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Rezension


Filmstart: 12. Januar 2012

„The Real American - Joe McCarthy” (Deutschland 2011)

Dokudrama über den legendären „Kommunistenjäger“ / Drehbuch und Regie: Lutz Hachmeister


„Ich glaube, dass es die erste Aufgabe eines Biografen ist, dass er die realen Fakten von den Mythen trennt. Bei McCarthy ist es besonders erstaunlich, dass der Begriff McCarthyismus für politische Vorgänge benutzt wird, mit denen er gar nichts zu tun hatte… Sein Name ist rückwirkend noch auf die Verfolgung von Andersdenkenden angewandt worden, als er mit diesem Sujet noch gar nicht befasst war“, erläutert der Drehbuchautor und Regisseur Lutz Hachmeister, der in einer Mischung aus Dokumentarfilmen und nachgestellten Szenen einmal genauer hingeschaut hat. So erfolgte die 1948 großes Aufsehen erregende Verurteilung der zehn Filmschaffenden „Hollywood Ten“, deutlich bevor McCarthy 1950 seine Mission als „Kommunistenjäger“ begann. McCarthy leitete ab 1951 neue Untersuchungen ein, die in Schauprozesse ausarteten und außer vielen Behauptungen nur wenig Konkretes ergaben, aber viel Schaden anrichteten. Der Kalte Krieg hatte einen Höhepunkt erreicht, die Kommunistenangst der Amerikaner war groß und wurde u. a. durch McCarthy zur Paranoia gesteigert. Er wütete nur drei bis vier Jahre lang, doch wurde nach ihm ein ganzes Zeitalter benannt, die McCarthy-Ära. McCarthy war nie der Vorsitzende des berühmten Komitees für unamerikanische Umtriebe (HCUA House Committee On Un-American Activitees), er führte als Senator von Wisconsin „nur“ die Anhörungen durch.


Kommunistenjagd: Ohne Beweise werden viele Karrieren zerstört. McCarthy (John Sessions) und sein Chefberater Roy Cohn (Trystan Gravelle) © Real Fiction Filmverleih


Schon 1954 war der Bogen dann überspannt. Sein Chefassistent Roy Cohn wollte durchsetzen, dass die Einberufung seines Freundes G. David Shine zurückgenommen wurde und beschuldigte das Militär, kommunistisch unterwandert zu sein. Das war zu viel. Präsident Eisenhower setzte einen Stab ein, der für McCarthys Niedergang sorgen sollte. Auch der CIA wollte McCarthy ausschalten.

Den Journalisten waren die suspekten, wenn nicht kriminellen Verfolgungsmethoden McCarthys schon länger ein Dorn im Auge. So machte es sich 1953 Edward R. Murrow vom CBS-Nachrichtenmagazin „See It Now“ zur Aufgabe, den medialen Untergang McCarthys zu betreiben, indem er McCarthy so vorführte, dass der sich selbst um Kopf und Kragen redete. In seinem Film Good Night and Good Luck (USA 2005) hat George Clooney dieses Medienspektakel sehr intensiv nachempfunden. Dabei hat er Dokumentarfilmmaterial eingeschnitten, das den echten McCarthy zeigte. Interessanterweise bemängelten einige Zuschauer die Übertriebenheit der Darstellung, weil sie die Szenen für nachgestellt hielten. Dieser Film unterstützte einem weiteren Mythos, den Lutz Hachmeister aber in Frage stellt. Es wäre eben nicht Edward R. Murrow und sein Team gewesen, die den Sturz McCarthy bewirkt hätten. Da wären ihm Präsident Eisenhower und der CIA zuvor gekommen.

McCarthy blieb noch bis zu seinem frühen Tod 1957 als Senator im Amt. „Er hat sich zu Tode getrunken und ist mir 48 Jahren an Leberzirrhose gestorben. Es wurde von seinen politischen Freunden ein bisschen verbrämt, aber er ist sehr elend gestorben.“, meint Lutz Hachmeister. „ Der Senat hat ihn zensiert, er ist ein Opfer seiner eigenen Partei geworden, Eisenhower und Nixon wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben, auch aufgrund seiner schädlichen außenpolitischen Wirkung. Er hat dann noch drei Jahre lang wie so ein Geist im Senat gesessen, von 1954 – 1957, und niemand hat ihm mehr zugehört. Die Journalisten haben den Senatssaal verlassen, wenn er geredet hat.“



Schwerer Alkoholismus – McCarthy (John Sessions) stirbt mit nur 48 Jahren © Real Fiction Filmverleih


Hachmeisters Dokudrama kommt fast zeitgleich mit Clint Eastwoods Film J. Edgar über J. Edgar Hoover heraus, der McCarthy anfangs sehr geschätzt und sein Anliegen massiv unterstützt hat. Während Eastwood auf der persönlichen und historischen Ebene bleibt, zieht Hachmeister Vergleiche zur derzeitigen „Tea Party“-Bewegung in den USA, die er in den gleichen „rechtsdemokratischen“ Topf wirft und eine ähnlich destruktive Handlungsweise unterstellt: „Deswegen ist das Thema für die USA eigentlich nicht abgeschlossen, die ganzen Bewegungen mit der Tea Party, mit dem rechten populistischen Flügel der Republikaner. Das ist aktueller denn je. New-McCarthyismus ist zurzeit ein großes Thema in den USA“.

Hachmeister verwendet teilweise unveröffentlichtes Material und befragt Zeitzeugen. Dazu gehören der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, die Aufklärer des Watergate-Skandals Carl Bernstein und Ben Bradley - und ein ehemaliger General des sowjetischen Geheimdienstes KGB, Oleg Kalugin. Hachmeister schafft es sicher, ein paar Mythen durch Fakten zu ersetzen und hat mit dem schottischen Schauspieler John Sessions als McCarthy eine gute Wahl getroffen. Trotzdem gibt es nur wenig Einblicke, was den Menschen McCarthy ausgemacht haben könnte, wie Clint Eastwood das bei J. Edgar Hoover gelungen ist. Beide Regisseure richten den Blick auf eine Ära, die die USA sehr stark geprägt haben und die den historischen Beginn markieren, dass die Medien für politische Auseinandersetzungen benutzt und teilweise missbraucht werden.


Helga Fitzner - 8. Februar 2012
ID 5746

Weitere Infos siehe auch: http://www.realfictionfilme.de/filme/the-real-american-joe-mccarthy/index.php


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