Stillgestanden –
Verharren im
Nirgendwo
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Daniel Stock als Pozzo in Warten auf Godot am Theater Bonn | Foto © Thilo Beu
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Bewertung:
Wladimir und Estragon haben beide kein Dach über dem Kopf. Sie kennen sich seit jeher. Sie reden zum Zeitvertreib; meistens aneinander vorbei. Sie ahmen sich gegenseitig nach, dann streiten und versöhnen sie sich wieder. Bald wird klar, dass sie auf eine dritte Person warten. Ebenso wird augenscheinlich, dass ihr Warten ohne Hoffnung ist. Ziellos wird weitergeredet.
Das 1953 uraufgeführte Drama Warten auf Godot machte Samuel Beckett als Überraschungserfolg in ganz Europa berühmt. Als sog. Klassiker des absurden Theaters gilt es als größter Bühnenerfolg der Nachkriegszeit. Der Ire Samuel Beckett erhielt auch für sein berühmtestes Theaterstück 1969 den Literaturnobelpreis. Beckett war jedoch nicht immer so erfolgreich. Viele Jahre litt er unter Geldnot und Depressionen.
Laut französischem Originaltext erzählt Beckett eigentlich von zwei flüchtigen Juden, die 1943 auf einer Hochebene der Südalpen auf einen Schleuser warten. Dieser Mann namens Godot soll sie aus dem von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich schmuggeln. Der Zutritt zum Eifelturm, von dem sich Wladimir und Estragon wie viele Suizidanten der damaligen Zeit hinunterstürzen wollten, scheint ihnen als Juden mittlerweile untersagt. Einige modernere Inszenierungen der Vorlage machen sich diesem Hintergrund zueigen. So erinnerten etwa aufgehäufte Kleiderberge im Bühnenbild von Thomas Dannemanns Warten auf Godot-Inszenierung 2011 am Schauspiel Köln auf bedrückende Weise an Massenermordungen in Konzentrationslagern der NS-Diktatur.
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Die junge Berliner Regisseurin Luise Voigt wählt jedoch für ihre Inszenierung einen eher klassischen Ansatz des absurden Theaters ohne Verweise auf den Nationalsozialismus. Ein Gespinst an Assoziationswegen eröffnen jedoch bereits die in dunklen Farben gehaltenen Kostüme und das gleichfalls dunkle Bühnenbild. Die Figuren, die allesamt ähnlich unscheinbare Anzugkostüme tragen, erscheinen austauschbar. Der teilweise leuchtende Bretterboden birgt abschüssige Ecken. Ort und Zeit sind unbestimmt.
Es geschieht nichts. Estragon (Roland Riebeling) und Wladimir (Klaus Zmorek) ergehen sich schwerfällig und völlig zweckfrei in Wiederholungen ziellos hingeworfener Worte. Estragon meint, dass alles fließt. Auch Körper und Fantasien sind in Bewegung. Doch es gibt keine wirklichen Veränderungen. Die Handlung steht in Frage, die Figuren sind reduziert auf ihr Sein. „Wie die Zeit vergeht, wenn man sich amüsiert!“ ruft Wladimir. Pantomimische Einlagen verkürzen die Wartezeit. Insbesondere Daniel Stock und Alois Reinhardt (sehr ausdrucksstark) sorgen als wiederholt vorbeiziehende Pozzo und Lucky für unterhaltsame Spannungsmomente. Etwas zu künstlich überladen erscheinen szenische und musikalische Geräusche, wie ein charakteristisches Quietschen bei jedem Schritt ausgewählter Darsteller. Diese besorgte Friederike Bernhardt, zuständig für Musik und Sounddesign. Gewalt liegt in der Luft, wenn die Figuren sich gegenseitig mit Ausdrücken wie „du Schwein“ beschimpfen. Es wird klar, dass sie nicht gut miteinander, aber schon gar nicht ohne einander können. Die nicht vorhandenen Blätter am Baum, unter dessen Schatten (Licht/ Video und Raum: Stefan Bischoff) sie ausharren, werden von den Wartenden zu verlorenen Menschen stilisiert. Alles erscheint fraglich wie in einem Traum, denn die Erfahrung der Wirklichkeit tritt auf der Stelle.
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Warten auf Godot am Theater Bonn | Foto © Thilo Beu
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Ansgar Skoda - 10. Februar 2019 ID 11208
WARTEN AUF GODOT (Werkstatt, 06.02.2019)
Inszenierung und Raum: Luise Voigt
Licht/Video und Raum: Stefan Bischoff
Musik und Sounddesign: Friederike Bernhardt
Kostüme: Maria Strauch
Dramaturgie: Nadja Groß
Besetzung:
Wladimir … Klaus Zmorek
Estragon … Roland Riebeling
Pozzo … Daniel Stock
Lucky … Alois Reinhardt
Ein Junge … Moritz Hamelmann, Jayden Morouse, Mika Wegner
Premiere am Theater Bonn: 31. Januar 2019.
Weitere Termine: 16.02. / 08., 21., 30.03.2019
Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de
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