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Filmkritik

Nach der

Hochzeit



Überall sind wir einer Bilderflut ausgesetzt. Ob wir nun vor dem Frühstück schon freiwillig den Fernseher anstellen, unterwegs von Info-Bildschirmen berieselt werden oder abends ins Kino gehen. Doch wann gingen uns das letzte Mal Bilder unter die Haut? Wann haben sie uns berührt oder erschüttert? „Nach der Hochzeit“ ist ein leiser Film, der es aber vermag, uns hinhören zu lassen, und Bilder der Wahrhaftigkeit zeigt, die sich einbrennen.



Mads Mikkelsen in \"Nach der Hochzeit\"


Er beginnt in einem Waisenhaus in Indien. Der Däne Jacob (Mads Mikkelsen) lebt seit 20 Jahren in Indien und versucht dort, die Not zu lindern. Er hat aber keine glückliche Hand mit Finanzen, und so steht das von ihm geleitete Waisenhaus vor dem Bankrott. Da kommt das großzügige Angebot eines Geschäftsmannes aus Dänemark, das die Rettung bedeuten könnte. Doch es ist die Bedingung daran geknüpft, dass Jacob selbst nach Dänemark fährt, um den Vertrag zu unterzeichnen. Das tut er nur sehr widerwillig.

Als hätte er es geahnt, geschehen merkwürdige Dinge, die ihn mit seiner Vergangenheit konfrontieren. Anstatt sich wirklich für das Waisenhaus-Projekt in Indien zu interessieren, kümmert sich der herrische Geschäftsmann Jørgen (Rolf Lassgård) nur um die bevorstehende Hochzeit seiner Tochter und nötigt Jacob geradezu, an der Hochzeitsfeier teilzunehmen. Von nun an häufen sich die „Zufälle“. In der Kirche sieht Jacob seine Jugendliebe Helene (Sidse Babett Knudsen) wieder, die mit Jørgen verheiratet ist. Bei der Hochzeitansprache der Braut Anna (Stine Fischer Christensen) erfährt Jacob, dass Anna nicht Jørgens leibliche Tochter ist, aber von ihm geliebt wurde, wie ein eigenes Kind. Ein mulmiges Gefühl beschleicht ihn.


Sidse Babett Knudsen und Mads Mikkelsen in \"Nach der Hochzeit\"


Jørgen verhält sich manchmal merkwürdig, und weder Jacob noch die Familie können sich keinen Reim darauf machen. Der Zuschauer weiß auch nicht viel mehr, sieht aber, wie Jørgen manchmal seinen Safe öffnet, in dem er Medikamente versteckt hat, die er dann schluckt. Mit besonderem Wohlwollen scheint er aber zu sehen, dass seine beiden jungen Zwillingssöhne sich gut mit Jacob verstehen, und Jacob gerne mit ihnen spielt.
Trotzdem fühlt sich Jacob zusehends unwohl. Er hat einem der Waisenkinder, dem kleinen Pramod, versprochen, zu dessen Geburtstag zurück in Indien zu sein. Jørgen verzögert aber die Vertragsunterzeichnung immer weiter, so dass Jacob sein Versprechen nicht halten kann. Um Pramod hat Jacob sich seit dessen Geburt gekümmert, und er ist wie ein Sohn für ihn. Jacob kann aber ohne Geld nicht zurückfliegen, und nun fühlt er auch den innerlichen Drang herauszufinden, ob Anna seine Tochter ist, und was für geheime Absichten Jørgen hegt.


Rolf Lassgård in \"Nach der Hochzeit\"


„Nach der Hochzeit“ ist ein Fest der Talente. Angefangen mit dem exzellenten Drehbuch von Anders Thomas Jensen („Dänische Delikatessen“, „Adams Äpfel“), hat Susanne Bier eine sensible Regieleistung vollbracht. Die häufige Verwendung der Handkamera und extreme Nahaufnahmen setzt sie als Stilmittel ein, den Filmfiguren auf den Leib zu rücken. Und die geizen nicht mit ihren Gefühlen und ihrer Schauspielkunst. Seit Mitte der 90er Jahre gehört Mads Mikkelsen in Dänemark zu den führenden Schauerspielern. 2002 fielen er und die Dogma-Regisseurin Susanne Bier international mit dem Beziehungsdrama „Open Hearts“ auf. Als idealistisch-verblendeter Landpfarrer strapazierte er in der Komödie „Adams Äpfel“ gewaltig die Lachmuskeln eines internationalen Publikums. Aktuell ist er als Oberschurke Le Chiffre im neuen James-Bond-Film „Casino Royale“ zu sehen.

Der schwedische Schauspieler Rolf Lassgård ist dem deutschen Fernsehpublikum aus der Krimi-Serie „Kommissar Beck“ bekannt. Seit 1994 spielt er den Kommissar Wallander nach den Erfolgskrimis von Henning Mankell. In „Nach der Hochzeit“ entfesselt er die Urgewalten seines Schauspieltalents. Nachdem sich die Story in der ersten Hälfte nur langsam entwickelt, werden die Protagonisten zunehmend mit sich selbst und ihrer Verantwortung konfrontiert.

Viele Kritiker vergleichen die Handlung des Films mit der Wesentlichkeit griechischer Tragödien. Die Hauptpersonen werden mit den Konsequenzen ihres Handelns konfrontiert, mit einer Vergangenheit, die gelöst, vielleicht sogar erlöst werden muss.
Es spielt eine Macht mit herein, die man Schicksal nennen könnte, die unaufhaltsam auf die Lösung des Konfliktes zusteuert.


Helga Fitzner - red / 4. Februar 2007
ID 00000002969
Nach der Hochzeit (Drama)
Efter Brylluppet, Dänemark/Schweden 2006

Regie: Susanne Bier
Drehbuch: Susanne Bier, Anders Thomas Jensen

Schauspieler: Mads Mikkelsen (Jacob), Sidse Babett Knudsen (Helena), Rolf Lassgård (Jørgen), Stine Fischer Christensen (Anna), Mona Malm (Farmor), Christian Tafdrup (Christian), Niels Anders Thorn (Priest)




 

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