Die Lüneburger
Heide und ihre
Bewohner
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Foto (C) Helga Fitzner
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Früher reichte die Heide bis Lüneburg, weswegen sie auch Lüneburger Heide genannt wurde. Heute muss man schon ein ganzes Stück fahren, um dorthin zu gelangen. Wer glaubt, dass da nur lilafarbene Erika und Besenheide blüht, wird über die Vielfalt der Landschaft verwundert sein. 58 Prozent der „Heide“ besteht aus Waldfläche und massenhaft Wacholder, es wird in geringem Maße Biogetreide angebaut und wunderbare Kulturblaubeeren. Am bekanntesten ist wohl die Aussicht auf den Totengrund bei Wilsede.
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Das Panorama des Totengrunds kurz vor der Heideblüte | Foto © Helga Fitzner
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Die Freizeitangebote für Touristen sind beeindruckend. Es gibt allein 14 Freizeit-Einrichtungen, darunter die Center Parcs Bispinger Heide, den Serengeti-Park, Snow Dome, Ralf Schumacher Cart & Bowl, Quad Bahn Bispingen und viele mehr. Die sind aber nicht aus der Tradition der Heide hervorgegangen. Deswegen stellen wir hier nur einige einheimische Attraktionen vor.
Wer auf der Suche nach etwas Außergewöhnlichem ist, das es nur wirklich nur einmal gibt, der geht nach Bispingen zur Iserhatsche – Eisernes Herz. Das ist ein Areal mit einem Jagdschloss, und die Dame von der Touristeninformation hatte schon vorgewarnt: „Das kann man nicht beschreiben, das muss man gesehen haben.“ Das Jagdschloss ist nicht sonderlich groß, aber sehenswert mit einem Biedermeier-Zimmer, einem Spiegelsaal, einem Vierjahreszeiten-Eichensaal und anderen Originalen oder Nachbildungen. Der Philosophische Barocke Eisenpark lädt draußen zum Schauen und Nachdenken ein. Zweihundert philosophische Sprüche sowie Skulpturen aus Eisen, darunter der Ebereschen-Eisen-Glocken-Baum, machen den Spaziergang zu einem Erlebnis. Der künstliche Berg Montagnetto hat einen Wasserfall, und sein Innenleben ist für standesamtliche Hochzeiten zugelassen. Eine nachgebaute Arche Noah, diverse Sammlungen und die Gärten machen den Aufenthalt dort sehr abwechslungsreich. Der Besitzer ist der begabte und ehrgeizige Berliner Malermeister Uwe Schulz-Ebschbach, der noch viele Ideen umsetzen will und die Iserhatsche das „Neuschwanstein des Nordens“ nennt.
Die berühmtesten Bewohner sind die genügsamen Heidschnucken, eine nordische Schafrasse, die sehr bewegungsfreudig ist und auf der Futtersuche eifrig durch die Heide schnuckelt. Daher stammt ihr Name. Die Kutschfahrten zum abendlichen Heidschnucken-Eintrieb sind sehr beliebt. In der Lüneburger Heide gibt es sieben Hauptschäfer, einer davon ist Uwe Storm, für den seine Arbeit Berufung ist. Anders geht das auch nicht, denn er ist den ganzen Tag auf den Beinen. Die Heidschnucken laufen um die 15 km am Tag, seine Hunde Wanda, Jette und Dixie sogar um die 70 km, um die Herde zusammen zu halten. Er ist vor lauter Lärm im Stall kaum zu hören. „Das legt sich gleich wieder. Die sind wieder still, sobald die Lämmer ihre Mutterschafe gefunden haben“, erklärt Storm gelassen. Es ist Anfang August, und die Lämmer hat er alle gesund durchgebracht. In der Lammsaison werden mitunter bis zu 22 Lämmer am Tag geboren, da ist er gut beschäftigt.
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Schäfer Uwe Storm geht in seinem Beruf auf und weiß sehr viel über die Heide und ihre Bewohner | Foto © Helga Fitzner
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Die Heidschnucken haben eine sehr wichtige Aufgabe, denn sie erhalten die Heide als solche. Bei den ganz harten Gräsern helfen ihnen Ziegen, die in der Herde mitlaufen. Wenn sie das nicht täten, würden dort wieder Wälder entstehen, was zum größten Teil schon geschehen ist. Das ist eigentlich begrüßenswert, denn die Heidefläche ist zum Teil durch übermäßige Abholzung ohne Wiederaufforstung entstanden. Das Holz wurde über die Jahrhunderte zum Heizen, für den Hausbau, den Betrieb der Salinen in Lüneburg und für die Werften in Hamburg zum Bau von Handels- vor allem aber Kriegsschiffen benötigt. Die Renaturierung wäre eine Option, aber mittlerweile hat sich in der Heide eine schützenswerte Flora und Fauna entwickelt, so dass sie aus Gründen des Artenschutzes erhalten bleibt. Zudem ist die Heideblüte zwischen August und September eine Touristenattraktion.
Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle für die Region, da sich die Landwirtschaft auf dem überwiegend kargen Boden nicht rechnet. Viele Bauernhöfe haben ihre Gebäude zu Unterkünften umgebaut. Die Gegend ist so weitläufig, dass es auch in der Hauptsaison genug Platz und Ruhe gibt. Die Wander- und Radwege sind reichlich vorhanden und gut markiert, denn Autos und Motorräder sind in der Heide nicht gestattet. Die Heidjer lassen sich viel einfallen, um die Gegend für Touristen attraktiv zu machen. In Niederhaverbeck gibt es ein Minimuseum zu Bienenwelten, wo man einiges über Bienen und die Produktion des Heidehonigs lernen kann. Ein Wildbienenerlebnispfad führt durch Feld, Wald, Wiesen und Heide mit Informationstafeln rund um die Bienen.
In Egestorf legte man einen Barfußpark an, in dem man die verschiedensten Böden mit bloßen Füssen erkunden kann. Es wird sogar Yoga im Wald, Lachyoga und Qi Gong angeboten. Das ist sicher ein gutes Kontrastprogramm nach einem Tag in den Freizeitparks. Am beliebtesten sind aber immer noch die Kutschfahrten. Da kommt man überall hin. In der Nähe von Wilsede liegt der Totengrund, das bekannteste Panorama der Heide. Der berühmte Heidepastor Wilhelm Bode hat das Land im Jahr 1905 gekauft, um es für den Naturschutz zu erhalten. Heute besteht eine Gefährdung, weil jenseits des Naturschutzgebietes Windräder gebaut werden sollen, die das Panorama verschandeln würden. Aber auch die Lüneburger Heide muss ihren Beitrag zur Energiewende leisten. So fallen die vielen Maisfelder auf. Das ist kein Futtermais, er wird zur Gewinnung vor Biogas angebaut.
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Kutscherin Nicki mit Felicitas und Joy | Foto © Helga Fitzner
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Die Kutschpferde leisten ebenfalls gute Dienste, einmal im Transportwesen, aber auch in der Landschaftspflege, weil die Heide nur erhalten werden kann, wenn sie ständig abgefressen oder abgetragen wird. Die Pferde haben robuste Nerven, wenn sie auf der Landstraße laufen oder eine überqueren müssen, im Gegensatz zu einigen Menschen können sie sogar rechts und links unterscheiden, wenn es ums Abbiegen geht. (Vielleicht haben sie sich aber auch die Strecken gemerkt). Felicitas ist eine Pferdedame von 16 Jahren, und Joy ist 11. Sie halten sich gegenseitig die Bremsen vom Leib und freuen sich sogar über den Einsatz der Peitsche, mit der ihre Kutscherin sanft die stechenden Plagegeister verjagt, an die sie nicht selbst herankommen. Ansonsten sind Mensch und Tier ein so eingespieltes Team, dass die Kommunikation per Ansage erfolgt. Kutscherin Nicki bedauert, dass die meisten Touristen nur zur Heideblüte kommen. Sie liebt die Heide zu jeder Jahreszeit und zu jedem Blütenstand, im Frühjahr ist es der Ginster, der gelb leuchtet, im Herbst wechseln die Birkenblätter ihre Farbe, besonders in den Wintern mit Schnee glitzert die Heide wunderbar. Die Farben und die Lichtverhältnisse sind zu jeder Jahreszeit anders und schön. Die Lüneburger Heide hat ganzjährig etwas zu bieten.
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Helga Fitzner - 11. August 2016 (2) ID 9472
Weitere Infos siehe auch: http://www.lueneburger-heide.de/
Post an Helga Fitzner
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