Jüdischsein
in Berlin
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Bewertung:
Mit dem dokumentarischen Porträt von Oma & Bella landete 2012 die zu der Zeit erst 28 Jahre junge Filmemacherin Alexa Karolinski einen schönen Publikumserfolg! Sie handelte in ihm die Überlebensgeschichten ihrer jüdiischen Großmutter Regina Karolinski und deren Freundin Bella Katz († 2014) auf unsentimentale und doch anrührende Weise ab. Im Mittelpunkt standen dabei die Koch- und Backkünste der beiden Frauen, womit sie - und erst im hohen Alter - ihre bis dahin verlor'n geglaubte Kindheit (und halt nicht nur durch Geruchs- oder Geschmackserinnerungen) quasi 'rückeroberten, das Jüdisch-Sinnliche aus dieser scheinbar längst vergang'nen Ära wie von selber wieder "aufkochen" ließen; immerhin lastete auch auf ihnen das de facto unverdrängbare Trauma des Holocaust...
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Nunmehr hat sich Alexa Karolinski mit Lebenszeichen - Jüdischsein in Berlin etwas näher auseinandergesetzt.
Und wieder spielen Mitglieder ihrer Familie mit:
Am Anfang und am Schluss (auch immer wieder zwischendrin im Film) sehen und hören wir Alexas Mutter Annie Karolinski Donig. "Ihre Eltern kamen als Holocaust-Überlebende nach dem Krieg aus Polen über Israel und Italien nach Kanada. Sie ist die erste in ihrer Familie, die in Kanada geboren wurde, nämlich in Montreal. Annie zog 1982 nach Berlin, nachdem sie Alexas Vater im Urlaub in Florida kennengelernt hatte. Sie erzog Alexa und ihren Sohn David zweisprachig und multikulturell. 'Das richtige Judentum – den Inhalt, das Selige, das Jiddische – das habe ich erst hier gelernt', sagt sie über Berlin." (Quelle: lebenszeichen-film.de)
Sie deckt mit Vorfreude und Inbrunst einen großen Tisch, rückt an ihm Stühle zurecht, arrangiert die einzelnen Gedecke (weißes Porzellan, Silberbesteck, diverse Gläser, gestärkte Stoffservietten), verziert die Tafel mit paar Zweigen und mit abgepflückten Früchten aus dem eig'nen Garten... Pedro Dong, ihr derzeitiger Mann, wird in beinahe immer gleichen Kameraeinstellungen bei seinen morgendlichen Frühstücken gezeig; er "kam 1949 in Buenos Aires als Kind deutsch-jüdischer Flüchtlinge zur Welt. Seine Eltern konnten 1938 aus Berlin mit einem der letzten Schiffe über Holland nach Argentinien fliehen. Pedro ging in Buenos Aires auf die einzige deutsch-jüdische Schule und hatte als Kind oft Prügeleien mit Nazi-Kindern aus den über zehn deutschen Schulen der Stadt. Pedro ist Alexas Stiefvater und leidet an frühzeitiger frontotemporaler Demenz, die sein Sprachzentrum und sein Gedächtnis erheblich beeinträchtigen. Rituale des Alltags und die Liebe seiner Frau geben ihm Halt."
Und David, Alexas Bruder, und auch [schon aus Oma & Bella bekannt] Regina Karolinski sind mit Bild und Ton auf familiäre Weise eingefangen. "Wenn Alexa nach Berlin kommt, macht sie immer erst bei Oma Halt, um bei ihr Hühnersuppe zu essen. Beide telefonieren zudem mehrmals die Woche miteinander. Alexa und der Rest ihrer Familie versuchen, Oma so fit wie möglich zu halten. Dazu gehört auch die Arbeit mit Piotr, Omas langjährigem Physiotherapeuten, der zweimal die Woche mit ihr trainiert."
Der schön gedeckte Tisch wird spätestens zum Filmschluss "innerfamiliär" belebt; irgendein Fest oder ein ganz bestimmter Anlass ließen diese vielen Menschen in dem Haus von Annie, um ausgiebig dort zu trinken und zu essen und zu plaudern und zu feiern, zusammenkommen...
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Lebenszeichen - Jüdischsein in Berlin: David Karolinski, geboren 1986 in Berlin, ist Alexas jüngerer Bruder und arbeitet für eine Berliner Werbeagentur. David ist einer von Alexas wichtigsten Bezugspersonen, wenn es um Fragen der Herkunft und Identität geht. | (C) Salzgeber & Co. Medien GmbH
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Lebenszeichen - Jüdischsein in Berlin: Gärtnerinnen der Liebermann Villa. Seit 2006 wird die Sommervilla des deutsch-jüdischen Malers und Grafikers Max Liebermann (1847–1935) als Museum und öffentlicher Garten genutzt. Jeden Dienstag treffen sich hier um die zehn ehrenamtliche Frauen und helfen bei der Aufrechterhaltung des Gartens, der Liebermanns Bildern nachgestaltet wurde. | (C) Salzgeber & Co. Medien GmbH
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Lebenszeichen - Jüdischsein in Berlin: Evelyn Gutman, geboren 1933, ist eine der letzten Überlebenden des Holocaust, die ursprünglich aus Berlin stammen. Ihre nicht-jüdischen Großeltern konnten während des Krieges verschiedene Verstecke für sie in und um Berlin organisieren. Alexa kennt Frau Gutman aus der Synagoge und der jüdischen Gemeinde, wo die Dame durch ihre stets sagenhaft exzentrische Kleidung auffällt.| (C) Salzgeber & Co. Medien GmbH
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Doch auch andere Beteiligte mit eingestandenem oder erklärtem Jüdischsein in Berlin erzählen, sind zu sehen und kommen zu Wort.
Das Gegenwärtige ist Leben. Ohne all das Wissen über Früher, wie man den authentischen Entäußerungen der Gefilmten und/oder der Interviewten zwangsläufig entnehmen konnte, scheint "es" allerdings nur halb.
Alexa Karolinski hätte daher auch - rhein theoretisch - einen stummen Schlenker auf den Weißenseer Friedhof machen können, der mit seinen 42 Hektar und den 116.000 Grabstellen der flächenmäßig größte erhaltene jüdische Friedhof in Europa ist.
Alles in Allem freilich: stimmungsvoll, schlicht und sehr schön gemacht.
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Andre Sokolowski - 23. August 2018 ID 10865
Weitere Infos siehe auch: http://www.lebenszeichen-film.de/
http://www.andre-sokolowski.de
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