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DVD-Kritik

Der Körper als

Ausdrucksmittel



Bewertung:    



Evelyn Schels begleitet in Body Of Truth (2019) vier international renommierte Künstlerinnen, die sich in ihrer Kunst auf unterschiedliche Weise dem weiblichen Körper widmen. Die Münchner Dokumentarfilmerin porträtiert die serbische Performance-Künstlerin Marina Abramović, die israelische Video- und Installationskünstlerin Sigalit Landau, die iranische Fotokünstlerin und Regisseurin Shirin Neshat (Women without men, 2009) und die deutsche Fotografin Katharina Sieverding. Die in den Jahren 1941 bis 1969 geborenen Frauen kommen aus unterschiedlichen Kulturen. In episodischen Porträtaufnahmen erzählen die Künstlerinnen jeweils von persönlichen Erfahrungen, künstlerischen Themen und werden teilweise auch bei ihrer Arbeit gezeigt.

Bei der filmisch im Fokus liegenden künstlerischen Beschäftigung mit dem Körper geht es oft um Verletzlichkeit, um Ängste, aber auch um Kraft. In eindringlichen Statements berichten die Künstlerinnen von familiären Hintergründen. Ihre Lebensgeschichten und Kunstwerke sind von Erfahrungen mit Unterdrückung, gesellschaftlichen Konflikten, Krieg und Gewalt beeinflusst. Interviewsequenzen wechseln mit Aufnahmen ihrer Arbeiten.

Marina Abramovićs Eltern waren jugoslawische Partisanen. Sie selbst hat die Jugoslawienkriege (1991-2001) thematisiert. Ihre schmerzreichen Werke können auch als Trauerarbeit gedeutet werden. Abramović ritzt sich in Archivaufnahmen ihren Unterleib mit einer Rasierklinge auf (2007) oder schabt tagelang Rinderknochen ab, um an die Balkankriege zu erinnern (1997). Sigalit Landau ist Tochter österreichischer und rumänischer Holocaust-Überlebender. Sie wurde in Jerusalem geboren, zwei Jahre nach dem Sechstagekrieg. Landau thematisiert den Nahost-Konflikt in ihrer Heimat, wenn sie etwa einen Stacheldraht-Reifen um ihre Hüften kreisen lässt, der Wunden reißt. Shirin Neshat beschäftigt sich in Videoinstallationen mit dem Geschlechterverhältnis im Iran und der Beschriftung von Körpern. Die iranische Künstlerin wird in einer Filmszene auch beim orientalischen Tanz mit anderen Frauen gezeigt.

Mit ungewöhnlicher Aktionskunst wollen die Künstlerinnen auf Fragen der Gegenwart aufmerksam machen. Es werden aktuelle Schaffensprozesse Archivmaterialien gegenüber gestellt. Inhaltlich geht es oft um die unmittelbare Wahrhaftigkeit des Körpers, Lebenserfahrungen oder um die Stellung von Frauen, auch in der Kunstszene.

Leider bleiben die Bezüge zwischen den Künstlerinnen etwas konstruiert und abstrakt. Nur Abramović und Neshat, die sich schon vor dem Film lange kannten, werden im direkten Gespräch gezeigt. Insbesondere die 1941 in Prag geborene Katharina Sieverding hebt sich als kontrolliert und streng wirkende Fotografin in der Kunstkonzepte-Zusammenführung ein bisschen ab. Die Tochter eines Radiologen und frühere Schülerin von Joseph Beuys schafft stilisierte Selbstporträts, arbeitete auch mit Röntgenbildern und erstellt monumentale Fotoarbeiten mit politisch-intellektuellem Anspruch. Sie erklärt, dass ihre Beschäftigung mit dem Zweite Weltkrieg ihr künstlerisches Schaffen nachhaltig prägt.

Die Reflexionen künstlerischer Positionen erweisen sich somit etwas unzusammenhängend aneinandergereiht. Evelyn Schels gibt dem illustren Quartett viel Raum, ohne jedoch naheliegende Fragen zu diskutieren. So wird eine besondere Herangehensweise weiblicher Schöpfer an Kunst nicht eingehend thematisiert. Beschäftigen sich beispielsweise mehr Frauen mit Kunst am Körper als Männer?

Schlussendlich bleiben vor allem einige eindringliche Arbeiten der israelischen Bildhauerin und Videofilmerin Sigalit Landau am Toten Meer in Erinnerung, wenn sie etwa in einer Spirale aus teils aufgeschnittenen Wassermelonen rückenschwimmt (2016). Ihre Objektkunst und ihre unmittelbaren Performances nehmen sich höchst widerständig und eindrucksvoll aus. Sicherlich hätten sie und ihre Kunst einen eigenen abendfüllenden Porträtfilm verdient.
Ansgar Skoda - 5. Mai 2021
ID 12891
Weitere Infos siehe auch: http://www.filmweltverleih.de/cinema/movie/body-of-truth


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