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nachDRUCK # 6

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Uraufführung

Aufeinander hören, miteinander reden


GLAUBENSKÄMPFER
im Schauspiel Köln


Bewertung:    



Das Schauspiel Köln hat sich jetzt Glaubenskämpfer, die aus Fleisch und Blut sind, ins Depot geholt. Dort führen sie (6 schauspielernde Laien - moderiert und angetrieben von 4 "säkularisiert" sich gebenden Ensemblemitgliedern) zivilisierten Dialog, d.h. sie demonstrieren uns - dem anwesenden Publikum - , wie durch ein Aufeinanderhören, Miteinanderreden so etwas wie "Aufklärung" (im westlich-freiheitlichen Sinne, wohl gemerkt) und/oder argumentativer Austausch funktionieren kann bzw. funktionieren sollte. Das scheint - nicht allein auf dem Theater - drängendstes Gebot der Stunde!

"Wir leben in aufgeklärten Zeiten. Immer mehr meinen wir zu wissen, wie wir uns die Welt und unsere Existenz zu erklären haben. Längst haben wir uns eingerichtet in einer modernen säkularen Gesellschaft, in der Glaube Privatsache ist und die Frage nach Gott bestenfalls ein intellektuelles Gedankenspiel. Gleichzeitig fällt die Welt um uns herum auseinander. Werte, auf die wir so stolz waren, greifen nicht mehr, während Glaube und Religion mit aller radikalen Wucht zurückgekehrt sind." (Quelle: schauspielkoeln.de)

Glaubenskämpfer fängt mit einem aufgeregt-zittrigen Videoschnipsel an: Unterm Silvesterfeuerwerksgetöse in der Domstadt kam es zu erklärter Maßen hier noch nie in dieser obsessiven Größenordnung stattgefunden habenden Gewaltorgien (nicht nur) an Frauen; gegen straffällig Gewordene hinsichtlich Sexualdelikten oder Diebstahl, deren Herkunft nachgerade und wohl überwiegend aus dem Maghreb-Raum verortet werden konnte, wird seither - vorausgesetzt dass Anzeigen gegen sie eingegangen waren - strafrechtlich ermittelt...

*

Autor-Regisseur Nuran David Calis, ein Sohn armenisch-jüdischer Einwanderer aus der Türkei, inszeniert die tragfähigen Ruhepole individuellen Denkens - und so lässt er beispielsweise drei der Repräsentanten der (drei) monotheistischen Weltreligionen aus ihren jeweiligen Biografien sozusagen auserwählt, v.a. aber ungestört erzählen; im Programmheft sind zudem diverse Statements dieser an den Glaubenskämpfern mitgewirkt Habenden abgedruckt:


Johanna (geb. 1954), Christin: "Ich glaube, dass Gott - ohne jede Plattitüde und Harmlosigkeit - Liebe und Gemeinschaft ist, und wir nach seinem Bild von ihm geschaffen wurden. Wo wir in Schuld und Sünde, persönlich wie auch strukturell miteinander verstrickt sind, hat er uns in Jess Christus Erlösung geschenkt und einen neuen Weg und Zugang eröffnet, den wir aus uns selbst nie gefunden hätten."

Ayfer (geb. 1974), Muslima: "Der Glaube gibt mir einen festen Halt und Sicherheit, denn alleine der Gedanke reicht für mich schon aus, dass es irgendwo im Himmel etwas Großes, Mächtiges gibt. Etwas, das über uns wacht. Ich bete ihn an , wenn ich Kummer und Sorgen habe, mit dem festen Glauben, dass ich ein Zeichen bekomme. Egal, ob das Zeichen positiv oder negativ ist, ich bekomme immer ein Zeichen."

Avraham (geb. 1956), Jude: "Ich glaube an Akzeptanz und Toleranz. Ich glaube an das gute Potential im Menschen, auch auch wenn es nicht immer zum Vorschein kommt. Ich werde immer versuchen, es hervorzuheben und trotzdem bleibe ich aufgrund der Weltgeschichte Pessimist."



Die zehn Disputanten geraten auch aufgewühlt und aufgeregt aneinander - mitunter kommt es zu einem phonetischen Meinungsknäuel, wo kein Wort verstehbar ist; so wie im wahren Leben, dass halt dann nicht Alle auf einmal reden können, wenn man zeitgleich was verstehen will.

Extreme Video-Einschüsse dienen der Demonstration fundamentalster, menschenverachtendster "Positionen", mit denen es die gesellschaftlich funktionierenden Zivilisationen weltweit zu tun haben: ob als radikale Stammtischereien irgendwelcher Rechtsgesinnter oder ob als Propagandafilmchen des IS.

Dominic, Ex-Salafist und Aussteiger, erzählt in Bruchstücken, wie sich seine Metamorphose (vielleicht sogar zum Guten hin) entwickelte - auf Facebook wird seither verbal nach seinem Leben getrachtet...

* * *

Zehn Leute, pausenlos, im zweieinhalbstündigen Dialog. Und mehr als bloß mal zehn (10) Einzelthemen = bisschen viel auf einmal, könnten Außenstehende, die das hier lesen, denken. Aber weit gefehlt! Der Abend, der nicht nur zum Nach- und Mitdenken sondern zum Nach- und Mitfühlen reichliches Futter bietet, lohnt sich!!!


[Glaubenskämpfer wird auch bald bei den bevorstehenden AUTORENTHEATERTAGEN in Berlin zu sehen sein.]
Andre Sokolowski - 17. April 2016
ID 9259
GLAUBENSKÄMPFER (Depot 1, 16.04.2016)
Religionssuche zwischen Kloster, Moschee und Synagoge

Regie: Nuran David Calis
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Amelie von Bülow
Musik: Vivan Bhatti
Video: Adrian Figueroa, Sterntaler Film
Licht: Michael Frank
Dramaturgie: Thomas Laue
Mit: Mohamed Achour, Avraham Applestein, Ismet Büyük, Ayfer Sentürk Demir, Johanna Domek, Simon Kirsch, Annika Schilling, Martin Reinke, Dominic Schmitz und Kutlu Yurtseven
Uraufführung am Schauspiel Köln war am 27. Februar 2016
Weitere Termine: 3., 10. 5. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspiel.koeln


http://www.andre-sokolowski.de

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