Der Nackte
im Wald
DER ZORN DER WÄLDER von Alexander Eisenach
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Johanna Falckner als Charlotte Toreau, Manuel Zschunke als Gordon Pritchet und Lara Waldow als Emma Carsons in Der Zorn der Wälder am Theater Bonn | Foto (C) Thilo Beu
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Bewertung:
Der Wald steht seit jeher für das Unbewusste, Geheimnisvolle. Als Ort der Prüfungen und Initiationen verbinden viele Menschen auch Urängste mit der bedrohlichen Unwägbarkeit des Waldes. Hier lauern die Wildnis, das Kreatürliche, aber auch eine mögliche Rückkehr in die Freiheit. Viele Einsiedler leben heute noch in Wäldern. Von einem solchen Einsiedler erzählt Alexander Eisenach in seinem Drama Der Zorn der Wälder, jüngst in der Werkstatt am Theater Bonn uraufgeführt. Die Perspektive des Einsiedlers spielt jedoch zunächst weniger eine Rolle…
Der Detektiv Gordon Pritchet wird beauftragt, einen verschwundenen Ehemann ausfindig zu machen. Wenn bei dieser ersten Szene legendäre Typen des sogenannten Hard-boiled fiction wie der hartgesottene Privatdetektiv oder die Femme Fatale liebevoll in Szene gesetzt werden, knistert und lodert es. Auf der Bühne Zigaretten rauchend gibt sich Pritchet finsteren Gedankenwelten hin. Bald treten verführerische Frauen an ihn heran - mit zunächst undurchsichtig erscheinenden Wünschen. Grell geschminkt, in aufreizenden Kostümen und auf Stöckelschuhen (Kostüme: Anika Marquardt) haben sie den Privatdetektiv sprichwörtlich in ihren Händen. Nachdem Augenblicke der überwundenen Einsamkeit gefeiert und die Schönheit der Verstorbenen gerühmt wurde, gerät der Ermittler in den fatalen Sog seines eigentlichen Auftrages.
Einige Zigarettenlängen später bricht viel Theaterrauch über das Publikum ein. Der Verschwundene Henry Carsons tritt in Erscheinung. Aus zahlreichen auf der Bühne verteilten Tüten schüttet er Erde auf die Bühne. Sich in Pose werfend, zelebriert er einen denkwürdigen Striptease, indem er gleich mehreren Slips entsteigt. Dann suhlt er sich genüsslich auf und in der Erde. Der ermittelnde Pritchet trifft hier auf eine aus der Ordnung geratene Welt. Es braut sich etwas zusammen. Andere finstere Gestalten, wie der im Wald plötzlich auftauchende Hawkins, ein Freund der Carsons, überfordern Pritchet. Hawkins lärmt mit einer Kettensäge ebenso wie mit unausgegorenen Zukunftsvisionen und –plänen. Das Movens dreht sich plötzlich um das ganze Menschengeschlecht. Auch die aufgedonnerten Damen sind eingeweiht und positionieren sich in ihren schicken Kostümen im Wald. Sie befeuern die gewichtigen Diskussionen über das Ende der Zivilisation.
Das Geschehen erscheint völlig unlogisch und irreal, wenn im naiven Gestus über das große Ganze palavert wird. Der Zuschauer ist ebenso verwundert wie der ermittelnde Detektiv. Je lauter und grotesker die Reden werden, desto weniger erschließt sich die Motivation der Figuren. Am Ende kündigt sich ein Terroranschlag auf die Zivilisation an. Die Umstehenden werden mit einer Pistole bedroht. Es gibt Tote, die sich jedoch noch als Untote an den Diskussionen beteiligen. Wer Trash liebt und sich gerne in übertrieben komplexe Gedankenwelten einfühlt, könnte begeistert sein.
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Benjamin Berger als Hawkins, Manuel Zschunke als Gordon Pritchet und Daniel Breitfelder als Henry Carsons in Der Zorn der Wälder am Theater Bonn | Foto (C) Thilo Beu
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Ansgar Skoda - 13. Februar 2017 ID 9835
DER ZORN DER WÄLDER (Werkstatt, 10.02.2017)
Regie: Marco Štorman
Bühne und Kostüme: Anika Marquardt
Musik: Gordian Gleiß
Licht: Lothar Krüger
Dramaturgie: Johanna Vater
Mit: Manuel Zschunke (als Gordon Pritchet), Lara Waldow (als Emma Carsons), Daniel Breitfelder (als Henry Carsons), Johanna Falckner (als Charlotte Toreau) und Benjamin Berger (als Hawkins)
Uraufführung am Theater Bonn: 10. Februar 2017
Weitere Termine: 14. + 21.2./ 9., 15. + 31.3.2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de
Post an Ansgar Skoda
http://www.ansgar-skoda.de
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