Tatort im Ersten, 5. Februar 2012, 20:15
"Kein Entkommen" © ORF 2011
Regie, Buch, Kamera: Fabian Eder
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Bibi Fellner und Moritz Eisnert - Foto (C) ORF/Petro
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"Als zwei Killer einen Studenten, der einen Putztrupp abholen soll, auf dem Parkdeck eines Einkaufszentrums erschießen, liegt Chefinspektor Moritz Eisner schweißgebadet grippekrank und griesgrämig zu Hause. So blafft er seine Tochter Claudia und seine neue Assistentin Bibi Fellner an: 'Ich bin im Krankenstand. Ich brauche Ruhe und keine hysterischen Weiber um mein Bett.' Doch der Mordfall und Bibis gespielte Gelassenheit: 'Na ja, jetzt muss ich halt allein dahin', lassen ihn schlagartig gesunden.
Schnell finden beide Ermittler heraus, dass dieser Anschlag ein Versehen war und einem anderen Fahrer galt – Josef Müller, der in Wahrheit Mirko Gradic heißt. Umgehend versuchen die Auftragsmörder, ihren 'Fehler' zu korrigieren. Doch Mirko kann fliehen und stellt sich mit seinen geheimen Aufzeichnungen der Polizei. Er schwebt in akuter Lebensgefahr, weil er im Balkankrieg von der paramilitärischen Einheit 'Sveti Tigar' desertiert ist und eine große Bedrohung für eine Gruppe serbisch-nationaler Kriegsverbrecher darstellt, die offenbar in Wien untergetaucht ist. Denn er hat über sogenannte ethnische Säuberungen und Gräueltaten seiner Einheit genau Buch geführt und kennt die Namen sowie Gesichter der Verantwortlichen. Damit wird das Ganze plötzlich auch zu einem Fall für Interpol und den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag..."
(Beginn des Filmplots auf http://www.daserste.de/tatort/sendung.asp?datum=05.02.2012)
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Harald Krassnitzer (als Moritz Eisner) und Adele Neuhauser (als Bibi Fellner) bei der Befragung eines Kollegen - Foto (C) ORF/Petro
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Der neue Wiener TATORT (Kein Entkommen) ist der beste TATORT, den ich seit Jahrzehnten sah! Nämlich er ist - und außer seinem eigentlichen Spannungsgrad - in einem hohen Maß gesellschaftsrelevant; das sind die TATORTe im Wesentlichen alle, also je nach ihrer Ortsherkunft und sprachlich-dialektischen Fasson - - doch diesmal halt, am Beispiel Kein Entkommen, schon etwas besonderer:
Adele Neuhauser (als Bibi Fellner) sowie Harald Krassnitzer (als Moritz Eisner) müssen sich mit den zwei Interpol-KollegInnen Therese Affolter (als Andrea Schiemer) und Alexander Strömer (als Franz Rinner) über die ermittlerische Schwerkräfteverlagerung hinsichtlich eines einen "stinknormalen" Kriminalfall weit verlassenden und übersteigernden Ereignisses strategisch-gütlich und moralisch-weltanschaulich einigen... Gesucht wird also eine Kriegsverbrechergruppe serbischer Couleur, und insbesondere ihr Führungskopf Michael König (als der sog. Heilige, der wiederum als Dr. Salic untertauchte); und die suchten/jagten halt einen der Ihren, der vor ihnen türmte und in Wien mit Frau und Kind als Wahlwiener mit bürgerlichem Namen Müller einen Lebenswandel oder einen neuen Lebensanfang finden wollte - Christoph Bach spielte den schizophrenen Aussteiger.
Die reichhaltigen Tummelfelder bauchgefühlsmäßig ausländerfeindlicher Ressentiments werden in diesem Krimi hier sehr selbstkritisch und überzeugend angegangen und auf Prüfstände gestellt. Das (meistens oder immer) repräsentative "Ausnahmeverhalten" von verbrecherischen "Randgestalten", das sich folgenschwer, aber nicht folgerichtig, auf die Volksgemüter - ganz egal in welchem Lande sie zuhause sind - verallgemeinernd niederschlägt, ist Ausgangs- sowie Zielpunkt eines mehr als gut oder erstaunlich zu bezeichnenden Filmskripts von Fabian Eder, der zugleich als Regisseur und Kammeramann für den neuen Wiener TATORT zuständig gewesen war. Gleich zu Beginn lässt beispielsweise eine den Eröffnungsmord (und 14 Morde werden es dann insgesamt!) bezeugende muslimisch aussehende Putzfrau, die die beiden Mörder ihres 23jährigen Kollegen sah, den einen Satz verlauten, 'das warn Ausländer, die sprachen so wie Russen, halt wie solche Ausländer, nein, vor der Grenzöffnung gabs sowas nicht' o. s. ä. / Und auch Fellner sowie Eisner - mit den Nerven völlig runter (14 Morde! wie gesagt) - verkürzen ihre Nach-Sicht mittels tumb-ausländerfeindlicher Tiraden...
Jedenfalls wurde der Hauptschuldige - der dann in Den Haag seinen Prozess erhalten würde - ganz am Schluss gefasst.
Und Kein Entkommen - kriegen wir noch nachträglicher Weise suggeriert - gäbe es für den schönen Aussteiger. Das Alles gab uns sehr zu denken, und es machte uns betrübt...
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Bobby King - 5. Februar 2012 ID 00000005740
TATORT: "KEIN ENTKOMMEN" (ARD, 05.02.2012)
Regie: Fabian Eder
Buch: Lukas Sturm und Fabian Eder
Kamera: Fabian Eder
Musik: Roman Karolou
Besetzung:
Moritz Eisner ... Harald Krassnitzer
Bibi Fellner ... Adele Neuhauser
Ernst Rauter ... Hubert Kramar
Karl Bindmayer ... Johannes Silberschneider
Tomalek ... Stefan Puntigam
Claudia Eisner ... Tanja Raunig
Franz Rinner ... Alexander Strömer
Andrea Schiemer ... Therese Affolter
Strasser ... David Oberkogler
Conni Seidl ... Julia Kronenberg
Mirko Gradic ... Christoph Bach
Elisabeth Müller Monika Reyes
Salic ... Michael König
Radovan Jurkic ... Gennadi Vengerov
Zeljko Jovanovic ... Marco Pustisek
Ante Stelic ... Giorgi Gvinadze
Cornelius Langhammer ... Serge Falck
Weitere Infos siehe auch: http://www.daserste.de/tatort
Post an Bobby King
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