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Rosinenpicken (489)

Fluch

ewiger

Jugend



Melanie Kretschmann (li.) als Medea von Hans Henny Jahnn am Schauspiel Köln | Foto (C) JU

Bewertung:    



Hans Henny Jahnn, der große Hamburgische Ausnahmeathlet an Sprachgewalt und dichterischer Fantasie, hatte - bevor er zum Perrudja drang und/oder sein gigantisches Romanfragment Fluss ohne Ufer nach und nach beackerte - mit Stückeschreiben angefangen; seine beiden Dramen Pastor Ephraim Magnus (1919) und Die Krönung Richards III. (1921) gingen seinen zwei Medea-Fassungen (in Prosa 1924 und in Versen 1926) voraus. Jahnn-Stücke finden sich nicht häufig auf den deutschsprachigen Bühnen, was verwundert, denn: In ihnen geht es immer um "rein humanistisch" Ursächliches, Urtriebiges, Urgewaltiges. Das Mit- und Ohneinandermüssen oder -können zwischen Mensch und Mensch (und Tier) ist absolutes Über-Thema, und die ihm fast nebensächlich unterlegten Handlungen bekräftigen letztendlich "nur noch" dieses Jahnn'sche Dauerfatalistische vom Es-ist-wie-es-Ist...

*

Seine Medea tat er dahingehend abverändern, dass er sie (die Titel-/Hauptfigur) - aus tiefer Herzensliebe zu dem Herzgeliebten - in der ihr wahrscheinlich göttlich vorbestimmten Zauberinnenallmacht freischaltete: dass sie Jason als wie seinen/ihren beiden Söhnen ewig anhaltendes Jugenddasein schenkte. Wahrlich keine milde Gabe, denn "es" wurde umkehrschlüssig a) zu seinem, b) zu ihrem, c) zu ihrer aller Fluch:

Jason bekam die dauerjugendlichen Triebe nicht/nicht mehr unter Kontrolle, gierte also fortan und "unendlich" nach gleichwerter Jugend sprich gleichwertem sexuellem Impetus.

Medea alterte fortan; ihr körperliches Welken war dann wohl ein ausgleichendes gottgewolltes Korrektiv, das sie in seiner Konsequenz so nicht vorherzusehen in der Lage (als sie "schenkte") war.

Die beiden Söhne, ebenso auf Alterslosigkeit getrimmt, bekamen fortan einige Probleme ihres teilweise noch nicht ganz abgeschlossenen Heranwachsens und -werdens; dass sie sich gewissen körperlichen Lästigkeiten seitens ihrer Eltern (selbst der hinwelkenden Mutter) körperlich erwehren oder nicht erwehren sollten, könnte ihrem Stückeschreiber zusätzlich nur recht gewesen sein...

Der Regisseur und Bühnenbildner Robert Borgmann, der sich zusätzlich auch (mit Tom Müller) für harmonische Musikbackrounds und deren jeweilige Ausführung am Schlagzeug, Synthesizer (mit Gitarren-Einlagen) zuständig zeigte, zelebrierte Jahnns Medea-Stück-und Sprach-Verführung als ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk; Bettina Werner steuerte dann noch ihre z.T. fantastischen Kostüme bei.

Gesprochen und gespielt wird hochvorzüglich!!!!!

Drei Stunden einer derartig artifiziellen Text-"Last" pausenlos zu folgen ist nur möglich, wenn die hierfür zuständigen Schauspieler ihr Handwerk exzellent beherrschen sprich der jeweilige Funke überspringt: Melanie Kretschmann (als Medea), Astrid Meyerfeldt (als Jason), Marek Harloff/Kirstin Steffen (als älterer/jüngerer Knabe), Sophia Burtscher (als Amme und Knabenführer) und Max Mayer (als Bote und Kreon) erweisen sich als individuelle UND Ensemblekönner ersten Ranges!

Claudia Ortiz Arraiza (Kentaur und Sklave) muss am Anfang einen Text Batailles auf Englisch sprechen - dieser Überfluss an Zutuung erscheint in Anbetracht der eigentlichen Textvorlage(n) Jahnns entbehrlicher denn je; aber egal. Zum Schluss hin tanzt sie das Medea-Ego.

Soghaft-großartiges Schauspielfest.




Medea von Hans Henny Jahnn am Schauspiel Köln | Foto (C) JU

Andre Sokolowski - 30. April 2019
ID 11380
MEDEA (Depot 1, 28.04.2019)
Regie / Bühne: Robert Borgmann
Kostüme: Bettina Werner
Musik / Musiker: Robert Borgmann und Tom Müller
Licht / Video: Carsten Rüger
Tanz / Choreografie: Claudia Ortiz Arraiza
Dramaturgie: Julian Pörksen
Besetzung:
Medea ... Melanie Kretschmann
Jason ... Astrid Meyerfeldt
Der ältere Knabe ... Marek Harloff
Der jüngere Knabe ... Kristin Steffen
Amme / Knabenführer ... Sophia Burtscher
Bote / Kreon ... Maximilian Mayer
Kentaur / Sklave ... Claudia Ortiz Arraiza
Kinder ... Erik Ameling, Ole Ameling, Robin Bachmann und Leonardo Jakusho
Premiere am Schauspiel Köln: 12. April 2019
Weitere Termine: 09., 10.05.2019


Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel.koeln


http://www.andre-sokolowski.de

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