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Fernsehfilm


14. Oktober 2013, arte

Woyzeck

Tom Schilling und Nora von Waldstätten in einer Büchner-Adaption von Nuran David Calis


Franz Woyzeck (Tom Schilling) | Foto (C) Oliver Vaccaro/arte



Nach Frank Wedekinds Frühlingserwachen mit dem Ochsenknecht-Sohn Wilson Gonzales hat der Theater- und gelegentliche Filmregisseur Nuran David Calis mit Georg Büchners Woyzeck ein weiteres Meisterstück der deutschen Dramatik fürs Fernsehen adaptiert. Büchners Dramen-Fragment verlegt Calis in den Berliner Wedding von heute. Zwischen Nutten und Zuhältern, Hinterhofwohnungen und türkischen Imbissbuden muss sich der ehemalige Restaurantbesitzer Franz Woyzeck (Tom Schilling) behaupten. Er braucht Geld für den Traum vom gemeinsamen Glück mit seiner Freundin Marie (Nora von Waldstetten) in einem Häuschen im Grünen. Calis schwenkt hier mehrfach aus dem düsteren Kiezmilieu zu Traumsequenzen an einen Waldsee.

Seine karge Zulage verdient sich Woyzeck bei einem zwielichtigen Arzt. Der Doktor, dargestellt von Ex-Gorki-Schauspieler Gunnar Teuber, setzt seinen Probanden schweißtreibenden Arzneimittelversuchen aus und hat seine Finger natürlich auch im örtlichen Drogengeschäft. Abends schindet sich Woyzeck weiter in der Küche eines strenggläubigen, türkischen Imbissbesitzers (Georgius Tsivanoglou vom BE), der ihn wegen seines sündigen Lebenswandels mit Marie schilt. Dazu werden natürlich auch kräftig die allseits bekannten Texte Büchners strapaziert. „Ein guter frommer Mensch tut das nicht. Woyzeck, du bist unmoralisch.“

Seine deutschen Unterschichten-Kumpels Andres (Christoph Franken vom DT) und Louis (Markus Tomczyk), mit denen er tags im Hinterhof abhängt, nennen den Türken nur Kanackenhauptmann und haben auch sonst nicht viel übrig für Menschen mit fremdländischem Migrationshintergrund. Nachts sammelt Woyzeck mit den beiden Müll aus Berliner U-Bahnschächten. Dabei faselt er wie im Delirium Büchners Worte von Freimaurern und Ratten in Endlosschleife. „Es ist so still, als wär die Welt tot. Man möchte den Atem halten.“

Woyzeck wird durch die Medikamente immer wunderlicher und rennt schließlich nur noch schwitzend, halluzinierend und weiter Büchners Text fantasierend durch Berlin. Dabei bleibt natürlich zwangsläufig die Libido auf der Strecke und Freundin Marie wendet sich einem Zuhälter (Simon Kirsch) und bekannter Kiez-Größe zu. Es kommt, was kommen muss. Wie bei Büchner verraten die Ohrringe Maries Untreue und Woyzeck greift zu Pistole und Messer. „Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.“ heißt es im Text.

Hier schwindelt einen nur ob des hanebüchenen Plots, bei dem Andres und Louis dem Zuhälter auch noch die Reifen von der Limousine klauen müssen, um sie auf dem Trödelmarkt zu verticken. Büchners gesellschaftlich Ausgestoßene landen schließlich in der Mülltonne oder gehen den vorbeschriebenen Weg in den Wahnsinn. Das hat mit einem gut gemachten sozialrealistischen Thriller so viel zu tun, wie Georg Büchner mit Martin Scorsese. Auch Filmpreisträger Tom Schilling und die anderen aufopferungsvoll um Realismus bemühten Darsteller, darunter viele gestandene Theatermimen, können dieses etwas schief gestrickte Migrationsdilemma nicht vor dem Absturz in die Klischeefalle retten.




Der mittellose Franz Woyzeck (Tom Schilling) lebt mit Marie (Nora von Waldstätten) und dem unehelichen gemeinsamen Kind in einer kleinen Wohnung in Berlin-Wedding. Hier lauscht er, als Marie diesem eine traurige Geschichte erzählt. | Foto (C) Oliver Vaccaro/arte



Bewertung:    


Stefan Bock - 14. Oktober 2013
ID 7259
Der Film Woyzeck läuft heute um 22:40 Uhr auf arte und am 19.10.13 um 22:00 Uhr auf 3sat.

Weitere Infos siehe auch: http://www.arte.tv/guide/de/047356-000/woyzeck


Post an Stefan Bock

blog.theater-nachtgedanken.de



 

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