Yung Faust im
Jungbrunnen-
Wasserbad
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Yung Faust an den Münchner Kammerspielen | Foto (C) Julian Baumann
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Bewertung:
Es ist nicht neu, alte Stücke des klassischen Theaterkanons modern aufzufrischen, um sie zugänglich zu machen für ein jugendliches Publikum, das bisher kaum Interesse an den verstaubten Stoffen mit ihrer antiquiert wirkenden Sprache zeigte. Wir kennen das zumeist von den Dramen Shakespeares, wo in der Liebestragödie um Romeo und Julia Street-Gangs aufeinander losgehen, der Text gerappt wird oder ähnliches. Nun also auch bei Goethes Faust - im Januar hatte an den Münchner Kammerspielen eine derart jugendgemäß aufgehübschte Adaption der Regisseurin Leonie Böhme Premiere. Yung Faust nennt sie ihre Inszenierung der Tragödie Teil 1 nach Goethe. Titelinspiratoren sind sogenannte Cloud-RapperInnen wie Yung Hurn, Vertreter einer Emo-Version des Sprechgesangs US-amerikanischer Street-Gangs ohne die üblichen Macho-Allüren.
Gerappt wird hier dann allerdings weniger. Zu Beginn gibt Julia Riedler vor dem noch geschlossenen Bühnenvorhang in der Kammer 2 sogar ein Best-off aus Faust-Zitaten von der Zueignung über Vorspiel auf dem Theater, Faustens Studierzimmer bis zum Osterspaziergang. Schon das wirkt mehr wie eine verzweifelte Textperformance. Dass Leonie Böhme den Goethe-Text hier auf Tauglichkeit für das Hier und Heute prüft, kann man allerdings nicht behaupten. Etwas melancholisch kommt das Ganze rüber. „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust…“ Die Schauspielerin bekommt dann auch bald Unterstützung vom aus dem Publikum auftretenden Kollegen Benjamin Radjaipour, der erst mal mit This is no ordinary love von Sade eine schmachtende Liebesballade anstimmt. Radjaipour rappt später dann auch noch eine softe Version von „Vom Eise befreit…“.
Überhaupt sehr emotional verspielt kommt diese Inszenierung daher. Vor einem Nichtbühnenbild mit allerlei Wasserspielen und Pflanzentapetenrückwand performen Riedler, Radjaipour und als Dritte im Bunde Annette Paulmann eine Art Faust‘schen Gemütszustand, der von total depri (Paulmann) über cool und lasziv (Riedler) bis zu völlig überdreht und albern (Radjaipour) reicht. Am Synthesizer steuert Musiker Johannes Rieder die passenden Elektroklänge bei. Natürlich wird sich ordentlich nass gemacht und in einer Art soften YouPorn-Action alle Möglichkeiten der Spring- bzw. Jungbrunnen und Wasserspiele ausgetestet. Die drei Akteure wälzen sich über den Boden, setzen sich Tierschädelmasken auf, spielen in verteilten Rollen Fausts Begegnung mit Gretchen und animieren auch mal mit einer Entschuldigungsszene das Publikum, ins Gefühlsbad einzusteigen.
„Zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.“ Die zugeben für ein junges Publikum wohl wenig interessanten Sehnsüchte des alten, weißen Mannes Faust werden hier verulkt zum lustigen Kindergeburtstag mit Anfassen. „Was die Welt im inneren zusammenhält“ ist hier aber nicht weiter von Belang. Mit ein paar Hugs ist der Pakt zwischen Faust und Mephisto geschlossen. Doch wie nun weiter, weiß die Inszenierung nur als Frage: „Wie fangen wir das an?“ Und so offen endet dann auch diese nur 1stündige, auf Dauer doch recht belanglose Teenage-Faust-Versuchsanordnung.
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Yung Faust an den Münchner Kammerspielen | Foto (C) Julian Baumann
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Stefan Bock - 16. Juli 2019 ID 11570
YUNG FAUST (Kammer 2, 15.07.2019)
Inszenierung: Leonie Böhm
Bühne: Sören Gerhardt
Kostüme: Mascha Mihoa Bischoff
Musik: Johannes Rieder
Licht: Jürgen Tulzer
Dramaturgie: Tarun Kade
Mit: Annette Paulmann, Benjamin Radjaipour, Julia Riedler und dem Live-Musiker Johannes Rieder
Premiere an den Münchner Kammerspielen: 23. Januar 2019
Weitere Infos siehe auch: https://www.muenchner-kammerspiele.de/
Post an Stefan Bock
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