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Parvis will feiern, denn es ist sein 20. Geburtstag. Der queere Sohn iranischer Einwanderer lebt in einer Reihenhaussiedlung in Hildesheim. Nach einem familiären Geburtstagsfest mit vielen Verwandten zieht er alleine weiter in einen Club. Er tanzt wild. Bald hat er sein T-Shirt abgelegt und knutscht mit einem anderen Mann. Irgendwann fragt dieser irritiert: „Woher kommst du eigentlich?“

Faraz Shariats autobiografisch geprägter Coming-of-Age-Film Futur Drei erzählt von Freundschaft, Alltagsrassismus und schwuler Liebe. Drei junge Menschen iranischer Herkunft, Immigranten der ersten und zweiten Generation, treffen in der niedersächsischen Provinz aufeinander. Es geht in dem experimentellen Drama auch um Heimat und Identität.

Parvis (Benjamin Radjaipour) begeht gelangweilt und rebellisch einen Diebstahl. Er wird zu Sozialstunden verurteilt und soll in einer Flüchtlingsunterkunft dolmetschen. Obwohl Parvis Probleme mit Farsi-Akzenten hat, muss er gleich am ersten Tag das Gespräch mit einer Frau übersetzen, der Abschiebung droht. Der gebürtige Deutsche versteht ihren Dialekt nicht.

Anfangs zieht der unangepasste blondierte Jüngling die Blicke der geflüchteten Männer auf sich und legt gleich seine Ohrringe ab. Auch der iranische Flüchtling Amon (Eidin Jalali) wirft einen Blick auf den gleichaltrigen und unkonventionellen Mann mit den engen, auffälligen Hemden. Er und seine ebenfalls vor dem Regime im Iran geflohene Schwester Banafshe (Banafshe Hourmazdi) freunden sich mit Parvis an. Bald verbringen sie viel Zeit miteinander, und die beiden Männer kommen sich näher, obwohl Amon nicht geoutet ist. Das Glück zu dritt währt nur kurz. Denn Banafshe, die sich in Deutschland heimisch fühlt, wird von Abschiebung bedroht. Ein Projektmitarbeiter (Gastauftritt: Jürgen Vogel) schlägt ihr eine Schutzehe mit sich vor, wobei er aus seinen sexuellen Interessen keinen Hehl macht.

*

Der heute 27jährige Regisseur arbeitete in seinem Spielfilmdebüt formal verspielt meistens mit einer Handkamera (Kamera: Simon Vu). Es gibt stilisierte Szenen, teils unscharfe Bilder und Überblendungen (Schnitt: Friederike Hohmuth). Das sehr persönliche Filmprojekt verwendet in Rückblenden auch Homevideos mit Faraz Shariat selbst als kleinen Jungen. Die Rollen von Parvis Eltern spielen übrigens seine eigene Mutter (Mashid Shariat) und sein eigener Vater (Nasser Shariat).

Insbesondere die unbeschwerten Clubszenerien werden temporeich inszeniert. Filmisch artifiziell verschwimmen Grenzen von Traum und Realität in teils pulsierender Videoclip-Ästhetik So werden etwa Unbeteiligte in Phantasien der Protagonisten mit einbezogen.

Futur Drei erzählt authentisch und unverkrampft von Migrationserfahrungen in der Jetztzeit. Der junge Regisseur und Drehbuchautor, der in Köln queer-feministische Filmtheorie studierte, setzt authentisch und einfühlsam eigene Lebenserfahrungen in Szene. Fariaz Shariat ist so stets nah an den Figuren. Bemerkenswert emphatisch, ehrlich und unmittelbar werden Ängste und Sorgen eingefangen. Die Charaktere sind hervorragend und wunderbar lebendig gespielt, wenn sich etwa Amon und Parvis zaghaft einander annähern. Futur Drei wurde 2019 bei dem First Steps Award als Bester Spielfilm und 2020 bei der 70. Berlinale mit zwei Teddy Awards (auch für den besten Spielfilm) ausgezeichnet. Die DVD wird in den Extras bereichert durch ein alternatives Ende, einige herausgeschnittene Bonus-Szenen und ein Booklet.
Ansgar Skoda - 5. Mai 2021 (2)
ID 12892
Weitere Infos siehe auch: https://salzgeber.de/futurdrei


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