Von Nützlingen
und Schädlingen
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Bewertung:
Sie mag gerade mal 50 Jahre alt sein, doch das harte Leben hat Spuren in Hatidze Muratovas Gesicht hinterlassen. Sie lebt mit ihrer bettlägerigen Mutter allein in einer abgelegenen und kargen Landschaft in Mazedonien und versorgt sich selbst. Was die zwei zum täglichen Leben brauchen, baut Hatidze selber an. Zusätzlich betätigt sie sich als nachhaltige Wild-Imkerin, die trotz des Schwundes an den Bienenpopulationen nur die Hälfte des Honigs entnimmt, damit für die Bienen noch genug bleibt. So kann sie fast ohne Schutz Honig ernten, denn die Bienen fühlen sich kaum bedroht. Der erste Teil des Filmes hat fast meditative Züge, wenn die Kamera sie bei ihren Wanderungen zu den teils weit entfernten Bienenstöcken begleitet. Die Landschaft ist so gefilmt, wie man das eher von Spielfilmen kennt, trotzdem ist Land des Honigs in erster Linie eine Dokumentation. Tamara Kotevskas hat ihn zusammen mit Ljubomir Stefanov gedreht, einem Wissenschaftler, der sich mit Kommunikationsstrategien und Dokumentarkurzfilmen zu Umwelt- und Humanentwicklungsthemen beschäftigt.
Die einsame Gegend steht im Gegensatz zur nur 20 Kilometer entfernten geschäftigen Hauptstadt Skopje, wo sie im Bazar ihren Honig verkauft und damit das finanziert, was die Natur ihr nicht bietet. Da ist Hatidze froh, wenn sie wieder zurück in ihrer ruhigen Hütte ist. Doch eines Tages ist es mit der Ruhe in ihrem Ort vorbei, als eine Nomadenfamilie mit neunköpfiger Kinderschar und über 100 Rindern nebenan ansiedelt. Die Rinder zertrampeln die spärliche Vegetation, finden nicht genug zu fressen und werden nicht versorgt. Ein etwa zehnjähriger Sohn der Familie beklagt das. Er hilft einer Kuh beim Kalben, die sonst schmerzhaft verenden würde, schwört aber, das nie wieder zu tun. Das ist schließlich die Aufgabe des unfähigen und bequemen Patriarchen. Um die klammen Finanzen aufzufrischen, wird der Ahnungslose jetzt aus Gier auch Imker. Er nimmt seinen Zuchtbienen allen Honig weg, denn Honig ist knapper geworden und kann damit teurer verkauft werden. Um zum Überleben an Honig zu kommen, fallen seine Bienen über die Vorräte der Wildbienen her, die bei der Verteidigung ihres Bienenstocks sterben und zerstören damit auch Hatidzes Lebensgrundlage. Da der Film mit großem Erfolg im Kino gelaufen ist, erzählen wir einen Teil vom Ende. - Die Rinder erkranken und viele von ihnen sterben, die Nomaden ziehen nach angerichteter Verwüstung weiter. - Hatidze hat deswegen gemischte Gefühle, denn ihr hat die Gesellschaft, insbesondere die der Kinder, gut getan. Jetzt ist sie wieder mit ihrer Mutter allein, doch nun ist ein Großteil ihrer Bienen nicht mehr am leben.
Dieser mazedonische Mikrokosmos ist eine Parabel auf den Raubtierkapitalismus. Da wo Menschen nachhaltig mit der Natur leben und genügsam sind, funktioniert noch alles. Wobei die Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit von Hatidze an Armut und Elend grenzt. Aber sie hat die Fähigkeit, sich an den kleinen Dingen zu erfreuen. Die Nomaden stehen für rücksichtslose Ausbeutung und Gier unter dem Deckmäntelchen einer quirligen Familie, einem Patriarchen, der lügt und betrügt, und sein Vieh so vernachlässigt, dass es regelrecht krepiert. Das Bienensterben und dessen planetare Folgen werden nur indirekt thematisiert, denn Hatidze ist zum Überleben auf ihre geliebten Bienen angewiesen, wie wir letztendlich auch.
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Die Nordmazedonier Tamara Kotevskas und Ljubomir Stefanov können mit ihrem Debütlangfilm durchaus als die Durchstarter des Jahres 2019 gelten. Mit 99 Prozent Zustimmung auf Metakritikportalen, 30 Festivalpreisen und noch mehr Nominierungen haben sie einen Nerv der Zeit getroffen. Ohne Anklage erzeugen sie eine Empathie und Ergriffenheit, die man im persönlichen Rahmen besser entwickeln kann als anhand von Statistiken zur Klimakrise und zum Insektensterben.
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Hatidze versorgt klaglos ihre bettlägerige Mutter | © Neue Visionen Filmverleih
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Helga Fitzner - 7. April 2020 ID 12145
Link zur DVD Land des Honigs
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