleibt die Inszenierung merkwürdig halbgar. Und Pippa tanzt! ist wahrlich ein wunderlicher Abend, der aber leider kaum Magie entfaltet, sondern eher Ratlosigkeit hervorruft.
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Karoline Bendig - 10. April 2015 ID 8559
UND PIPPA TANZT! (Halle Kalk, 09.04.2015)
Regie: Moritz Sostmann
Bühne und Kostüme: Klemens Kühn
Musik: Philipp Plessmann
Licht: Hartmut Litzinger
Dramaturgie: Sibylle Dudek
Mit: Magda Lena Schlott (Pippa), Johannes Benecke (Tagliazoni, Jonathan), Martin Reinke (Glashüttendirektor), Philipp Plessmann (Wende, Wann), Jakob Leo Stark (der alte Huhn) und Yuri Englert (Michel Hellriegel)
Premiere war am 14. März 2015
Weitere Termine: 10., 11., 13., 16., 21., 22., 24., 29. 4. / 2. 5. 2015
Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspielkoeln.de
Post an Karoline Bendig
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