Das Große Museum bietet Einblicke in ein babylonisches Gewirr
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Bewertung:
Ein Blick hinter die Kulissen eines der an Fläche und Anzahl seiner Exponate gemessen größten Museen Europas: das Kunsthistorische Museum in Wien, die „Kunstkammer“ der österreich-ungarischen Monarchie. Regisseur Johannes Holzhausen verstrickt intelligent Fakten und Atmosphäre zu einem Gesamtbild. Dabei verwendet er wunderbare Nahaufnahmen der Kunstobjekte bzw. Exponate, denen er sich nahezu ebenso minuziös widmet wie die Restauratoren. Denn die Belegschaft geht mit dem Erbe ihrer Sammler überaus sorgfältig um.
Holzhausen hatte Gelegenheit, über einen Zeitraum von zwei Jahren alle Abteilungen des riesigen Baus mit der Kamera zu beobachten. Da das Museum damals nach einer zehnjährigen Sanierungsarbeit kurz vor der Wiedereröffnung stand, konnte Holzhausen aufschlussreiche Details und abwechslungsreiche Eindrücke einfangen. So sieht man Restauratoren, die sich mit Professionalität der Instandhaltung unterschiedlichster Objekte widmen, darunter Eisbärenfelle, gigantische Gemälde (Turmbau zu Babel) und prächtige Gewänder (die allesamt auf Insektenbefall untersucht werden), lebensecht nachgebildete Köpfe verblichener Herrscher, aber auch kuriose Tischdekorationen wie zwei fechtende Kröten.
Für den Außenstehenden wirken manche der mit distanzierter Nüchternheit aufgenommenen Abläufe im Museum amüsant, bisweilen aberwitzig. Schon zu Beginn macht Holzhausen die Dimensionen des Gebäudes deutlich, indem er zeigt, wie einer der Angestellten mit einem Handroller zu einem Kopierer flitzt und dabei schier endlose Gänge und Saaltrakte durchquert. Lange Leitern werden aufgestellt, um Gemälde umhängen zu können, aber auch um die toten Motten in den Beleuchtungskörpern zu entsorgen, die offenkundig die ärgsten Störenfriede des Museums sind. Weniger skurril sind die Mitschnitte von Belegschaftstreffen und Management. Hier wird deutlich, dass auch ein besonders museales Museum in der heutigen Eventkultur unter Erfolgs- und Effizienzdruck steht, starke Besucherzahlen und viel Außenwirkung vorweisen muss. Entsprechend wichtig ist die PR für den Tourismus und die österreichische Innen- und Kulturpolitik. Ein deutscher Museumsdirektor äußert in einer Diskussion mit den Wiener Kollegen, wie erstaunlich fokussiert man in Wien auf die Präsentation der glorreichen Habsburgischen Epoche sei.
Regisseur Holzhausen verlässt sich zu Recht auf die interessanten Eindrücke und deren unterhaltsame Zusammenstellung und verzichtet durchgängig auf Off-Kommentare oder Einblendungen. Und die beobachtete Bestandsaufnahme fasziniert den Betrachter durchaus. Aber durch die konventionelle Kameraführung (Joerg Burger, Attila Boa) und den behäbigen Schnitt (Dieter Pichler) zeigt sich im Rhythmus unfreiwillig eine Selbstzufriedenheit abgeschlossener Systeme, die dem Alltag in Museen entspricht. Ein ehrlicher Spiegel in jeder Hinsicht, zudem sehr österreichisch. (Caligari-Filmpreis der BERLINALE 2014).
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Das große Museum - Foto (C) Real Fiction
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Max-Peter Heyne / Gabriele Leidloff - 26. Oktober 2014 ID 8197
Weitere Infos siehe auch: http://dasgrossemuseum.com
Post an Max-Peter Heyne
Post an Gabriele Leidloff
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