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Kulturspaziergang

Prag und

andere Perlen


Kutná Hora, Sedlec, Želiv


Außenansicht der Kirche Mariä Himmelfahrt und St. Johannes der Täufer in Sedlec (Sedletz) | Foto (C) Helga Fitzner


Die „Stadt der tausend Türme“ ist für ihre Bauten aus vielen Epochen der Architektur bekannt: darunter Romanik, Gotik, Barock, Renaissance und Jugendstil. Prag ist eine der schönsten Städte Europas und auch bei jungen Leuten beliebt, es sind viele Schulklassen unterwegs, Junggesellenabschiede werden hier öffentlich gefeiert, und das Stadtzentrum wimmelt vor internationalen Touristengruppen. Die Bewohner Prags haben den Teil der Innenstadt um die Karlsbrücke und die Moldau-Seite der Burg aufgegeben und den Besucherströmen überlassen, deren zahlreiche Gruppen sich durch die engen Gassen zwängen und dem Regenschirm oder Fähnchen ihres Stadtführers hinterher hechten. Jetzt im Sommer ist Hauptsaison, und die Tschechische Zentrale für Tourismus leistet ihren Beitrag, um auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam zu machen, die genauso attraktiv sind, wie die auf den beliebtesten Touristenpfaden, aber weniger überfüllt.

Direkt an den Südhängen der Prager Burg befinden sich mehrere miteinander verbundene historische Gärten. Die Palastgärten unter der Burg sind architektonisch ausgeschmückt, reich bepflanzt und bieten einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt. Es wird Eintritt verlangt, und man muss gut zu Fuß sein, weil es sehr steil hoch geht. Da die Gärten zum Verweilen einladen, trifft man hier eher auf Individualtouristen als auf Reisegruppen.

Auch noch sehr zentral gelegen ist das Wallenstein-Palais, das größte seiner Art in Prag. Es ist nur am Wochenende innen zu besichtigen, verfügt aber über Gartenanlagen, die frei zugänglich sind. Es lohnt sich, auf den Plan am Eingang zu schauen, denn das Areal ist größer als man vermutet, und der Zugang von einem Garten zum anderen ist nur ein kleiner Pfad. Über den geht es zum Neptunbrunnen und Nachbauten von Skulpturen des Niederländers Adriaen de Vries. Das Palais war bis 1945 in Besitz der Familie Wallenstein und wurde dann enteignet. Heute ist der Prachtbau gut erhalten und Sitz des Senats des Parlamentes der Tschechischen Republik.

Von hier aus kann man den Berg Hradschin herauflaufen oder mit der Tram herauffahren, der noch mehr zu bieten hat als die Prager Burg. Das 1140 auf dem Hradschin gegründete Prämonstratenser-Kloster Strahov besitzt eine prachtvolle Gemäldegalerie und eine bedeutende Bibliothek in Gebäudetrakten, die schon für sich allein sehenswert sind. Von hier aus hat man einen wundervollen Blick auf die Stadt. - Nur wenige Gehminuten von hier trifft man auf den Prachtbau Loreto, einer Wallfahrtsstätte mit dem Heiligen Haus, Glockenspiel, Schatzkammer und der Christi-Geburt-Kirche.

Die Besucher von Prag sind durchschnittlich nur dreieinhalb Tage in der Stadt. In dieser kurzen Zeit kann man nur einen Bruchteil der Sehenswürdigkeiten sehen. Doch es lohnt sich, länger zu bleiben, denn in ganz Tschechien gibt es viele Juwelen zu entdecken. Prag liegt im Herzen von Mittel-Böhmen und rund 70 Kilometer entfernt liegt Kutná Hora.


Kutná Hora – eine Alternative zu Prag

Unter Kaiser Karl IV. wurde 1355 Prag zur Hauptstadt gewählt, aber das stand nicht von Anfang an fest. Kutná Hora, die zweitgrößte Stadt der Region wurde ebenfalls in Betracht gezogen. Der Grund: Die Stadt war reich. Sie war durch den Abbau von Silber und Kupfer sehr wohlhabend geworden. Die Städte standen in einer kreativen Konkurrenz zueinander, denn alles, was die eine Stadt hatte, ahmte die andere nach. Prag wurde gewählt, weil sie die schönere war und deshalb für repräsentative Zwecke geeigneter. Durch den Silberabbau wurde die Umgebung von Kutná Hora abgeholzt für die Minen und die vielen Tausend Menschen, die wegen der Arbeit zuzogen. Dadurch waren die Luft und das Wasser nicht mehr so sauber. Das minderte die Bedeutung der Stadt nicht, denn wegen der Silbervorkommen wurde hier eine zentrale Münzerei angesiedelt, die heute noch zu besichtigen ist. 1355 wurde der Dom der heiligen Barbara begonnen, dessen Vollendung mehrere Jahrhunderte dauerte. Heute gehört er zum UNESCO-Weltkulturerbe.



Der Dom der heiligen Barbara in Kutná Hora gehört zum UNCESCO-Weltkulturerbe | Foto (C) Helga Fitzner


Direkt angrenzend im ehemaligen Jesuiten-Kolleg ist die zweitgrößte Galerie Tschechiens GASK untergebracht, die sich auf die bildende Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts spezialisiert hat. Ein Stück weiter in Richtung Innenstadt lädt das Museum der Silbermine zum Besuch ein, das über einen begehbaren Stollen verfügt. Überall gibt es kleine Gassen und Häuser aus verschiedenen Epochen zu entdecken, sogar das vermutlich kleinste Schokoladenmuseum der Welt: aber die Auswahl an teilweise preisgekrönter Schokolade zum Probieren ist groß.

Rund zwei Kilometer weiter, im Vorort Sedletz, wird es gruselig. Im Untergeschoss der Allerheiligenkirche befindet sich ein Beinhaus, das Sedletz-Ossarium, in dem aus den Knochen von 10.000 Menschen Einrichtungsgegenstände wie Kronleuchter oder alle möglichen Dekorationen und sogar ein Wappen geformt wurden. Es ist sehr populär, aber Geschmackssache.



Die Kirche Mariä-Himmelfahrt und St. Johannes der Täufer geht auf Pläne des Meister-Architekten Johann Blasius Santini-Aichel zurück | Foto (C) Helga Fitzner


Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde Böhmen wieder katholisch, und um ein Zeichen zu setzen, investierte die Katholische Kirche reichlich in Prunk. Der Dom St. Barbara und viele andere Kirchen sind deshalb sehr reichhaltig ausgestattet, manchmal sogar überladen. Unweit vom Beinhaus steht die Kirche Mariä-Himmelfahrt und St. Johannes der Täufer, die ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Sie ist schlichter und einzigartig und wird als Lichtdom bezeichnet, weil sich durch die großen Fenster ständig das Licht verändert. Sie entstand aus einem Zisterzienserkloster und hatte die französischen Kathedralen zum Vorbild. Hier wirkt heute noch der Geist eines der ungewöhnlichsten Architekten seiner Zeit: Johann Blasius Santini-Aichel (1677-1723). Er ist der „Erfinder“ der sog. Barockgotik, setzte auf Licht statt auf Pomp und schaffte es auf unbeschreibliche Art, den Geist durch seine Bauten wehen zu lassen. Die Kirche Mariä-Himmelfahrt und St. Johannes der Täufer ist eine von 80 Bauten, die Santini entwarf oder auf deren Architektur er entscheidenden Einfluss hatte.


Rückzug in die Provinz

Im Kloster Želiv (Seelau) treffen wir auf ein weiteres Bauwerk Santinis. Die Klosterkirche wurde nach einem Brand nach seinen Plänen errichtet, erneut zerstört und wieder aufgebaut. Ein Teil von Santinis ursprünglichen Plänen blieb dabei erhalten. Im Stile des Neubarock ging allerdings die Schlichtheit und Wirkkraft Santinis etwas verloren.



Auch in der Kirche des Klosters Želiv ist der Einfluss des Architekten Santini noch spürbar, der für Helligkeit und Lichteffekte berühmt war | Foto (C) Helga Fitzner


Es gibt in Böhmen noch viel zu entdecken. Das Kloster ist teilweise zum Hotel umgebaut, hat ein Restaurant und ist als Rückzugsort geeignet. Wer es weltlicher mag, kann in das Resort Svatá Kateřina weiterfahren, das über Sauna, Masseure und einen indischen Ayurveda-Spezialisten verfügt. Es liegt mitten in der Natur und hat die beste Luft in ganz Tschechien.

Wir haben auf dieser Reise gutes Essen, Gastfreundschaft und viele interessante und schöne Orte erlebt. Es heißt, dass der durchschnittliche Besucher von Prag sich in einem Radius von gerade mal einem Quadratkilometer bewegt. Es ist zugegebenermaßen einer der schönsten Quadratkilometer in Europa, aber das ist längst nicht alles, was Tschechien zu bieten hat.


* * *


Die Reise wurde organisiert von der Tschechischen Zentrale für Tourismus Czech Tourism.


Helga Fitzner - 20. Juli 2017
ID 10152
http://www.fremdenverkehrsamt.com/reisefuehrer/reiseziel/tschechien/index.html


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