Bunter Hund
auf dem
Dorfe
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Bewertung:
Mario (Thomas Prenn) hat das große Los auf dem abendlichen Dorffest gezogen. Schon zuvor erregte der 20-Jährige durch nackten Oberkörper Aufmerksamkeit. Die meisten anderen Besucher tragen traditionelle Trachten. Nun holt er sich den Hauptgewinn ab. Mario schreitet langsam, lässig und theatralisch auf das Festkomitee zu. Die Blicke der Besucher liegen ganz auf ihn. Den gewonnenen Widder nimmt er dann wortlos, beinahe mürrisch an der Leine mit. Im Wald lässt er ihn später frei. Schüttelt er damit auch den konservativen Traditionalismus der Festgemeinschaft ab? Das Gros der Bewohner im fiktiven südtirolerischem Bergdorf Hochwald zeigte sich zuvor als engstirnig, frömmlerisch-piefig, kalt, ausdruckslos, lethargisch.
Wie heißt doch so schön ein afrikanisches Sprichwort: Um ein Kind aufzuziehen und es stark zu machen, braucht es ein ganzes Dorf. Mario, der auf dem Dorf aufgewachsen ist, eckt als junger Erwachsener in der Gemeinschaft regelmäßig an. Wir erfahren zu Filmbeginn, dass Mario eine Ausbildung zum Konditor abbrach. Mehrfach wird der Außenseiter aus Aushilfstätigkeiten kurzfristig suspendiert: mal weist man ihm in der Metzgerei die Tür, dann möchte man ihn als Frühstückspersonal eines Hotels nicht haben, auch während der Arbeit als Winzergehilfe wird er angesprochen und gebeten zu gehen. Gerne verlässt Mario kommentarlos die Arbeitsorte, denn eigentlich gilt seine Leidenschaft dem Tanz. Autodidaktisch übt er gewagte Tanzschritte in der Fest- und Turnhalle, die sein Vater als Hausmeister beaufsichtigt.
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Vieles bleibt unausgesprochen im Regiedebüt Hochwald der österreichischen Filmemacherin Evi Romen. Das Drama mutet oft wie ein Kunstfilm an, denn die Handlung ist mitunter etwas abstrus. Konfliktpotenzial wird oft nur beiläufig angedeutet. So wurde Mario vor Jahren während eines Dreiers mit der Dorfbewohnerin Claudia (Claudia Kottal) und seinem Freund Lenz (Noah Saavedra) Vater einer Tochter. Er kommt jedoch keinen väterlichen Pflichten nach und hat auch keinen echten Kontakt zum Kind. Warum, das wird bei den wortkargen Dialogen zwischen Mario und Claudia nicht weiter thematisiert. Claudia und Mario interessieren sich auch beide eher für ihre Verbindung zum attraktiven Lenz. Dieser hat das Dorf jedoch verlassen, um in Rom ein Tanz-Stipendium wahrzunehmen.
Lenz nimmt Mario mit auf die Reise ins Ausland. Sie treffen Lenz’ Agent in einer Schwulenbar. Hier werden sie Opfer eines islamistischen Terroranschlags, bei dem Lenz stirbt. Der Film bietet vor atemberaubender Kulisse starke Szenen, wenn Mario seine Wut über den plötzlichen Verlust des Freundes hinausschreit oder im Jagdgebiet von Lenz Vater mit weißer Lockenperücke keck tänzelnd herumschleicht. Der Spielfilm ist durch zu viele angerissene Themen jedoch deutlich überfrachtet. Es geht um unausgesprochene Begierde und Gefühle zwischen Freunden, Trauer, Traumata, Schuldgefühle, fehlenden beruflichen Erfolg, Heroinsucht und Entzug, sexuellen Missbrauch, Verbittertheit und Ohnmachtsgefühle, Selbstmord, IS-Terror, Männerfreundschaften unter Muslimen, Vorbehalte gegenüber harmonisch auftretenden Muslimen bis hin zu Perücken-Fetischismus und einen Wagenklau.
Das oft undeutlich gesprochene Südtiroler Deutsch versteht man meist nur durch eingeblendete Untertitel. Auf den haltlosen Mario, der unangepasst auf der Suche nach Sinn und Glück ist, lauern Konflikte und Abgründe, die den Zuschauer bald schon emotional nicht mehr packen.
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Ansgar Skoda - 17. August 2022 ID 13756
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